Beispielloser Inzest-Fall bewegt nicht nur Österreich  

erstellt am
30. 04. 08

Gusenbauer: Gesamte Bundesregierung steht auf der Seite der Opfer
Bild, das in internationalen Medien von Österreich gezeichnet wird, wird diesem Land nicht gerecht
Wien (sk) - Bundeskanzler Alfred Gusenbauer betonte im Pressefoyer vor dem Ministerrat am 30.04., dass die "unfassbaren und entsetzlichen Vorkommnisse in Amstetten im Kernpunkt der Ministerratssitzung stehen werde. "Die Verwerflichkeit und die Schwere des Verbrechens machen sprachlos", drückte Gusenbauer seine Betroffenheit und volle Anteilnahme mit den Opfern aus. "Die gesamte Bundesregierung steht an der Seite der Opfer." Es gelte, alles zu unternehmen, um den Opfern ein möglichst normales Leben zu ermöglichen und die Tatumstände voll aufzuklären. Ein erster Zwischenbericht wird in der Ministerratssitzung erwartet. Bedauern äußerte Gusenbauer über die Berichterstattung in den internationalen Medien. "Es gilt klarzustellen, dass nicht Österreich oder die Österreicher der Täter sind." Um dieser Rufschädigung entgegen zu wirken kündigte der Bundeskanzler an, dass rasch konkrete und geeignete Maßnahmen entwickelt werden.

Gleichzeitig werden alle Minister und Ministerinnen beauftragt sämtliche Rechtsnormen zu überprüfen, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem Verbrechen von Amstetten stehen. Ein Zwischenbericht dazu werde bis zum nächsten Ministerrat erwartet. Gleichzeitig sei an die Minister für Inneres und an die Justizministerin der Auftrag ergangen, sämtliche Behördenstrukturen zu überprüfen, "damit einerseits die rasche und lückenlose Aufklärung möglich ist und andererseits für die Zukunft ein verbessertes Zusammenspiel aller Behördenebenen garantiert wird". Der Bundeskanzler sagte, dass mit der niederösterreichischen Landesregierung sowie dem Bürgermeister von Amstetten Kontakt aufgenommen wurde, um die Frage einer gemeinsamen Unterstützung der Opfer dieses beispiellosen Gewaltverbrechens zu besprechen. Gusenbauer sicherte unbürokratische auch finanzielle Hilfe zu, "damit die Opfer eine Chance auf ein einigermaßen normales Leben haben".

Der Bundeskanzler betonte, dass dem negativen Bild von Österreich, das von den internationalen Meiden im Zusammenhang mit dem Inzest-Fall transportiert wird, entgegen gewirkt werden müsse. "Es gibt keinen Fall Amstetten, es gibt keinen Fall Österreich. Es gibt einen Einzelverbrecher, der eine unfassbare Gewalttat begangen hat und wir werden daher auch alle professionellen Wege nutzen, um dieser internationalen Rufschädigung Österreichs entgegen zu wirken", erklärte Gusenbauer. Denn ein Land, das die Idee der SOS-Kinderdörfer in die Welt getragen hat, könne nicht für die Schandtat eines Einzelnen verantwortlich gemacht werden.

Daher gelte es, "klar zu stellen, dass hier nicht Österreich der Täter ist, oder die Österreicherinnen und Österreicher, sondern, dass es sich um einen unfassbaren Kriminalfall, verursacht durch einen einzelnen Kriminellen handelt". Zweitens müsse auch gegenüber der Weltöffentlichkeit klar gestellt werden, dass alles zur Aufklärung getan wird. "Zum dritten, dass völlig klar ist, dass wir alles unternehmen werden, den Opfern möglichst einen Neustart ins Leben zu ermöglichen, und das mit allen zu Gebote stehenden Mitteln auch tun werden", betonte der Bundeskanzler. Diese Botschaft solle mit all den technischen und professionellen Möglichkeiten, die es gibt, transportiert werden. "Denn der Ruf Österreichs, als ein solidarisches, als ein akzeptiertes, als ein liebenswertes Land, dieser Ruf kann und darf durch einen Einzeltäter nicht auf Spiel gesetzt werden", sagte Gusenbauer.

