Gusenbauer für vorgezogene Steuerreform: Koalitionszwist  

erstellt am
25. 02. 08

 Gusenbauer: Einkommen zwischen 1.200 und 3.900 Euro brutto wesentlich entlasten
"ÖVP kann sich den Luxus des Nein-Sagens nicht länger leisten" - Gesundheitssystem umgehend sanieren
Wien (sk) - In der ORF-"Pressestunde" am 24.02. nahm Bundeskanzler Alfred Gusenbauer auch zu Kernpunkten der - nach seinen Vorstellungen - mit 1.1.2009 in Kraft tretenden Steuerreform Stellung: Es gehe darum, dass "die Steuerbelastung des Einkommens am aller stärksten bei den Einkommen zwischen 1.200 und 3.900 Euro brutto ist". Dort sei auch der "große Teil des österreichischen Bevölkerung und des Mittelstandes angesiedelt - und in diesem Bereich hat eine wesentliche Entlastung stattzufinden". Eine vernünftige Steuerreform solle für den Bürger im Schnitt jedenfalls eine jährliche Entlastung von 500 Euro bringen, so Gusenbauer mit Blick darauf, dass das Nettovolumen der Entlastung - wie vereinbart - rund drei Milliarden betragen solle. Und Gusenbauer appellierte auch klar an die ÖVP: "Die ÖVP wird sich den Luxus des Nein-Sagens nicht länger leisten können, da 2008 die großen Reformvorhaben Steuerreform und Sanierung des Gesundheitssystems unbedingt erledigt werden müssen."

Die Diskussion, ob auch "Vermögenszuwächse - ähnlich wie dies von Claus Raidl in die Diskussion eingebracht wurde - völlig gleich besteuert werden wie das Sparbuch, halte ich für eine sinnvolle Diskussion", so Gusenbauer. Der Mittelstand müsse endlich entlastet werden, was auch heiße, "das von der Technik her die Grenze, ab der der 50-Prozent-Steuersatz gilt, nach oben gesetzt werden muss". Eine Senkung des Grenzsteuersatzes sei allerdings nicht sinnvoll, der Spitzensteuersatz solle bei 50 Prozent bleiben - das halte er für "richtig", so der Bundeskanzler in der ORF-"Pressestunde".

Der "gesamte Budgetpfad ist darauf ausgerichtet, dass wir uns diese drei Milliarden leisten können", der Budgetpfad könne aber zeitlich korrigiert werden, weil "unsere Einnahmensituation besser ist" - schließlich sei das letzte Jahr ein "sensationelles Wirtschaftsjahr" gewesen sei, so Gusenbauer mit Verweis auf die dadurch entstandenen zusätzlichen Einnahmen für den Finanzminister. Gusenbauer plädierte weiters für die Einsetzung einer Steuerreformkommission, so dass eine "professionelle Vorbereitung" gegeben sei, "damit die Regierung auf Basis dieser Expertise im Herbst zu vernünftigen Entscheidungen kommt". Klare Voraussetzung für die Steuerreform sei es jedenfalls, dass die "Menschen mehr Geld in der Tasche haben - und die Null wird in jedem Fall vorne sein", so Gusenbauer zur Frage nach der Höhe des Budgetdefizits.

Sanierung des Gesundheitssystems unverzüglich angehen - An ÖVP: Mit Nein-Sagen kann man Herausforderungen nicht lösen
Zu Frage der dringend gebotenen Sanierung des Gesundheitssystems erläuterte Gusenbauer, dass man vor einer dramatischen Situation stehe: Schließlich stünden die Krankenkassen vor der Pleite, wenn es bis Jahresende keine Lösung der Finanzierungsfrage gebe. Damit aber stünde das Gesundheitssystem als Ganzes vor einer "sehr schwierigen Belastungsprobe". "In einer solchen Situation ist es verantwortungsvoll, dem Regierungspartner klar zu sagen, es haben sich die Verhältnisse geändert - den Luxus des Nein-Sagens kann man sich nicht mehr leisten", so Gusenbauer an die Adresse der ÖVP.

