Vizekanzler ÖVP-Obmann Molterer in der ORF-"Pressestunde"  

erstellt am
21. 04. 08

 Molterer: ÖVP hat Heft in die Hand genommen - Arbeit für Österreich ist der bessere Weg
Steuerentlastung: Ziel, Menschen drei Milliarden Euro an Steuerlast abnehmen
Wien (övp-pd) - "Die ÖVP hat das Heft in die Hand genommen und einen Beitrag dazu geleistet, die Koalition zu retten. Für Neuwahlen hätten die Menschen zu Recht kein Verständnis gehabt, die Arbeit für Österreich ist der klar bessere Weg", so ÖVP- Bundesparteiobmann Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer in der ORF- "Pressestunde" zu den Schwierigkeiten der Koalition in der Zeit vor Ostern. Die Strategie der Gusenbauer-Berater sei "nach hinten losgegangen" und habe Gusenbauer "nicht gut getan, so macht man das nicht. Wir sind gewählt worden, um für Österreich zu arbeiten, der Wahlkampf findet erst 2010 statt". Jetzt stehe der "partnerschaftliche Weg" im Vordergrund der Zusammenarbeit: "Die Verantwortung für das Ganze hat den Ausschlag dazu gegeben."

Bei der Steuerreform sei "die Entlastung das Ziel, wir wollen den Menschen drei Milliarden Euro an Steuerlast abnehmen". Vorrangig sei dabei die Entlastung des Mittelstandes, der Leistungsträger sowie der Familien. "Der Mittelstand sind alle, die Lohn- und Einkommenssteuer bezahlen aber auch die Leistungsträger. Wir brauchen die besten Köpfe für das Land", so der Finanzminister. Für den Bereich Familie kündigte Molterer ein "Familien-Splitting österreichischen Zuschnitts" an: "Wir denken ein Mischsystem aus Freibeträgen und der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuung an. Wer heute ‚Ja' zu Kindern sagt und bereit ist, sein Einkommen auf eine Familie aufzuteilen, muss entlastet werden." Außerdem dürfe es zu keiner Barriere für berufstätige Frauen kommen.

"Der Faktor Arbeit darf nicht weiter belastet werden und ich möchte, dass wir keine Leistungskürzungen machen müssen", so Molterer weiter. Das österreichische Gesundheitssystem sei "eines der besten weltweit". Dieses sei "uns etwas wert" und müsse erhalten bleiben. Wenn es bei der Finanzierung notwendig sei - aber erst nach Ausschöpfung sämtlicher Einsparungsmöglichkeiten - dann komme es zu "einer Ergänzung" in Form der Vermögenszuwachssteuer. Die Ausnahmen seien aber klar definiert: "Grund und Boden, Eigenheim und die Altersvorsorge", so Molterer.

In Sachen steigende Preise und Inflation müsse der Hebel an den zentralen Stellen angesetzt werden: "Wir bekämpfen die Inflation an der Wurzel, Stichwort Gebührenstopp. Die Länder und Gemeinden müssen uns hier folgen", so Molterer, der sich dafür aussprach, "nachhaltig und dauerhaft" zu helfen. Eine Einmalzahlung sei der falsche Ansatzpunkt, "es klingt nur gut, hilft aber nicht wirklich". Der Weg der ÖVP sei es, "die kleineren Einkommen auf Dauer zu entlasten", ebenso werde bei den Pensionisten "die Erhöhung um zwei Monate vorgezogen".

Befragt zur Kritik des Rechnungshofes an Verteidigungsminister Darabos wegen des Eurofighter-Deals betonte Molterer unmissverständlich: "Der Vergleich wurde von Darabos abgeschlossen. Es stellen sich drei Fragen: 1. Hat die Sicherheit gelitten? 2. Hat die Wirtschaft verloren - Stichwort Verlust von 500 Millionen Euro an Gegengeschäften? 3. Wurde der Deal am Ende nicht sogar teurer als die ursprüngliche Entscheidung? Ich war informiert über den Abschluss des Vergleiches, war aber nie in die Verhandlungen mit einbezogen."

