The Diamond Is Not A Maximum   

erstellt am
06. 03. 08

Aribert von Ostrowski – Ausstellung in der Galerie Bleich-Rossi in Wien
Wien (bleich-rossi) - Zeichen bedürfen der Aneignung, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Sie entstehen gewissermaßen rezeptiv, und die künstlerische Arbeit mit und an Zeichen beginnt stets als Akt der Aneignung: des Wahrnehmens und Lesens von Formen als Zeichen. Bei Aribert von Ostrowski nimmt diese bedeutungsstiftende Aktivität in der popkulturellen Zeichenwelt ihren Ausgang: in Büchern und Magazinen, in wissenschaftlichen Illustrationen und in der Werbung: Vögel, Insekten, Landschaften, Gesichter, Markenzeichen und Slogans. In den vergangenen Jahren waren es historische Figuren wie Annette von Droste-Hülshoff oder Sigmund Freud, deren Namen sich nicht nur als konkrete "Figurationen" in seine abstrakte Malerei einlagern ließen, sondern sich in Ostrowskis Zusammenhang auch als so etwas wie ein "ideales Elternpaar" einer Reflexion schöpferischen Arbeitens mit Bildern und Texten lesen ließen. Die "eigentliche" Arbeit der Aneignung setzt bei ihm dort an, wo er - unter anderem durch die immer neu variierte, zum Bildgegenstand ernannte Signatur - die gefundenen Formen, Bilder, Wörter zu eigenen, dichten Zeichen transformiert. Ob etwas als Figur oder Grund, als Negativ oder Positivform, als Kern oder Hülle gelesen werden kann, wird stets in einem Übergangsmoment belassen. Die Schrift wird dabei zur Figur, das Bild zur Chiffre, das Objekt zum Bild. Gegenüber der reinen Allegorese mittels collagierter Elemente, die die Sinnstiftung an die Betrachtenden delegiert, bleibt hier jedoch ein performatives Moment erhalten, in dem die Rezeption des Vorgefundenen wieder in Produktion umschlägt. Darin liegt das Transitorische dieser Bilder begründet.

Da sie in der Rezeption unentscheidbar lassen, was beharrende und was dynamische Elemente sind, scheinen sie weder in ihrer formalen Evidenz noch in ihrer Sinngebung inne zu halten. Sie insistieren auf einem Dazwischen und scheinen programmatisch in der Schwebe zu bleiben zwischen Referenz und Gestik, dem Drang nach Bedeutung und seiner Relativierung. Ihr "defiguratives" Moment, im selben Moment den Gegenstand im Malakt zu zerstören und ihn noch einmal aufleuchten zu lassen, wird hier auf den semiotischen Prozess selbst übertragen - und die vielleicht am ehesten klassisch ikonografische "Symbolfigur" wie die von Ostrowski obsessiv gemalte und gezeichnete Gottesanbeterin zeigt dies durch ihre Verschränkung von mimetischer Referenz der anthropomorphen Zeichenwerdung und ihrem "Verschwinden" im Hintergrund.

Das Malerische wird dabei neben dem Collagieren und Kaschieren zu einer unter mehreren, gleichrangigen Methoden des Sichtbar- und des Unsichtbar-Machens. Als Malgründe dienen häufig Silberfolien, die das Räumlich-Assoziative auch noch der abstraktesten Malerei "schlucken" und die Zeichen zurückverweisen auf den Vorgang ihrer Bearbeitung. Diese Folien, die zuletzt auch die Wände des Ausstellungsraums hinter den Bildern bedecken konnten, weisen erneut den Doppelcharakter der Dinge auf, die Aribert von Ostrowski am meisten interessieren: Sie liefern den Betrachtenden eine buchstäbliche "Reflektion", durch die sie jedoch eindeutig nicht als mimetische Spiegelungen, sondern als vage Schemen, unbestimmbare Körper wie auf beschlagenen Badezimmerspiegeln in der Arbeit und ihrer Aufführung auftauchen. Auch an den Objekten, jenen Türen, Boxen, Rahmen oder Käfigen, bleiben die Spuren der Semiose sichtbar: sie dienen weniger als Bildträger denn als selbst bildhafte Zeichen, die als Scharniere, Schwellen oder Achsen auch nicht einfach in den Raum ausgreifen, sondern gleichzeitig über ihn hinausweisen oder darin wieder verschwinden.
Aribert von Ostrowski lebt und arbeitet in Berlin.

Informationen: http://www.bleich-rossi.at/
 
zurück