Und der Bundeskanzler stellte hier auch klar, dass mit "Nein-Sagen die großen Herausforderungen nicht bewältigt werden können, daher bin ich als Regierungschef verpflichtet, klar zu sagen, dass es bei der ÖVP Änderungen geben muss - so wie bisher kann es nicht weiter gehen", so Gusenbauers Bekenntnis zu einer Regierungsarbeit, die die Herausforderungen annimmt und für die Menschen arbeitet. Er habe heute jedenfalls ein "Angebot gelegt, das die Regierung auf einen neuen und besseren Weg bringt", appellierte der Bundeskanzler an die ÖVP, vom Kurs des Nein-Sagens abzugehen und endlich gemeinsam mit der SPÖ den Kurs der Zusammenarbeit für Österreich einzuschlagen. Er halte es für den "richtigen Weg", wenn man mit einer geänderten ÖVP zu "vernünftigen Ergebnissen" komme, so Gusenbauer abschließend.

 

 Molterer: Steuerreform bleibt bei 2010
Wenn Gusenbauer Neuwahlen will, soll er es sagen.
Wien (övp-pd) - Vizekanzler ÖVP-Obmann Molterer lehnt ein Vorziehen der Steuerreform von 2010 auf 2009 ab. Zu den Aussagen von Bundeskanzler SPÖ-Vorsitzendem Gusenbauer, meint Molterer, dass es ein schlechter Stil sei, in einer Fernseh-Pressestunde einen gemeinsamen Kurs zu verlassen. Bis vor seinen Fernsehauftritt hat der Termin 2010 gegolten. Molterer betont auch, dass es verantwortungslos ist, eine Steuerreform mit neuen Schulden zu machen, die die jungen Menschen in Zukunft zahlen müssen. Das wird es mit der ÖVP nicht geben. Außerdem ist die ganze Geschichte nicht mit der ÖVP besprochen. Im Gegenteil: Gusenbauer selbst hat bis vor wenigen Tagen 2010 genannt. Auch das Volumen der Steuerentlastung von drei Milliarden Euro, die Gusenbauer genannt hat, ist nicht besprochen und nicht akkordiert. Daher will Molterer von Gusenbauer wissen, was er wirklich will. Wenn er Neuwahlen will, soll er das sagen. Die ÖVP lässt sich keine Ultimaten stellen.

Die Alternative bei einer vorgezogenen Steuerreform wären dramatische Einsparungen. Dann sollte sich Gusenbauer überlegen, wo er die einsparen will.

Offenbar steht Gusenbauer unter einem "so großen Druck in der SPÖ", dass er in uraltsozialistische Reflexe verfällt. Nämlich eine Steuerreform und eine Entlastung mit Schulden zu finanzieren. Der SPÖ-Chef tritt anscheinend "die Flucht nach vorn an".

Gusenbauer ändert öffentlich Koalitionskurs
Anlässlich der von SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer in der "ORF-Pressestunde" getätigten Aussagen zur "Steuerreform 2010" dokumentiert der ÖVP:

6. Juni 2007:
"Wir wollen die Steuerreform 2010 so gestalten, dass sie eine zusätzliche Wirkung zu Stabilität und Nachfrage hat."

6. Juli 2007:
"Für 2010 ist eine große Steuerreform geplant, die wir 2009 diskutieren und bearbeiten müssen."

"Sommer-Ministerrat" am 8. August 2007:
"Jetzt wird gespart, jetzt wird in die Zukunft investiert, 2010 gibt es eine Steuerreform."

"Kronen Zeitung", 26. August 2007:
"Die für 2010 vorgesehene Steuerreform wird nicht vorgezogen. Wir müssen jetzt sparen und investieren - in Bildung, Soziales, Infrastruktur. Wenn wir nichts unternehmen, würde das Budgetdefizit automatisch wieder ansteigen. Es ist viel vernünftiger, den Termin für die Steuerentlastung bei 2010 zu belassen."

"Kronen Zeitung", 28. August 2007:
"Alfred Gusenbauer erteilte allen Forderungen nach einer Vorverlegung der Steuerentlastung eine klare Absage. Es bleibt beim Termin 2010.

 

Petrovic: Keinerlei Führungswille bei Gusenbauer
Ankündigungen sind für Petrovic nicht glaubhaft
Wien (grüne) -
"Keinerlei Führungswillen bei Alfred Gusenbauer" sieht die stv. Bundessprecherin der Grünen, Madeleine Petrovic. "In der heutigen ORF-Pressestunde ist wieder einmal der Eindruck entstanden, dass sich der Bundeskanzler der ÖVP unterordnet. Bei der Frage nach einem Untersuchungsausschuss in der Causa Innenministerium hat Gusenbauer herumgeeiert und sich einmal mehr nicht auf die Seite der Kontrolle und dringend notwendigen Aufklärung gestellt", kritisiert Petrovic.