 

 Molterer: Sprachlosigkeit und tiefe Betroffenheit
Vizekanzler für konkrete Hilfe und Betreuung der Opfer sowie vollständige Aufklärung - richtet Appell an Medien
Wien (övp-pd) - "Die Sprachlosigkeit und tiefe Betroffenheit eint uns mit Millionen Menschen", ging ÖVP- Bundesparteiobmann Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer im Pressefoyer vor dem Ministerrat auf die "dramatische Tragödie" in Amstetten ein. "Es ist unvorstellbar, was diesen Menschen angetan wurde - wir können das nicht begreifen." Als wichtigste Aufgabe sieht Molterer nun die umfassende und konkrete Hilfe und Betreuung der Opfer. "Wir müssen ihnen eine Perspektive für ihr Leben geben. Denn einen Teil ihres Lebens mussten sie in unmenschlicher Art verbringen." Zentral ist für Molterer auch die "vollständige Aufklärung. Hier muss mit der notwenigen Konsequenz und Sorgfalt umgegangen werden."

"Wir müssen uns zum gegebenen Zeitpunkt der zu ziehenden Konsequenzen bewusst sein", fuhr Molterer fort. Er spricht sich gegen eine "voreilige Vorverurteilung und ein voreiliges Fehlurteil" aus. Zu prüfen seien aber auch rechtliche Konsequenzen. Genauso wichtig ist es aus seiner Sicht auch, sich der Frage zu stellen, wie die Gesellschaft mit dieser Situation umgeht. "Die Diskussion über eine wachsame, aufmerksame Gesellschaft ist wichtig. Solidarität bedeutet hin- und nicht wegschauen sowie die Pflicht, sich um den Nachbarn zu kümmern. Das ist das menschliche Antlitz einer Gesellschaft."

"Es ist auch klug, dass Medien sich überlegen, inwieweit einmal festgelegte Selbstregulative, die leider nicht mehr existieren, nicht wiederbelebt werden sollten", sprach Molterer weiters den Presserat an. "Dieser hat gut funktioniert, was die mediale Verantwortung betrifft." Sein Appell an die Medien: "Die Gespräche rasch fortsetzen, damit wir Einrichtungen der Selbstregulierung und Eigenverantwortung haben."

Molterer sieht es auch als zentrale Aufgabe der Bundesregierung, klar zu machen, dass Österreich ein Land mit höchsten Sicherheitsstandards ist, mit höchster menschlicher und sozialer Verantwortung sowie ein Land, das selbstverständlich alles tut, damit derartige Fälle aufgeklärt werden. "Österreich wird sich aber nicht zu einem Fall machen lassen. Denn Österreich ist ein lebens- und liebenswertes Land, dessen Interessen und Ansehen in der Welt von der Bundesregierung mit all den gebotenen Mitteln selbstverständlich auch zu verteidigen ist", stellte Molterer abschließend klar.

 

 Glawischnig: Grüne für Ausweitung der Ermittlungsmethoden
Wien (grüne) - Für eine Ausweitung der Ermittlungsmethoden bei Vermissten plädieren die Grünen im Zuge des Inzest-Falls von Amstetten. So sollen etwa spezielle Ermittlungsgruppen zum Einsatz kommen, wenn es "überhaupt keinen Anhaltspunkt" für das Verschwinden einer Person gibt, die Rechtsgrundlage müsse entsprechend erweitert werden. Das erklärte der Grüne Justizsprecher Albert Steinhauser zusammen mit Vize-Parteichefin Eva Glawischnig.

In der Debatte rund um Strafverschärfungen setzen die Grünen zwar grundsätzlich auf Prävention. Eine Verlängerung von Tilgungs- und Verjährungsfristen für Sexualstraftäter schlossen sie aber heute nicht aus. Auch eine Evaluierung der Strafrahmen durch das Justizministerium bezeichnete Steinhauser als sinnvoll. Glawischnig hat grundsätzlich nichts dagegen, wie sie sagte. Einen entsprechenden Bericht durch das Ministerium erwartet sich Steinhauser bis spätestens Ende des Jahres.

Wichtig ist den Grünen, dass die Diskussion über Strafverschärfungen seriös geführt werde, wie Glawischnig betonte. Höhere Strafrahmen seien zur Steigerung der Sicherheit nämlich grundsätzlich "keine Antwort". Stattdessen müsse die psychologische Betreuung der Täter sowie die Schulung von Pädagoginnen forciert werden, erläuterte sie. Über den Stil der derzeitigen Debatte zum Inzest-Fall in Amstetten zeigten sich die Grünen empört. So sei es "höchst deplatziert", Österreich im Rahmen der Image-Diskussion in einer Opferrolle darzustellen, sagte Glawischnig.

