Urteil: Immaterieller Schadenersatz nach Datenschutzgesetz   

erstellt am
17. 03. 08

Der VKI klagte – im Auftrag des BMSK - einen Wirtschaftsauskunftsdienst auf immateriellen Schadenersatz nach dem Datenschutzgesetz und bekam Recht.
Wien (vki) - In der Datenbank eines Wirtschaftsauskunftsdienstes befand sich eine Eintragung über einen Konsumenten, wonach gegen diesen eine Forderung von € 100,00 außergerichtlich von einem Inkassobüro betrieben wird. Diese Forderung über einen "Unkostenbeitrag" für Abfallbeseitigung stammt von einer Vorschreibung eines Überwachungsunternehmens von Müllplätzen. Der Konsument habe Müll neben den Containern abgelegt. Diese Forderung hatte der Konsument bereits im Vorfeld gegenüber dem betreibenden Inkassobüro bestritten und auch nicht bezahlt.

Als der Konsument für seinen Sohn einen Handyvertrag abschließen wollte, wurde der Vertragsabschluss mit der Begründung des negativen Eintrages in der Datenbank von Deltavista abgelehnt.

Im Auftrag des BMSK hat der VKI in der Folge eine Klage auf Schadenersatz gemäß § 33 DSG in der Höhe von € 750,00 eingebracht.

Das Erstgericht gab dem VKI Recht führte dazu aus:
Die Beklagte betreibt einen Wirtschaftsauskunftsdienst über Kreditverhältnisse gemäß § 152 GewO, dh sie führt eine Datenbank mit Adress- und Zahlungsverhaltensdaten, die sie ihren Kunden (vorwiegend aus dem Telekom-Bereich, dem Versandhandel und aus der kreditgewährenden Wirtschaft) über eine Internetplattform mit Benutzername und Passwort zur Verfügung stellt. Die Daten bezieht die Beklagte aus öffentlichen Quellen und von kooperierenden Partnern wie zum Beispiel Inkassobüros. Bei einem Vertragsabschluss bestätigt der Kunde entsprechend den AGB der Beklagten, dass er Abfragen aus der Datenbank nur hinsichtlich solcher Personen vornehmen wird, hinsichtlich derer er ein berechtigtes Interesse hat, und, dass Abfragen nur von den dazu berechtigten Mitarbeitern durchgeführt werden.

Gemäß § 33 Abs 1 DSG hat der Auftraggeber, der Daten schuldhaft entgegen den Bestimmungen des DSG verwendet, dem Betroffenen den erlittenen Schaden nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zu ersetzen. Werden durch die öffentlich zugängliche Verwendung der in § 18 Abs 2 Z 1 bis 3 DSG genannten Datenarten schutzwürdige Gemeinhaltungsinteressen eines Betroffenen in einer Weise verletzt, die einer Eignung zur Bloßstellung gemäß § 7 Abs 1 MedienG gleichkommt, so gilt diese Bestimmung auch in Fällen, in welchen die öffentlich zugängliche Verwendung nicht in Form der Veröffentlichung in einem Medium geschieht. Der Anspruch auf angemessene Entschädigung für die erlittene Kränkung ist gegen den Auftraggeber der Datenanwendung geltend zu machen. Gemäß § 33 Abs 2 DSG haftet der Auftraggeber und der Dienstleister auch für das Verschulden seiner Leute, soweit deren Tätigkeit für den Schaden ursächlich war.

Nach § 7 MedienG hat der Betroffene Anspruch auf Entschädigung für die erlittene Kränkung im Höchstausmaß von EUR 20.000,00 wenn sein höchstpersönlicher Lebensbereich in einem Medium in einer Weise erörtert oder dargestellt wird, die geeignet ist, ihn in der Öffentlichkeit bloß zu stellen.

Bei den Daten der Beklagten handle es sich um solche, die Auskunft über die Kreditwürdigkeit der Betroffenen geben sollen, also um solche, die von § 18 Abs 2 Z 3 DSG erfasst sind.

Der Konsument wurde nicht gemäß § 6 Abs 1 Z 1 DSG über die Aufnahme der Daten benachrichtigt, weswegen die Eintragung in die Datenbank rechtswidrig erfolgte (siehe 6 Ob 275/05t).

Die Aufnahme der Daten sei der Beklagten auch subjektiv vorwerfbar, weil der Konsument die Berechtigung der Forderung, die nicht auf Vertrag beruhe, bereits gegenüber dem Inkassobüro dem Grunde nach bestritten habe. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass die Nichtbezahlung dieser Forderung nicht geeignet sei, über die Kreditwürdigkeit des Konsumenten Auskunft zu geben. Das Verhalten des Inkassobüros als ständiger Geschäftspartner der Beklagten sei dieser gemäß § 33 Abs 2 DSG auch zurechenbar.

Die Datenbank der Beklagten sei auch eine öffentlich zugängliche Datei, da sie einem nicht im Vorhinein bestimmten, nach außen nicht begrenzten Personenkreis bei einem "berechtigten Interesse" zugänglich sei.

Das Geheimhaltungsinteresse des Konsumenten als geschäftsführender Gesellschafter einer Unternehmensberatung sei gegeben. Das Geheimhaltungsinteresse sei jedenfalls so lange schutzwürdig, als nicht eine durch das DSG erlaubte und nach dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechende Datenverwendung erfolge.

Insbesondere aufgrund der beruflichen Tätigkeit des Konsumenten sei die gesetzwidrige Aufnahme der Daten geeignet, ihn in der Öffentlichkeit bloß zu stellen. Der Anspruch auf immateriellen Schadenersatz sei daher dem Grunde nach gegeben.

Bei der Bestimmung der Höhe des Schadenersatzanspruches sei auf den Umfang und die Auswirkungen der Datenanwendungen Bedacht zu nehmen. Die Forderung der Nichtzahlung eines "Unkostenbeitrages" für die Abfallbeseitigung beruhe nicht auf einem Vertrag, weswegen ihr keine Aussagekraft in Bezug auf die Kreditwürdigkeit und das Zahlungsverhalten des Konsumenten zukomme. Da daher damit dem Interesse der Wirtschaft an kreditrelevanten Daten künftiger Vertragspartner nicht gedient sei, sei sie in besonderem Maße vorwerfbar. Eine solche Eintragung sei geeignet, das berufliche Fortkommen zu gefährden oder zu beeinträchtigen, weil potenzielle Geschäftspartner mit Sicherheit Personen, deren Kreditwürdigkeit in Frage steht, meiden würden. Insgesamt sei der Anspruch auch der Höhe nach berechtigt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
LGZ Wien 15.02.2008, 53 Cg 106/07h
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Klagevertreter: Dr. Thomas Höhne
 
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