Gusenbauers Ankündigungen hinsichtlich einer Entlastung der unteren und untersten Einkommen sind für Petrovic nicht glaubhaft. "Er hat das bereits im NR-Wahlkampf versprochen, ebenso wie etwa eine große Bildungsreform oder die Abschaffung der Studiengebühren. Passiert ist bisher nichts. Es wird das nächste Versprechen des Bundeskanzlers, das nicht umgesetzt wird", schließt Petrovic.

 

 Strache: Bisher waren alle Ankündigungen Gusenbauers Fehlschläge
FPÖ-Obmann vermisst klare Aussage des Bundeskanzlers zum Thema Untersuchungsausschuss
Wien (fpd) - Skeptisch betrachtet FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache die Ankündigung von Bundeskanzler Gusenbauer, die Steuerreform auf 2009 vorzuziehen. "Bisher haben sich noch alle Versprechen Gusenbauers als Fehlschläge erwiesen." Zudem stelle sich die Frage, wem diese Steuerreform tatsächlich nützen werde. Wenn sich die ÖVP durchsetze, würden die Hauptprofiteure wieder einmal die Großkonzerne sein, während die breite Masse einmal mehr mit Almosen abgespeist werde. "Wir werden dieser Regierung jedenfalls genauestens auf die Finger schauen." Die kleinen und mittleren Einkommen müssten deutlich entlastet werden. Die SPÖ dürfe sich dabei nicht wieder von der ÖVP über den Tisch ziehen lassen.

Sehr bedauerlich findet es Strache, dass sich Gusenbauer noch immer zu keiner klaren Aussage zum Thema Untersuchungsausschuss durchringen konnte. Als Bundeskanzler könne er sich hier nicht verschweigen, sondern müsse deutlich Stellung beziehen. Schließlich handle es sich um einen der größten Skandale der Zweiten Republik. Aber stattdessen laviere er seit Wochen herum. Auch die Visa-Affäre müsse in einem Untersuchungsausschuss behandelt werden.

Scharfe Worte fand Strache zu Gusenbauers Aussagen zum Thema Kosovo. Offenbar wolle der Kanzler nicht begreifen, dass Serbien schweres Unrecht zugefügt werde. Die Anerkennung des Kosovo sei völkerrechtswidrig. Mit seiner Haltung trage der Bundeskanzler zur weiteren Destabilisierung dieser Region bei.

 

 Westenthaler: "Vorgezogene Steuerreform großer Erfolg des BZÖ"
"BZÖ wird nun Kontrolleur für die Umsetzung der heutigen Gusenbauer-Versprechungen sein"
Wien (bzö) - Mit großer Genugtuung reagierte BZÖ-Chef Klubobmann Abg. Peter Westenthaler auf die Aussagen von Bundeskanzler Gusenbauer in der ORF-Pressestunde, die Steuerreform vorzuziehen und bereits mit 1. Jänner 2009 in Kraft treten zu lassen. "Damit weicht Gusenbauer von der bisherigen Regierungslinie ab und erfüllt die zentrale Forderung des BZÖ der vergangenen Monate", so Westenthaler weiter.

Es sei nachweislich das BZÖ gewesen, das mehrfach Anträge im Parlament und auch bei jeder anderen Gelegenheit eingebracht und eine sofortige Steuerreform mit dem zentralen Thema der Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer gefordert habe Das bedeutet, daß nach dem Inflationsausgleich, den das BZÖ bereits im November des Vorjahres eingefordert habe, nun auch die vorgezogene Steuerreform eine weitere zentrale Forderung des BZÖ umgesetzt werden solle, meinte Westenthaler.

