Auftraggeberhaftung am Bau beschlossen  

erstellt am
09. 04. 08

 Buchinger: "Sozialpolitischer Meilenstein
Weiterer wichtiger Schritt im Kampf gegen Sozialbetrug - Dank an Sozialpartner
Wien (sk) - Als "weiteren wichtigen Schritt in der Sozialbetrugsbekämpfung" und "sozialpolitischen Meilenstein" bezeichnete Sozialminister Erwin Buchinger die am 09.04. im Ministerrat beschlossene Auftraggeberhaftung im Bauwesen. Es gehe bei der Auftraggeberhaftung nicht darum, eine Branche zu diskreditieren, betonte Buchinger. Im Gegenteil, die Wirtschaftskammer und ihre inhaltlich betroffenen Sparten hätten sehr konstruktiv an der neuen Regelung mitgearbeitet und seien selbst höchst interessiert daran, unredlichen Schein- und Mantelfirmen das Arbeiten zu erschweren, so der Minister, der sich bei den Sozialpartnern ausdrücklich für die Zusammenarbeit bedankte.

Mit der bereits im Jahr 2007 beschlossenen und seit 1.1.2008 in Kraft befindlichen Anmeldung zur Sozialversicherung vor Arbeitsbeginn ist die erste neue Maßnahme umgesetzt worden. Die Auftraggeberhaftung im Bauwesen wird nun ergänzend dafür sorgen, dass den Sozialversicherungsträgern nicht mehr so viele Beiträge durch betrügerische Handlungen entgehen. Die Auftraggeberhaftung soll ab 1.1.2009 gelten. Sollte der Hauptverband bis dahin die technischen Voraussetzungen nicht bereitstellen können, verschiebt sich das Inkrafttreten entsprechend.

Ähnlich wie beim Reverse-Charge-System bei der Umsatzsteuer wird der Auftraggeber einer Bauleistung (sofern es sich um eine Firma handelt, die selbst einen Bauauftrag abwickelt - Privatpersonen sind ausgenommen) für die Sozialversicherungsbeiträge in die Pflicht genommen. In der Regel ist das ein Generalunternehmer, der einen Bauauftrag angenommen hat, jedoch die einzelnen Leistungen (Erdarbeiten, Elektro-, Klima- und Sanitärinstallationen, Dachdeckerarbeiten, Trockenbau etc.) weiter vergibt. Grundsätzlich gilt, dass der Auftraggeber mit 20 Prozent des Werklohns dafür haftet, dass der Auftragnehmer die für dessen Dienstnehmer anfallenden Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß entrichtet.

Von dieser Haftung kann der Auftraggeber sich befreien, wenn er bei Bezahlung des Werklohnes gleich 20 Prozent dem Dienstleistungszentrum überweist und nur 80 Prozent dem Auftragnehmer selbst. Das Dienstleistungszentrum teilt das erhaltene Geld auf die Beitragskonten des Auftragnehmers auf. Sollte mehr Geld einlangen, als der Auftragnehmer der Sozialversicherung schuldet, kann er im Folgemonat unkompliziert die Auszahlung der Differenz durch die Sozialversicherung beantragen.

Die Haftung wird ebenfalls nicht schlagend, wenn sich der Auftraggeber eines Unternehmens aus der sogenannten Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Gesamtliste), die von der Sozialversicherung geführt wird, bedient. Aufgenommen in diese Liste werden Unternehmen, die keine Beitragsrückstände haben, seit mindestens drei Jahren aktiv Bauaufträge abwickeln und sich nichts zu Schulden kommen haben lassen.

Das den Auftrag erteilende Unternehmen hat drei Wahlmöglichkeiten: Ein unbedenkliches Unternehmen zu beauftragen, dem Auftragnehmer nur 80 Prozent des Werklohnes zu überweisen und 20 Prozent direkt an die Sozialversicherung zu zahlen, oder das Risiko einzugehen, mit 20 Prozent der Auftragssumme für allenfalls nicht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge des Auftragnehmers zu haften. Somit handelt es sich um eine effiziente Maßnahme, die gleichzeitig die ordentlich wirtschaftenden Firmen nur geringfügig belastet. Zuständig für die Abwicklung wird ein Dienstleistungszentrum sein, das von der Wiener Gebietskrankenkasse für alle SV-Träger eingerichtet wird.

 

Bundesregierung setzt Sozialpartnereinigung um
Auftraggeberhaftung soll fairen Wettbewerb in der Baubranche sicherstellen
Wien (pwk) - Im Ministerrat wurde am 09.04. die sogenannte "Auftraggeberhaftung" beschlossen. Damit wurde der Vorschlag der Sozialpartner vom Herbst 2007 umgesetzt, womit ein fairer Wettbewerb in der Baubranche sichergestellt wird. Bisher tauchten am Bau immer wieder Subunternehmen auf, welche die Arbeitnehmer zwar bei der Sozialversicherung anmelden, aber nie Beiträge oder Steuern bezahlen. Werden diese Subunternehmen dann etwa von der Krankenkasse in den Konkurs "geschickt", entstehen sie unter anderem Namen neu.

"Für alle Betriebe soll es künftig die gleichen, fairen Bedingungen geben", so WKÖ-Präsident Christoph Leitl. Der WKÖ-Präsident betont, dass es nur wenige Unternehmen waren, die sich betrügerischer Methoden bedienten und damit das Image der ganzen Branche in Mitleidenschaft gezogen haben. Leitl: "Schwarze Schafe werden nicht gedeckt und die 99 Prozent der seriösen Betriebe erleiden keinen Wettbewerbsnachteil durch Dumpingpreise mehr. Das Motto heißt: 'Sauber am Bau'.