Vor einem Jahr übernahm Molterer die Funktion des ÖVP- Bundesparteiobmannes. In seiner Bilanz blickte Molterer auf eine "selbstbewusste ÖVP, die die Politik bestimmt und Wahlen gewinnt" zurück. Die ÖVP habe "essenzielle Weichenstellungen vorgenommen" - etwa im Bildungs- und Sozialbereich. Zudem gebe es "neue Persönlichkeiten und Köpfe in der ÖVP, neue Themen wurden etabliert: die Kinderbetreuung unter drei Jahren wird Wirklichkeit, Wählen mit 16 Jahren wird ebenfalls Wirklichkeit". Keinen Zweifel ließ Molterer offen, wer die ÖVP in die nächste Nationalratswahl führen wird: "Ja, ich werde in die Wahl gehen."

Zum Thema U-Ausschuss meinte Molterer: Bei den an die Öffentlichkeit gespielten Akten im Fall Kampusch gehe ihm "das Geimpfte auf". Nichts sei wichtiger als der Schutz der Intimsphäre einer Person. Es sei "eine Zumutung, was mit Frau Kampusch passiert". Daher sei der Vorschlag von Innenminister Platter zu unterstützen, dass von Ex-Rechnungshofpräsident Fiedler und dem Chef der Finanzprokuratur eine "Vorbegutachtung" der Daten durchgeführt werde.

Molterer setzt sich dafür ein, eine Schiedsstelle für die Arbeit in den Ausschüssen in der Verfassung zu verankern. Ein Richter solle in dieser Schiedsstelle den Vorsitz innehaben, "und nicht ein Parteipolitiker", so Molterer und dazu den Fahrplan im U- Ausschuss ergänzend: "Jetzt aufklären, gleichzeitig den Schutz der Persönlichkeitsrechte gewährleisten, Einsetzen einer Schiedsstelle und dann sollte der Ausschuss seine Arbeit abschließen."

 

 Kalina: Perestroika in der ÖVP vorbei, SPÖ bedauert den Rückzug Molterers in die Vergangenheit sehr
Werden das Land aber nicht dem Stillstand preisgeben, sondern die ÖVP in die österreichische Zukunft mitnehmen
Wien (sk) - Die ÖVP scheint bei manchen für Österreich wichtigen Themen teilweise um Jahrzehnte zurückgefallen zu sein, erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina am 19.04. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst zu einigen zentralen Aussagen Vizekanzler Molterers in der ORF-Pressestunde. In der Familienpolitik träume die ÖVP von der Rückkehr der 60er- Jahre, die moderne Individualbesteuerung wurde bekanntlich 1972 unter Kreisky eingeführt. Ein Familiensplitting dagegen helfe nur Alleinverdienern mit hohem Einkommen, die Frau werde zurück an den Herd gedrängt. "Das wird es mit der SPÖ nicht geben", versicherte Kalina. "Ich bedauere den Rückzug der ÖVP in die Vergangenheit sehr, was sich auch bei Molterers Positionen beim U-Ausschuss, bei den Steuergeschenken für Top-Verdiener oder bei der Eingetragenen Partnerschaft zeigt", so Kalina. Zum Thema Eurofighter verwies Kalina auf die demnächst eintreffenden 250 Millionen Euro, die aus den von Verteidigungsminister Norbert Darabos erzielten Einsparungen resultieren.

"Die zaghaften Versuche der Parteiöffnung sind beendet worden, die modernen Außenseiter in der ÖVP sind leider allein geblieben", zeigt sich Kalina enttäuscht. "Mit fadenscheinigen Gründen wehrt sich Molterer gegen die Kontrolle des möglichen Machtmissbrauchs durch die ÖVP. Auch beim Thema Eingetragene Partnerschaft sind die Mutigen in der ÖVP offenbar wieder zurückgepfiffen worden. Die ÖVP ist leider hinter die eigenen Positionen zurückgefallen. Das kleine Pflänzchen der Perestroika in der ÖVP ist wieder vertrocknet", kritisiert Kalina. Das "Ich bin nicht bunt" Molterers in der Pressestunde sei hoffentlich nicht als Drohung zu verstehen, Österreich wolle nicht in ein farbloses, graues Zeitalter zurück. "Die ÖVP wäre gut beraten, weniger schwarz und grau zu sehen. Wir, die Sozialdemokraten, werden das Land aber nicht dem Stillstand preisgeben, sondern die ÖVP in die österreichische Zukunft mitnehmen. Das wird ein hartes Stück Arbeit, aber wir sind bereit, diese Arbeit für das Land und seine Bevölkerung zu machen", versichert der SPÖ-Bundesgeschäftsführer.