"Wir sind zwar die kleinste Fraktion im Parlament, aber wir haben die besten Ideen und offensichtlich auch die besten Lösungen, die nach einer gewissen Verzögerung nun von der Regierungspartei SPÖ übernommen werden. Wir geben daher die Themen vor und das ist auch der Grund dafür, daß wir laut neuesten Umfragen bereits die 6 Prozent Marke überschritten haben. Nach den heutigen Aussagen Gusenbauers wird es wieder das BZÖ sein, das nun der Kontrolleur für die Umsetzung der heutigen SPÖ-Versprechungen sein wird. Es ist nämlich zu befürchten, daß Gusenbauers Versprechungen einmal mehr, so wie alle bisherigen, gebrochen werden. Alleine die Ankündigung Gusenbauers für eine Steuerreform birgt nämlich die Gefahr in sich, daß am Ende wieder eine Belastung für die Menschen rauskommt. So wie das schon bei der letzten Pensionsanpassung der Fall war. Auch damals hat Gusenbauer den Pensionisten mehr versprochen, aber im Endeffekt ist für diese Menschen weniger herausgekommen", schloß Westenthaler.

 

Wirtschaftsbund: Leitl will keine Steuerreform auf Pump
Steuerreform zur Stärkung des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes - keine Steuerreform deren Grundlage neue Schulden sein würden
Wien (wirtschaftsbund) - Zu den Aussagen von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in der "Pressestunde" sagt Wirtschaftsbundpräsident Dr. Christoph Leitl, dass aus Sicht des Wirtschaftsbundes eine Steuerreform auf Pump nicht in Frage käme. "Wir wollen eine Steuerreform zur Stärkung des Wirtschafts- sowie Arbeitsstandortes Österreich und keine Steuerreform deren Grundlage neue Schulden sein würden", so Leitl.

Der Wirtschaftsbund werde auch in Zukunft insbesondere in punkto Bürokratieabbau darauf achten, dass eine Steuerreform die 2010 stattzufinden hat, auch leistbar wird.

 

Hundstorfer: Lohnsteuersenkung vorziehen
Hundstorfer begrüßt Gusenbauer-Vorschlag zur Vorziehung der Lohnsteuerreform
Wien (ögb) - Die von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in der ORF-Pressestunde vorgebrachte Überlegung, die Lohnsteuerreform vorzuziehen, wird von ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer begrüßt. "Die ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sind in den Jahren 2001 bis 2006 massiv belastet worden, während gleichzeitig die Unternehmerseite kräftig entlastet wurde", so Hundstorfer.

Die Summe aus Entlastungen und Belastungen ergibt für diesen Zeitraum bei den ArbeitnehmerInnen und PenionistInnen ein Minus von 2,420 Mrd. Euro, bei den Unternehmern ein Plus von 2,864 Mrd. Euro.

Der ÖGB verlangte daher schon bisher von der Regierung, dass sie den ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen ihr Geld zurückgibt. Das soll im Wege einer Lohnsteuerreform, die für die/den Einzelne/-n deutlich spürbar ist, vorgenommen werden.

Diese Forderung des ÖGB wurde auf der wirtschaftspolitischen Seite laufend abgestützt durch die Tatsache, dass das Wachstum der inländischen Konsumnachfrage stagniert.

Jetzt aber trübt sich, ausgelöst durch die internationale Spekulationskrise, der Konjunkturhimmel zusehends ein. Hundstorfer: "Daher ist es höchst an der Zeit, eine Lohnsteuerreform vorzuziehen, damit sie rechtzeitig bei den ArbeitnehmerInnen und Pensionistinnen ankommt."

 

Sorger: Steuerreform notwendig, aber nicht "auf Pump"
Umfassende Steuerreform muss erarbeitet werden - Leistungsträger steuerlich entlasten, Arbeitszusatzkosten für kleine und mittlere Einkommen senken
Wien (pdi) - Die Industriellenvereinigung (IV) spricht sich für eine "wirklich umfassende" und "weitreichende Steuerreform" aus. "Die Industrie hat ihre Anliegen für eine Steuerreform schon klar gemacht: Leistung muss sich in Österreich lohnen, kleine und mittlere Einkommen müssen über die Arbeitszusatzkosten entlastet werden, auf eigenkapital- und finanzierungsfeindliche Eigenheiten wie Gesellschaftssteuer oder Kredit- und Darlehensgebühren muss verzichtet werden", betonte der Präsident der Industriellenvereinigung, Dr. Veit Sorger. Gleichzeitig habe die Industrie - der Sachpolitik verpflichtet - immer darauf hingewiesen, dass das Volumen der Steuerreform erst erarbeitet werden muss. "Eine Steuerreform auf Pump ist problematisch, weil die kurzfristige Entlastung durch neue Belastungen, die sich durch die Neuverschuldung ergeben, wenige Jahre später wieder "aufgefressen" wird. Insbesondere in einer Phase steigender Zinsbelastungen, das muss der Politik klar sein."

