Mitbestimmung und Gewalt an Schulen   

erstellt am
25. 02. 08

Richtungweisende Studien des Instituts für Soziologie der JKU
Linz (universität) - Das Institut für Soziologie der JKU Linz beschäftigt sich unter der Leitung von Johann Bacher seit mehreren Jahren mit der Frage, wie Gewalt an Schulen vorgebeugt werden kann. Es wurde untersucht, ob Mitbestimmung bzw. demokratische Erziehung (gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen in einem demokratischen Prozesse Ziele formulieren, Pläne zur Umsetzung entwickeln und anschließend realisieren) Gewaltbereitschaft und Gewaltausübung reduzieren kann. Das Ergebnis: Demokratische Erziehung stärkt das Selbstwertgefühl und das Solidaritätsempfinden der SchülerInnen und reduziert damit Gewaltbereitschaft, Gewaltausübung und Gewalterfahrung.

So gaben z.B. in einer bereits 1998 durchgeführten Studie Jugendliche, die in Österreich an einem schulischen oder außerschulischen Partizipationsprojekt teilnahmen, zu einem hohen Prozentsatz an, dass ihr demokratisches Bewusstsein gestärkt wurde. Ebenso waren sie überzeugt, dass sie Kompetenzen zur Bewältigung von Problemen und Entwicklungsaufgaben, wie Selbstvertrauen, Teamfähigkeit usw. erworben haben und ihre solidarische Grundorientierung verstärkt wurde.

Eine Auswertung der 2. und 3. Welle des Kinderpanels des Deutschen Jugendinstituts aus den Jahren 2004 und 2005 erbrachte einen klaren Zusammenhang zwischen schulischer Mitbestimmung und Gewalterfahrungen in der Schule oder am Schulweg: Während z.B. 26,8% der 9- bis 10-Jährigen mit geringen Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Schule angaben, oft oder zumindest selten Gewalt zu erfahren, sind dies in der Gruppe mit viel Mitbestimmungsmöglichkeiten nur 10.2%.

Bezüglich der Unterrichtsinhalte berichten 18% der 9- bis 10-jährigen Kindern von Mitbestimmungsmöglichkeiten. Deutliche höhere Werte von ca. 60% ergeben sich für die Mitbestimmung bei der Gestaltung des Klassenzimmers und für das Einbringen von persönlichen Themen in den Unterricht. Bei der Pausenreglung sinkt dieser Wert auf 37%.

Gewalterfahrungen (oft oder zumindest selten) nennen zwischen 13,7% ("Geschlagen oder bedroht worden") bis 23,3% ("Sachen gewaltsam weggenommen" selbst erfahren) der 9- bis 10-Jährigen. Die Gewalterfahrung steigt allgemein nicht mit dem Alter. In manchen Teilbereichen nimmt sie sogar ab.

Im Hinblick auf das heute oft eingeforderte strengere Vorgehen gegen jugendliche "Straftäter/innen" bedeuten die Untersuchungsergebnisse:

  • Prävention sollte bereits in der Volksschule ansetzen. Die beste Form der Prävention ist eine demokratische Erziehung. Sie ist bereits im Grundschulalter möglich. Hilfreich hierfür sind kleine Klassen und integrierte Ganztagesformen.
  • Der Effekt von autoritärer Erziehung und autoritären Strukturen ist gering und häufig kontraproduktiv. Das Problem wird nur verlagert, z.B. von der Schule auf den außerschulischen Bereich, ohne dieses zu lösen. "Wegsperren" bringt also wenig.
  • Maßnahmen sollten allgemein nicht nur bei den Kindern und Jugendlichen ansetzen, sondern auch das Umfeld einschließen. Im Schulsystem sind Deklassierungen und negative Etikettierungen als "Außenseiter", "Störenfried" usw. zu vermeiden.


Informationen: http://www.soz.jku.at

 
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