Zum Thema Eurofighter schickt Kalina voraus, dass "jeder Euro, der für diese sinnlose Anschaffung ausgegeben wurde, ein verschwendeter Euro ist, der auf das Konto der ÖVP und ihrer Helfershelfer bei Blau und Orange geht." Die SPÖ und Verteidigungsminister Norbert Darabos hätten die Kampfflieger bedauerlicherweise nicht mehr abbestellen konnten. Allerdings habe nun auch der Rechnungshof als unabhängige Instanz laut ersten Medienberichten in seinem Rohbericht zum Eurofighter-Vergleich die von Darabos erzielten Einsparungen bestätigt. Kalina rät der ÖVP und Molterer, ihre Blockade aufzugeben und diesen Erfolg endlich zu akzeptieren. "Gerade der Finanzminister wird sich noch darüber freuen, wenn ihm zwischen Herbst 2008 und Frühjahr 2009 zur Budgeterstellung mit 250 Millionen Euro ein Teil dieser Einsparungen zur Verfügung stehen. Diese eingesparten Gelder können dann beispielsweise im Bildungs- oder Sozialbereich verwendet werden", sagte Kalina.

 

 Rossmann: SPÖ und ÖVP meilenweit von fairer Entlastung entfernt
Regierung streitet in Wirklichkeit weiter - "Fällt die SPÖ wieder um?"
Wien (grüne) - "In Kernfragen gibt es keine gemeinsame Position der Regierungsparteien: Wer soll wirklich in welchem Ausmaß entlastet werden? Wie sieht Vermögenszuwachssteuer konkret aus? Was ist mit dem von der ÖVP so forcierten Familiensplitting? Und: Fällt die SPÖ wieder um?", analysiert der Budget- und Finanzsprecher der Grünen, Bruno Rossmann die Lage im Vorfeld der Verhandlungen der Steuerreformkommission. So fordere die ÖVP bei der Vermögenszuwachssteuer bereits jetzt massiv Ausnahmeregelungen. "Hier steht zu befürchten, dass am Ende von dieser Steuer nichts mehr übrig bleibt", so Rossmann. "Die ÖVP will vor allem die oberen Einkommen entlasten. Offenbar werden jene ausgespart, die keine Lohnsteuer zahlen, als ob man dort keine Entlastungen umsetzen könnte und müsste", erklärte der Budget- und Finanzsprecher der Grünen. "Molterer hat sich bereits wieder zum Anwalt der Bestverdiener gemacht, indem er den Vorschlag der Grünen, die Begünstigungen für das 13. und 14. Monatsgehalt für die Spitzenverdiener des Landes abzuschaffen, vehement ablehnte. Offenbar müssen die obersten 50.000 für die ÖVP keinen fairen Beitrag leisten, damit wichtige Vorhaben wie Gratiskindergarten, Bildungsinvestitionen, Umweltinvestitionen und Pflegevorsorge umgesetzt werden. Das hat mit christlich-sozial nichts zu tun, das ist Politik für die Reichen und Superreichen."