Der IV-Präsident erinnerte daran, dass Österreich mit 42 Prozent des BIP (2005) immer noch die sechsthöchste Gesamtabgabenquote der EU-27 hat. Der EU-Durchschnitt liegt bei 39,6 Prozent. Zudem würden sich die Kosten der Steuerreform längerfristig in hohem Ausmaß selbst finanzieren, weil sich Reformen positiv auf andere Steuerkategorien auswirkten. Gleichzeitig seien weiterhin umfassende Einsparungen im öffentlichen Bereich notwendig.

Die Kernpunkte der Steuerreform aus Sicht der Industrie sind:

  • Leistung muss sich lohnen. Dies bedeutet, als deutliches Signal an den Mittelstand, eine notwendige Senkung des Spitzensteuersatzes auf zumindest 45 Prozent. Gleichzeitig ist die Erhöhung der Einkommensgrenze, ab welcher dieser gilt, auf 100.000 Euro erforderlich. Gegenwärtig sind vom Spitzensteuersatz rund 350.000 Personen betroffen. In Österreich zahlen 9 Prozent der Steuerzahler rund 50 Prozent der Lohn- und Einkommenssteuer.
  • Arbeit muss günstiger werden. Die Gesamtbelastung an Arbeitszusatzkosten von Kapitalgesellschaften in Österreich beträgt rund 5,7 Prozent des BIP. Nur in Schweden und Frankreich ist die Belastung mit Lohnsummenabgaben mit 8 sowie 7,5 Prozent noch höher. Der heimische Ansatz muss bei den lohnsummenabhängigen Steuern liegen: Beispielsweise Senkung des Dienstgeberbeitrages zum FLAF um 1,5 Prozent-Punkt. Es muss über eine Änderung der Steuerstruktur, mit dem Ziel, den Faktor Arbeit zu entlasten, diskutiert werden. Dabei muss es sich aber um echte Entlastungen handeln. Reine Umverteilungen mit zahlreichen Gewinnern und Verlierern halten wir für den falschen Weg.
  • Weg mit Austriaca. Die Steuerreform muss als Chance gesehen werden, das österreichische Steuersystem endlich von österreichischen Eigentümlichkeiten zu befreien. Konkret geht es dabei um die Steuern und Gebühren zur (Unternehmens-)Finanzierung wie die Gesellschaftssteuer mit brutto 145 Millionen Euro sowie die Kredit- und Darlehensgebühr mit 150 Millionen Euro und die Mindest-KöSt. Es bedarf der Abschaffung der Steuern und Gebühren, die die Unternehmensfinanzierung belasten.
  • Schaffung von attraktiven Rahmenbedingungen für Private Equity (insbesondere Rechtsformneutralität, Steuerbefreiung für Capital Gains).
  • Anhebung des Freibetrages für Mitarbeiterbeteiligungen von 1460 Euro auf 2500 Euro.
  • Steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für humanitäre Zwecke. Hier gilt es, das bereits ausdiskutierte Modell umzusetzen.

Entscheidend ist, dass Österreich an der Wohlstandskante Europas auch bei der Personenbesteuerung relative Wettbewerbsnachteile abwehrt, betonte Sorger abschließend.


 

Tumpel: Vorgezogene Steuerreform muss kleine und mittlere Einkommen entlasten
Steuerreform kann Preisexplosion der letzten Monate ausgleichen
Wien (ak) - "Es ist höchste Zeit, dass die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen entlastet werden. Eine vorgezogene Steuerreform zu Gunsten von kleinen und mittleren Einkommen ist eine richtige Maßnahme dafür", sagt AK Präsident Herbert Tumpel. Vor allem Beschäftigte mit geringen Einkommen werden durch die Teuerungswelle der letzten Monate massiv belastet.

Gerade das, was jeder zum Leben braucht, wie Lebensmittel, Wohnkosten und Benzin ist massiv teurer geworden. So stiegen allein die Nahrungsmittelpreise im Jahresvergleich zu 2006 um 7,5 Prozent. Gleichzeitig müssen die ArbeitnehmerInnen den größten Teil des Steueraufkommens tragen. Während in Österreich die Steuern für Unternehmen und Vermögen deutlich unter dem OECD-Durchschnitt liegen, gibt es die höchsten Lohnsummensteuern im gesamten OECD-Raum.