Infrage stellten die beiden auch die Löschung von Straftaten von Sexualstraftätern nach deren Verjährung. So könnte es bei Adoptionen sinnvoll sein, wenn bestimmte Behörden "unter Berücksichtigung hoher Rechtsschutzstandards" Zugang zu diesen Daten erhalten, argumentierte Steinhauser.

Eine "klare Absage" erteilte Glawischnig dem BZÖ-Maßnahmenpaket gegen Sexualstraftäter. So sei etwa der Vorschlag von BZÖ-Chef Peter Westenthaler, Kinder regelmäßig ärztlich auf Missbrauch untersuchen zu lassen, "an Absurdidät" nicht zu überbieten. Sie warnte vor "schwersten Traumatisierungen", die durch die eventuellen physischen Untersuchungen hervorgerufen werden könnten. Den Misstrauensantrag des BZÖ gegen Justizministerin Maria Berger wollen die Grünen nicht unterstützen.

 

 Vilimsky: Grausame Straftaten mit "Lebenslang" ahnden
Rechtssystem hat solche Verbrechen drakonisch zu sanktionieren
Wien (fpd) - Ungeheuerlich fand es Sicherheitssprecher Harald Vilimsky, dass widerwärtige und ekelerregende Straftaten wie jene von Amstetten mit maximal 15 Jahren Haft bedroht seien: "Leute wie Josef F. haben in Wahrheit andere Menschen irreparabel geschädigt. Ein Strafausmaß von 15 Jahren für die Zerstörung von Menschenleben ist absolut inakzeptabel."

Jede Strafe, die auch nur einen Tag kürzer dauere als lebenslang, sei in Wahrheit eine Verhöhnung der Opfer, zeigte sich Vilimsky empört. Es handle sich um schwerste Freiheitsberaubung und um seelischen Mord. Unser Rechtssystem habe solch schwere Straftaten mit entsprechend drakonischen Strafen zu sanktionieren. Die einzig richtige Antwort auf solche grausigen Verbrechen sei eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne jede Chance zur vorzeitigen Begnadigung.

Man müsse endlich abkommen von einer Politik der Täterverharmlosung, verlangte der freiheitliche Sicherheitssprecher. Jemand, der wie Josef F. seiner Tochter die wichtigsten Lebensjahre geraubt und ihr Leben zerstört habe und der auch seinen inzestuös gezeugten Kindern jede Chance auf ein Leben in Freiheit verweigern wollte, habe jedes Anrecht auf eine Rückkehr in die Gesellschaft außerhalb der Gefängnismauern verwirkt.

 

 Grosz: Strafrahmen bei Gewalt an Kindern endlich erhöhen!
Was muss noch alles passieren bis SPÖ-Justizministerin endlich handelt?
Wien (bzö) - BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz forderte SPÖ-Justizministerin Berger auf, endlich die Strafrahmen bei jeglicher Gewalt an Kindern drastisch zu erhöhen. "Ich frage mich wirklich, was nach dem Horror-Fall in Amstetten noch alles passieren muss, bis Berger aufwacht und beginnt Kinder zu schützen. Es ist wirklich unfassbar, dass eine Justizministerin tatenlos zusieht, wie Sexualverbrecher nach kurzer Zeit wieder freigehen können", zeigte sich Grosz empört, der darauf verwies, dass einem Unmenschen wie Josef F. lächerliche 15 Jahre Haft drohen.

Grosz forderte die Justizministerin auf, die Strafrahmen bei jeglicher Gewalt an Kindern zu verdoppeln. Beispielsweise werde Quälen von Kindern oder Wehrlosen bei Todesfolge bzw. Dauerfolgen nur mit maximal 10 Jahren Haft bestraft. "Wir wollen eine bis zu lebenslängliche Haft bei schweren Missbrauchs- bzw. Misshandlungsfällen. Auch die Mindeststrafen bei Sexualdelikten müssen massiv angehoben werden", so der BZÖ-Generalsekretär.

"Für Täter, die sich an Kindern vergehen, darf es keine Milde im Strafgesetz geben. Diese müssen mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden. Justizministerin Berger muss sofort Handeln, damit Kindern künftig besser geschützt werden", so Grosz abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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