 

 Strache: Molterer beweist einmal mehr Arroganz der Macht
Unverschämte Aussagen über Fichtenbauer - FPÖ verlangt sofortige Steuerentlastung
Wien (fpd) - Vizekanzler Molterer habe einmal mehr gezeigt, dass die ÖVP auch hinkünftig nicht vorhabe, von ihrer Arroganz der Macht abzuweichen, meinte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache zur ORF-Pressestunde. Die Aussagen des ÖVP-Obmanns zum Untersuchungsausschuss seien völlig inakzeptabel gewesen. Es sei geradezu abenteuerlich und eine Unverschämtheit, wenn Molterer die Objektivität des engagierten Ausschussvorsitzenden Peter Fichtenbauer in Zweifel ziehe. Die ÖVP boykottiere den Ausschuss, wo es nur gehe, und zwar in einer absolut letztklassigen Form, und versuche jedwede Aufklärung zu verhindern. Offenbar betrachte sie das Parlament und das Innenministerium als Privatbesitz und finde es empörend, wenn die Nationalratsabgeordneten ihre Kontrollrechte wahrnehmen würden. Strache verwies in diesem Zusammenhang auch auf den von der FPÖ geplanten Misstrauensantrag gegen Innenminister Platter.

Was das Familiensteuersplitting betreffe, könne man dies sofort umsetzen. Überhaupt gebe es keinen Grund, mit der Steuerreform bis 2010 zuzuwarten, betonte Strache, der die freiheitliche Forderung nach einer sofortigen Steuerreform bekräftigte. Die Menschen würden immer mehr unter den Teuerungen leiden. Als Soforthilfe könnte man etwa die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Medikamente, Benzin, Heizöl und Strom halbieren. Das wäre eine Maßnahme, die jeder sofort spüre und jeden entlaste, quer durch alle Gesellschaftsschichten, und auch den Familien sofort und effektiv helfe wie auch den über 200.000 alleinerziehenden Müttern, die zu den Ärmsten unserer Gesellschaft gehören würden, führte Strache weiter aus. Aber dazu fehle Molterer der gestalterische Wille und die Durchsetzungskraft.

 

 Westenthaler: ÖVP will weiter schwarzen Innenministeriumsskandal zudecken!
BZÖ fordert Übermittlung der BIA-Spitzelakten - BZÖ-Chef für sofortige Lohn- und Einkommenssteuersenkung
Wien (bzö) - Der BZÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, BZÖ-Chef Klubobmann Peter Westenthaler, stellte in einer Reaktion auf die Aussagen von ÖVP-Chef Molterer in der ORF-Pressestunde fest, dass die ÖVP offensichtlich weiter nicht gewillt sei, dem Untersuchungsausschuss wichtige Unterlagen zu übermitteln. "Es ist politisch widerlich, dass die ÖVP jetzt versucht, die Causa Kampusch zum Vorwand zu nehmen, um weiterhin den schwarzen Skandal von Postenschacher und Machtmissbrauch im Innenministerium zuzudecken", kritisierte Westenthaler.

Westenthaler forderte, dass die Akten bezüglich des schwarzen Spitzeldienstes "Büro für interne Angelegenheiten" (BIA) sofort vom Innenministerium übermittelt werden müssten, denn dies habe nichts mit der Causa Kampusch zu tun. "Gerade in diesem Bereich geht es um den Schutz von Persönlichkeits- und Grundrechten, da offenbar schuldlose Menschen von der schwarzen Spitzelpolizei überwacht wurden", betonte der BZÖ-Chef.

Als interessant wertete Westenthaler die Aussage Molterers, wonach künftig unabhängige Richter in Untersuchungsausschüssen den Vorsitz führen sollen. "Das BZÖ hat dies bereits im Parlament beantragt und die ÖVP hat abgelehnt", erinnerte Westenthaler.

Der BZÖ-Chef forderte eine sofortige Lohn- und Einkommenssteuersenkung zur Entlastung der Bevölkerung. "Wenn ÖVP-Chef Molterer jetzt das BZÖ-Modell der Anhebung der Einkommensgrenzen bei den Steuersätzen andenkt, ist das ein schöner Erfolg. Jetzt gilt es jedoch, diese Maßnahme umzusetzen. Die Menschen stöhnen unter der hohen Steuer- und Preisbelastung. Daher Schluss mit pathetischen Worten a’la Pater Willi. Jetzt sind Politiker gefragt, die anpacken und eine Steuerentlastung umsetzen", so Westenthaler abschließend.
 
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