"Auch von der letzten Steuerreform haben vor allem die Unternehmer und Konzerne profitiert", sagt Tumpel. Ein durchschnittlicher Beschäftigter dagegen hat nicht einmal 20 Euro mehr im Monat bekommen und dieser Betrag ist von der kalten Progression mittlerweile längst aufgefressen. Nun müssen Vermögen stärker besteuert und die Löhne entlastet werden", sagt Tumpel. "Wichtig ist auch, dass die entlastet werden, die sogar zu wenig verdienen um überhaupt Steuern zu zahlen. Die Preisexplosionen treffen sie besonders hart", so der AK Präsident und fordert ein Entlastungspaket für die ArbeitnehmerInnen.

 

Mödlhammer: Gemeinden erwarten Verlässlichkeit von Bundesregierung
"Pacta sunt servanda - Vereinbarte Zeitpläne müssen halten"
Wien (gemeindebund) - Gegen ein Vorziehen der geplanten Steuerreform 2010 sprach sich Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer aus. "Grundlage des aktuellen Finanzausgleiches war die Einigung darüber, frühestens im Jahr 2010 eine Steuerreform durchzuführen. Eine Vorziehung der Steuerreform wäre auch das Ende der Planungssicherheit für die Gemeinden."

"Pacta sunt servanda", so Mödlhammer. "Ich halte nichts davon, dass man Vereinbarungen immer wieder in Frage stellt, vor allem, wenn eine Änderung so weitreichende Konsequenzen hätte", so Mödlhammer. "Es gab gute Gründe, warum man sich auf ein bestimmtes Jahr für die Steuerreform geeinigt hat, ich sehe nicht, dass sich diese Gründe verändert hätten."

"Es wäre mir auch neu, dass das Budget derzeit eine größere Steuerreform zulässt", so Mödlhammer. "Es war immer klar, dass diese Reform nur dann kommen kann, wenn die Budgetmittel dafür vorhanden sind." Eine Änderung dieser Vereinbarung würde auch das Fundament des aktuellen und erst kürzlich in Kraft getretenen Finanzausgleichs (FAG) zerstören. "Wenn dieses Fundament verändert wird, dann fällt auch das Gebäude namens Finanzausgleich in sich zusammen. Dies sollte allen handelnden Personen vor Augen geführt werden." Konkret hieße das, dass die Gemeinden nicht mehr jene finanzielle Sicherheit und Planbarkeit für dringend nötige Investitionen hätten. "Das Finanzausgleichsgesetz sieht ja eine zweite Etappe ab 2011 vor, die vor allem den kleinen Gemeinden deutlich mehr Mittel bringen soll. Zieht man nun die Steuerreform vor, dann verringern sich diese Mittel dramatisch. Dies kann nicht im Interesse der Bundesregierung sein", so der Gemeindebund-Präsident.

"Die Gemeinden waren immer ein verlässlicher Partner, wenn es um Vereinbarungen und Verträge ging", so Mödlhammer. "Die gleiche Verlässlichkeit erwarten wir auch von allen Vertretern der Bundesregierung. Ich fordere ausnahmslos alle Mitglieder der Regierung dazu auf, für Österreich zu arbeiten und bestehende Pakten zu erfüllen, anstatt wöchentlich mit neuen Vorschlägen und Versprechungen an die Öffentlichkeit zu gehen." Das gleiche gelte übrigens auch für die Länder, "auch hier soll man nicht dauernd versuchen, Teile des Finanzausgleichs wieder aufschnüren zu wollen und den Gemeinden neue Belastungen zuzumuten.

Abschließend hielt Mödlhammer zwei unumstößliche Forderungen fest: "Erstens kann es ohne Einbindung aller FAG-Partner keine Steuerreform geben. Zweitens ist eine Steuerreform ohne Verwaltungsreform weitgehend sinnlos, erst die Verwaltungsreform kann jene budgetären Mittel freisetzen, die zur Durchführung einer Steuerreform notwendig sind." Zudem können man weder eine durchdachte und nachhaltige Verwaltungsreform, noch eine spürbare Steuerreform in nur sieben Monaten planen und durchpeitschen.
 
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