"Da die EU noch immer nach einer Lösung für das Problem des Sozialbetrugs sucht, empfiehlt der WKÖ-Präsident das österreichische Modell zur Nachahmung auf EU-Ebene. Leitl: "Wir haben ein gutes Beispiel zur Problemlösung." Die neue Auftraggeberhaftung soll auch einen Beitrag leisten, die finanzielle Stabilität der Krankenversicherungsträger zu verbessern, indem Beitragseinnahmenausfälle aus Sozialbetrug zukünftig deutlich reduziert werden soll.

Die neue Auftraggeberhaftung soll für alle Bauleistungen gelten. Es wird ein Sonderhaftungstatbestand im ASVG eingeführt. Auftraggeber haften demnach grundsätzlich für Beitragsrückstände ihrer Auftragnehmer in der Höhe von 20% des geleisteten Werklohnes. Im Regelfall soll jedoch der Haftungstatbestand nicht zum Tragen kommen, weil ein Auftrag an ein vertrauenswürdiges Unternehmen - das seine Abgaben in den vergangenen drei Jahren ordnungsgemäß entrichtet hat - haftungsbefreiend wirkt. Eine tagesaktuelle elektronische Liste der haftungsfreistellenden Unternehmen wird bei der Sozialversicherung geführt.

Bundesinnung Bau und Fachverband der Bauindustrie begrüßen die Regelung unter dem Aspekt der Wettbewerbsgleichheit und des Schutzes von seriösen Unternehmen gegenüber Schwindelfirmen. Gleichzeitig wird von der Sozialversicherung eine unkomplizierte und unbürokratische Umsetzung gefordert.

 

 Tumpel: Endlich Schluss mit Sozialbetrug am Bau
Die neue Regelung sieht vor, dass die Auftraggeber die Haftung auf zwei Arten abwenden können
Wien (ak) -
"Endlich ist Schluss mit dem organisierten Sozialbetrug am Bau", lobt AK Präsident Herbert Tumpel den Beschluss des Ministerrats über die Auftraggeberhaftung in der Baubranche. Immer wieder kam es vor, dass Aufträge an andere Unternehmen weitergegeben wurden, die dann zwar ihre ArbeitnehmerInnen bei der Krankenkasse angemeldet haben, aber nie Beiträge oder Steuern und oft auch ihren Arbeitnehmern kein Entgelt bezahlt haben. Der Schaden, der durch diese "Machenschaften entstanden ist, geht in die Millionen. Gelder, die den Arbeitnehmern, dem Sozial- und dem Steuersystem entgangen sind. Angesichts der aktuellen Diskussion um die Sanierung des Gesundheitswesens ist jeder Euro, der in die Krankenkassen fließt, wichtig ", sagt Tumpel.

Im Jahr 2007 wurden allein in Wien rund 190 Betriebe aus der Bauwirtschaft insolvent, bundesweit über 420 - die meisten davon waren Schwindelfirmen. In Wien erhielten rund 4.500 ArbeitnehmerInnen der Bauwirtschaft in Summe 16 Millionen Euro aus dem Insolvenz Ausfallgeld Fonds, bundesweit waren es mehr als 7.300 ArbeitnehmerInnen, die 30 Millionen Euro vom Fonds erhielten. Den seriösen Unternehmen steht somit eine nicht unerhebliche Zahl von Betrieben gegenüber, bei denen sich im Zuge der Bearbeitung der Verdacht ergab, dass Sozialmissbrauch vorliegt (GeschäftsführerInnen nicht greifbar, keine Firmenunterlagen etc.), wodurch der Sozialversicherung in den vergangenen Jahren Beitragseinnahmen in Millionenhöhe entgingen und die ohnehin schwierige Finanzsituation der Krankenversicherungsträger zusätzlich beeinträchtigt wurde.

Die jetzt beschlossenen Bestimmungen stellen somit eine längst fällige und adäquate Reaktion auf Machenschaften dar, die seit Jahren mit großem Schaden für die Sozialversicherungsträger praktiziert werden. Ziel der Regelung ist es, Unternehmen, die Bauleistungen nicht selbst erbringen, sondern an Subunternehmen weitergeben, zu veranlassen, auf die Seriosität ihrer Auftragnehmer zu achten.

Die neue Regelung sieht vor, dass die Auftraggeber die Haftung auf zwei Arten abwenden können: Entweder liegt zum Zeitpunkt der Zahlung eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Gebietskrankenkasse vor, die bestätigt, dass die beauftragte Firma in den letzten drei Jahren seriös gearbeitet hat, oder der Auftraggeber überweist 20 Prozent des Werklohnes nicht an das beauftragte Unternehmen, sondern an die Sozialversicherung. Die gewählte Haftungskonstruktion gibt dem Auftrag gebenden Unternehmen somit eine breite Palette an Möglichkeiten, die Haftung abzuwenden, und ist somit verhältnismäßig.

Die Regelung führt zu keinen Nachteilen für Subunternehmen, die sich legal verhalten, da ihnen zum einen ein Rechtsanspruch auf Auszahlung von Guthaben eingeräumt wird und zum anderen etwaige überwiesenen Haftungsbeträge mit Forderungen der Krankenversicherungsträger gegengerechnet werden. Durch die Auftraggeberhaftung wird die Anzahl der Subunternehmen, die ihren Beitragspflichten gegenüber der Sozialversicherung nicht nachkommen, sinken.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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