Republik ehrt Oberin Gleixner   

erstellt am
18. 02. 08

Ökumene-Pionierin Christine Gleixner mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse ausgezeichnet - "Partnerschaftlicher Umgang" zwischen Kirche und Staat
Wien (pew) - Mit dem Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse hat die Republik Österreich das Wirken der Ökumene-Pionierin Christine Gleixner gewürdigt. Bei der Überreichung der Auszeichnung in der Hofburg bekundete Bundespräsident Heinz Fischer seinen besonderen Respekt vor der herausragenden Leistung von Oberin Christine Gleixner nicht nur in Fragen der Ökumene und des interreligiösen Dialogs, sondern besonders auch im Blick auf ihre Tätigkeit im Verfassungskonvent. Weiters hob Fischer die Verdienste der Oberin um das religionsübergreifende Gedenken nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hervor.

In ihren Dankesworten ging Gleixner besonders auf das in Österreich "so konstruktive und positive Klima" zwischen Staat und Kirchen ein. Wie die Oberin betonte, werde der in der Dialogklausel des EU-Vertrages eingeforderte "offene und transparente Dialog" unter Würdigung der je eigenen Identität zwischen den Kirchen und den staatlichen Organen in Österreich "angemessen angestrebt". Vor diesem Hintergrund verstehe sie die ihr verliehene Auszeichnung auch als "staatliche Anerkennung des Beitrags der Kirchen zur Zivilgesellschaft und zum Staat", so Gleixner.

Das produktive Verhältnis sei nicht zuletzt auf die gegenseitige Achtung von Staat und Kirche zurückzuführen, die unter Respektierung der Trennung den Raum für einen "freien partnerschaftlichen Umgang" miteinander geöffnet habe. Der Blick in die Geschichte zeige, dass dies nicht selbstverständlich sei. Positiv hervorzuheben sei im historischen Rückblick aber das Toleranzedikt von 1781 und die staatliche Anerkennung des Islam im Jahr 1912.

"...damit der Maßstab Mensch gelte"
Dennoch müsse man der Tatsache ins Auge sehen, dass die österreichische Geschichte durch Gegenreformation, Türkenkriege und die Schuldverflochtenheit in den Holocaust "schwer belastet" sei, so Gleixner. Vor diesem Hintergrund sei es daher nicht selbstverständlich, dass Kirchen und Staat sich heute gemeinsam um Frieden und Gerechtigkeit bemühen. Diese positive Entwicklung dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden, indem man aus Ängsten in der Bevölkerung politisches Kapital schlägt, mahnte Christine Gleixner. Stets müsse man das gemeinsame Bemühen vor Augen haben, dass "nur der Maßstab Mensch gilt".

Ihre Tätigkeit habe sie stets "als Selbstverständlichkeit" verstanden und sich "immer darum bemüht, Herausforderungen wahrzunehmen, kritisch zu prüfen und dann nach ihren Möglichkeiten darauf einzugehen, so die Oberin. In ihren Dankesworten erinnerte sie insbesondere an Kardinal Franz König. Er habe ihr 1962 "den Weg in Wien bereitet" und sie mit dem Satz ermutigt: "Bringen Sie ihre Erfahrungen ein". Diesem Auftrag komme sie bis heute nach, so Gleixner.

Christine Gleixner wurde 1926 in Wien geboren. Nach dem Krieg studierte sie zunächst Biologie an der Universität Wien und trat dann 1949 der Kongregation der "Frauen von Bethanien" in den Niederlanden bei. Von 1949 bis 1954 erfolgte eine theologische und katechetische Grundausbildung vorerst an den Ordenseinrichtungen; später studierte sie von 1958 bis 1962 Theologie an den Universitäten Nijmegen, Utrecht und Paris. Neben ihren pädagogischen Aufgaben an der ordenseigenen Hauslehranstalt widmete sie sich bereits ersten ökumenischen Funktionen in Holland. Seit 1962 nahm sie von Wien aus offizielle ökumenische Aufgaben wahr. Von 1996 bis 1999 war sie Stellvertretende Vorsitzende und von 2000 bis 2005 Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich. Seit 1990 ist sie Konsultorin der Stiftung "Pro Oriente" und Mitglied im Beirat der "Kontaktstelle für Weltreligionen". Im Jahr 2000 wurde ihr vom Bundespräsidenten der Berufstitel "Professorin" verliehen.

Krätzl: "Unschätzbare Verdienste"
In seiner Laudatio würdigte der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl die "unschätzbaren Verdienste" Christine Gleixners für "eine weiter wachsende Ökumene und einen fruchtbaren interreligiösen Dialog". Sie habe auch auf der Grundlage einer profunden theologischen Bildung die Ökumene in Österreich "ganz wesentlich vorangetrieben und geprägt", so Krätzl, und dabei stets ein besonderes Gespür im Umgang mit Andersdenkenden bewiesen. Auch habe sie maßgeblich dazu beigetragen, dass sich der Blick von der christlichen Ökumene auf den interreligiösen Dialog hin öffnete.

Den Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), dem sie zunächst als Beobachterin, dann als Mitglied, stellvertretende Vorsitzende und zuletzt als Vorsitzende über drei Perioden hindurch angehörte, habe Gleixner zu einem Gremium geformt, der "mit einer Stimme in die Gesellschaft hinein spricht". Als Beispiele nannte Krätzl die gemeinsame ökumenische Erklärung gegen die Fremdenfeindlichkeit (2000), die Erklärung zum menschenwürdigen Sterben (2000) sowie die Erklärung sowie den Einspruch des ÖRKÖ beim Europäischen Patentamt gegen die Patentierung embryonaler Stammzellen. Dieses "gemeinsame Wahrnehmen gesellschaftlicher Verantwortung" durch die Kirchen werde heute zugleich "immer mehr zu einer Triebfeder der Ökumene", so Krätzl. International viel Beachtung habe das Ökumenische Sozialwortes der Kirchen gefunden, an dem Christine Gleixner maßgeblich mitgewirkt hat, betonte Krätzl.

Über die Grenzen Österreichs hinaus wurde Christine Gleixner auch durch die Mitgestaltung der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung 1997 in Graz sowie der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung 2007 in Sibiu bekannt. Insbesondere das geschlossene Auftreten der österreichischen Delegation in Sibiu könne als Beweis nicht nur für das gute ökumenische Klima in Österreich gelten, sondern darüber hinaus als Konsequenz der verbindenden und integrierenden Kraft Christine Gleixners.

Krätzl erinnerte auch an die Tätigkeit der Oberin im Redaktionskommitee der Ökumenischen Sommerakademie in Kremsmünster. Diese sei heute zu einer "festen wissenschaftlichen Institution" geworden und nicht mehr aus der Bildungslandschaft wegzudenken.

Ihre Fähigkeit, Menschen zusammenzuführen, habe Christine Gleixner auch in den Jahren 2001 und 2005 eindrucksvoll unter Beweis gestellt, als sie nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sowie nach der Tsunami-Katastrophe im Jahr 2005 religionsübergreifende Gedenkfeiern für die Opfer organisierte, betonte der Wiener Weihbischof, der in der Österreichischen Bischofskonferenz für die Bereiche Ökumene und interreligiöser Dialog zuständig ist.

An der Feier in den Amtsräumen des Bundespräsidenten nahmen prominente Vertreter aus dem ökumenischen und interreligiösen Bereich teil, unter ihnen der griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos, der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker und Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg.

Informationen: http://stephanscom.at
 
zurück