Moderne Baukultur – Vision oder Notwendigkeit?   

erstellt am
08. 04. 08

7. Veranstaltung unter dem Motto "Bürgermeisterfrühstück" in St. Johann im Pongau
Salzburg (lk) - Zur bereits 7. Veranstaltung unter dem Motto "Bürgermeisterfrühstück" lud Bürgermeister Günther Mitterer in das Kongresszentrum der Stadtgemeinde St. Johann im Pongau. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit den Gemeinden St. Johann, Bischofshofen und Schwarzach sowie der Werbeplattform SBS durchgeführt und war wieder ein voller Erfolg. Rund 35 Teilnehmer, darunter Bürgermeister, Planer, Experten und Wirtschaftstreibende, diskutierten am Vormittag über zeitgemäßes Bauen in den Gemeinden unter dem einstimmigen Tenor, dass Baukultur vor allem eine Gesprächskultur benötigt. Die Veranstaltung geht auf eine Initiative des Fachbeirates Architektur des Landeskulturbeirates Salzburg zurück.

Den Auftakt der Veranstaltung bildete ein Impulsreferat vom Halleiner Architekten Dipl.-Ing. Karl Thalmeier, der über die Themen Wettbewerbe und Gestaltungsbeiräte als qualitätssichernde Maßnahmen im Planungsverfahren referierte. Er berichtete über zwei Projekte, die sein Büro im Wettbewerbsverfahren für sich entscheiden konnte – den Schulzubau in St. Johann und den Schulneubau in Bad Hofgastein – sowie über den jüngst zu Ende gegangenen Wettbewerb zum Neubau des Hotels Bellevue in Thumersbach.

Dipl.-Ing. Arch. Alexander Eggerth vom Land Salzburg führte als Moderator durch den Vormittag. Unter anderem wurden dabei die Möglichkeiten der unterschiedlichen Wettbewerbsverfahren – offene, geladene, ein- oder mehrstufige Verfahren – insbesondere aber die nachweislichen Vorteile von Wettbewerbsverfahren zur sicheren Qualitätsfindung diskutiert. Sowohl die Architektenschaft als auch die Bürgermeister plädierten für faire Verfahren und es herrschte Einvernehmen über die dringende Notwendigkeit, die Wettbewerbskultur in unserem Land zu stärken, um auch jungen Architekt/innen die Zugänge bzw. eine Teilnahme an Wettbewerbsverfahren zu sichern. Da es durch offene Verfahren zu einer größeren Bandbreite von Ideen kommt, die zum Vorteil der Bauwerber sind, und dadurch differenzierte Projektentwürfe für die gleiche Vorgabe erstellt werden, ist der "Wettbewerb" ein wichtiges Instrument zur optimalen Lösungsfindung.

Neues ROG als ein zentraler Diskussionspunkt
Ein weiteres Thema war das neue ROG. Hier sollte vor allem der Grünlandverbrauch berücksichtigt werden. Erörtert wurden die Baulandmobilisierung sowie die Thematik gemeindeübergreifender Gewerbegebiete. Des Weiteren wurde eingefordert, dass für einzelne Orte eine eigene Identität erhalten bleiben muss. Baumeister Dipl.-Ing. Hartmut Spiluttini sprach davon, dass bereits vor knapp 100 Jahren der heutige Baustil bei uns Anwendung fand und daraus eine Bautradition abgeleitet werden könne, die nur durch die Kriegsphase stark beeinträchtigt wurde und erst heute schön langsam überwunden wird. Max Aichhorn, Bürgermeister von Kleinarl, sah das revolutionierende neue Bauen durchaus kritisch und sprach sich auch gegen das Flachdach und klare Kuben aus. Wie in jedem "Bürgermeisterfrühstück" wurde auch in St. Johann wieder über die Dachform und Dachneigung hitzig diskutiert.

Der Gemeindeamtsleiter von Goldegg war der Ansicht, dass Bauämter nur mehr mit Architekten betraut werden sollten und Gemeinden auf eine verantwortungsvolle Besetzung des Bauamts achten müssten, da dieser Posten einen sensiblen Umgang in Hinblick auf die Gestaltung unserer Umwelt erfordere. Verwiesen wurde in der Diskussion auch auf den Unterschied von Qualität und Geschmack. Die Frage stand im Raum: Was ist gute Architektur? In diesem Zusammenhang wurde von Proportionen, Materialien und landschaftsgerechtem Bauen sowie der adäquaten Einfügung in das Umland, dem notwendigen Maß an Individualität und der Anknüpfung an Traditionen sowie ökologischen Erfordernissen gesprochen. Die Kreativität der Architekt/innen in unserem Land könne zur Erfüllung all dieser wichtigen Qualitätskreterin beitragen.

Ein Vertreter der Landwirtschaftskammer Salzburg berichtete, dass derzeit Zahlen kolportiert werden, die eine Versiegelung einer 30 Hektar großen Fläche pro Tag in unserem Land bestätigen. Weiters wurde auch auf die Problematik der Zweitwohnsitze hingewiesen. Hier wurden die Teilnehmer angehalten – vor allem auch die teilnehmenden Bürgermeister – durchaus bei der Neugestaltung des ROG mitzuwirken. Baudirektor Dipl.-Ing. Nagl verwies auf die zahlreichen Sachverständigendienste seiner Mitarbeiter/innen und hob die Eigenverantwortung als Bauherr, insbesondere hinsichtlich der detaillierten Vorgabenfindung für den Entwurfsprozess und die notwendige Abstimmung mit finanziellen Möglichkeiten zur Kostensicherung, hervor. Man sollte neue Architektur nicht fürchten, sondern fördern und auch umsetzen. Er plädierte für ein entsprechend gutes Wettbewerbswesen im Land Salzburg und versicherte seine Unterstützung.

Die Teilnehmer waren nach einer dreistündigen Diskussion sehr zufrieden mit den gewonnenen Eindrücken und einig darüber, dass es weitere Gespräche geben muss. Geplant ist bereits ein "8. Bürgermeisterfrühstück" noch vor der Sommerpause. Interessierte Gemeinden sind eingeladen, mit dem Fachbeirat Architektur in Kontakt zu treten, um einerseits die Beratungstätigkeit in Anspruch zu nehmen oder um in Zukunft auch in ihrer Gemeinde ein Bürgermeisterfrühstück veranstalten zu können.

Nähere Information gibt es beim Fachbeirat Architektur Land Salzburg (Salzburger Landeskulturbeirat, Postfach 527, 5020 Salzburg, kultur@salzburg.gv.at. Vorsitzender des Fachbeirates Architektur: Architekt Dipl.-Ing. Simon Speigner).
 
zurück