Kommission will eine Verlängerung des Urheberrechtsschutzes   

erstellt am
14. 02. 08

McCreevy: "Künstler sollen nicht mehr die 'armen Vettern' des Musikgeschäftes sein"
Brüssel (ec.europa) - EU-Kommissar Charlie McCreevy kündigte am 14.02. seine Absicht an, demnächst in der Kommission eine Verlängerung des Urheberrechtsschutzes für europäische Künstler von 50 auf 95 Jahre vorzuschlagen. Die Stossrichtung seines Vorschlags zusammenfassend erklärte McCreevy: "Ich bin überzeugt, dass Urheberrechtsschutz für Europas Künstler das moralische Recht darstellt, die Nutzung ihrer Arbeit zu kontrollieren und damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ich kenne keinen überzeugenden Grund, warum ein Musik-Komponist für sein gesamtes Leben und 70 Jahre darüber hinaus geschützt sein soll, während ein Sänger oder Musiker nur 50 Jahre Schutz genießen sollte -- ein Zeitraum der nicht einmal seine Lebensdauer erfasst. Es ist oft der Künstler, der eine Komposition erst richtig zum Leben erweckt. Oft haben wir keine Ahnung wer ein Musikstück komponiert hat, aber wir wissen wer der Sänger eines Liedes ist."

Der Binnenmarktkommissar beabsichtigt, einen Vorschlag vorzulegen, der den Schutz für Tonträger und ausübende Künstler auf 95 Jahre ausweitet. Dieser Vorschlag sollte noch vor der Sommerpause 2008 der Kommission zur Annahme unterbreitet werden.

Wenn nichts unternommen würde, werden in den kommenden zehn Jahren Tausende europäischer Künstler, die in den späten Fünfzigern und Sechzigern Tonträger aufnahmen, ihre Lizenzeinnahmen verlieren. "Ich mache mir keine Sorgen um Stars wie Cliff Richard oder Charles Aznavour. Wir reden hier über Tausende von anonymen Studiomusikern, die in den späten Fünfzigern und Sechzigern bei der Herstellung von Schallplatten mitwirkten. Diese Künstler werden bei Auslaufen ihrer Urheberrechte alle Lizenzeinnahmen verlieren. Aber Lizenzeinnahmen, beispielsweise für Rundfunkübertragungen, sind häufig die einzige Rente der Künstler " erklärte Binnenmarktskommissar Charlie Mc Creevy.

"Ich bin fest entschlossen, sicherzustellen, dass diese Erweiterung der Schutzdauer allen Künstlern zugute kommt, den Sängern und den Studiomusikern", erklärte der Binnenmarktskommissar. Für Studiomusiker soll ein Fonds eingerichtet werden, der mindestens 20% des Einkommens, das während der verlängerten Schutzdauer erzielt wird, für diese Künstler reserviert. Im Hinblick auf die Künstlerverträge soll sichergestellt werden, dass die Einnahmen in der verlängerten Schutzdauer allein den Künstlern zugute kommen und nicht mit Vorschüssen der Hersteller verrechnet werden können", erklärte der Binnenmarktkommissar.

Der Binnenmarktkommissar schlägt darüber hinaus eine Regelung vor, wonach ein Tonträgerhersteller in der verlängerten Schutzfrist eine Aufnahme entweder selbst vermarktet oder sie an den Künstler zur Vermarktung abgibt. Falls demnach eine Plattenfirma von einer Aufnahme in der verlängerten Schutzfrist selbst keinen Gebrauch macht, so muss sie diese Aufnahme an den Künstler zur weiteren Vermarktung freigeben.

Abhilfe gegen den abrupten Stopp im Künstlereinkommen

Erhebungen der Kommission zeigen, dass viele europäische Studiomusiker oder Sänger ihre Karriere im Alter von weniger als 20 Jahren beginnen. Das bedeutet, dass viele Künstler bei Auslaufen der derzeit gültigen 50jährigen Schutzfrist etwa 70 Jahre alt sein werden. Angesichts der gegenwärtigen durchschnittlichen Lebenserwartung in der EU, - 75 Jahre für Männer, und 81 Jahre für Frauen - ist es nicht ungewöhnlich für Künstler bis gut in ihre achtziger und neunziger Jahre zu leben. Aber sobald der Urheberrechtsschutz für Tonträger nach 50 Jahren ausläuft, erhalten die Künstler kein Einkommen mehr. Für Studiomusiker und weniger bekannte Künstler bedeutet dies oft einen jähen Abbruch ihrer einzigen Einkommensquelle, und dies gerade in einem Zeitraum ihres Lebens in dem sie am Verletzbarsten sind. Ebenso bedeutet das frühe Auslaufen der Schutzdauer, dass Künstler keinerlei Anteil an der Vermarktung ihrer Aufzeichnungen im Internet erhalten.

Keine negative Auswirkung auf Verbraucherpreise

Der Binnenmarktkommissar betonte, sein Vorschlag sollte keinerlei negativen Auswirkungen auf Verbraucherpreise haben. "Untersuchungen zu Preisauswirkungen des Urheberrechts zeigten, dass der Preis für Tonträger, die nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind, nicht zwangsläufig niedriger ist als jener der geschützten Tonträger.

Keine negative Auswirkung auf die europäische Außenhandelsbilanz

Die Kommission hat auch die Handelsauswirkungen einer längeren Schutzdauer für Tonträger in Betracht gezogen und ist zu der vorläufigen Schlussfolgerung gelangt, dass die meisten Zusatzeinnahmen in Europa verbleiben und an europäische Künstler ausgezahlt würden. Dieses Ergebnis sollte die ausübenden Künstler in Europa fördern und zur kulturellen Vielfalt in Europa beitragen.
 
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