Europarat und Nationalrat beraten über Geschlechtergerechtigkeit   

erstellt am
29. 04. 08

Gleichbehandlungsausschuss der Parlamentarischen Versammlung in Wien
Wien (pk) - Der Gleichbehandlungsausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates traf sich am 29.04. zu einem Meeting in den Räumlichkeiten des Österreichischen Parlaments, um sich mit Fragen der Geschlechtergerechtigkeit, der Frauenförderung, der Bekämpfung von häuslicher Gewalt und der Bekämpfung von Frauenhandel zu befassen. Eröffnet wurde die Sitzung mit einem Gedankenaustausch zum Thema Geschlechtergerechtigkeit am Beispiel Österreichs.

Die Vorsitzende der österreichischen PV-Delegation, Abgeordnete Gisela Wurm (S), begrüßte die anwesenden Vertreter und wies auf die Wichtigkeit der Kampagne zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen hin. Sodann kündigte sie die Hauptrednerinnen des Themenblocks an und meinte, diese spielten sämtlich eine gewichtige Rolle in der heimischen Frauenpolitik.

Bundesministerin Doris Bures stellte sodann die heimische Gleichstellungspolitik vor. In Österreich verfolge man hier eine duale Strategie, Gender Mainstreaming zum einen, Frauenförderung zum anderen. Und da es sich bei diesen Fragen um eine Querschnittmaterie handle, sei das zuständige Ressort auch direkt beim Bundeskanzleramt angesiedelt, erklärte Bures, die auch auf die gesetzlichen Grundlagen hinwies. So gebe es seit 1979 ein Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft, zudem existiere auch das Bundesgleichbehandlungsgesetz für den öffentlichen Dienst.

Die Ministerin verwies auf die zahlreichen österreichischen Aktivitäten gegen häusliche Gewalt und ging dabei aus gegebenem Anlass auf den Fall in Amstetten ein, der die Notwendigkeit deutlich unterstreiche, auf dem Gebiet der Bekämpfung solcher Taten noch aktiver zu werden. Es müsse unmissverständlich klar gemacht werden, dass Gewalt gegen Frauen keine Privatangelegenheit, kein Kavaliersdelikt ist, sondern eine massive Menschenrechtsverletzung.

Bures erinnerte bei dieser Gelegenheit daran, dass täglich 17 Gewalttäter von der Exekutive weggewiesen würden, was zeige, wie brisant dieses Thema nach wie vor sei. Es genüge nicht, sich auf die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verlassen, es brauche auch flankierende Maßnahmen. Konkret müsse den Frauen signalisiert werden, dass sie mit ihrer Lage nicht allein seien, dass sie Unterstützung und Betreuung finden können.

Zum Thema Frauenhandel merkte Bures an, dieses müsse in seiner Gesamtheit betrachtet werden, würden Frauen in diesem Zusammenhang doch in mehrfacher und auf verschiedenste Art ausgebeutet. An dieser Stelle müsse noch mehr Bewusstsein für die Problematik geschaffen werden. Eine eigene interministerielle Taskforce arbeite bereits an einem entsprechenden nationalen Aktionsplan, führte die Ministerin aus.

Bures legte schließlich ein Bekenntnis zum Gender Budgeting ab und informierte die Teilnehmer des Meetings, dass dieses in Österreich ab 1. Januar 2009 als Staatszielbestimmung in die Bundesverfassung aufgenommen werde. Es brauche geschlechtergerechte Budgets auf allen Ebenen bis hin zur Gemeinde, so Bures, die sich abschließend für verstärkte internationale Kooperation auf gesamteuropäischer Ebene aussprach.

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (V) wies in ihrem Statement darauf hin, dass de iure jegliche Diskriminierung verboten sei, dass aber in der Praxis die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen nur unmerklich kleiner werde, wofür es drei Gründe gebe: den Berufseinstieg, die Berufsunterbrechung und den Berufsaufstieg.

Man sei konkret damit konfrontiert, dass immer noch viele junge Frauen so genannte "typische Frauenberufe" ergriffen, die a priori schlecht bezahlt seien. Hier gelte es, Frauen in atypische Berufe, vor allem in technische Berufe, zu bringen, wozu auch entsprechende Initiativen gesetzt worden seien.

Weiters müsse mehr Augenmerk der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschenkt werden. Hier seien Väter verstärkt in die Betreuungspflichten einzubeziehen. Mit dem Kinderbetreuungsgeld und den Regelungen zu seiner Auszahlung habe man auch hier entsprechende Schritte gesetzt, so die Rednerin.

Schließlich habe man Mentoring-Programme initiiert, um die Berufsaufstiegsmöglichkeiten zu optimieren. All diese Maßnahmen dienten dazu, die Einkommensschere zwischen Frau und Mann zu schließen.

Abschließend wies Rauch-Kallat noch auf Aktivitäten zur Frauengesundheit und auf Programme gegen Gewalt gegen Frauen hin, dabei besonders auf das Antistalkinggesetz verweisend, aber auch die Initiativen zur Bekämpfung von "harmful traditions" in den Vordergrund rückend, bei der es vor allem darum gehe, entschlossen gegen Genitalverstümmelungen, Zwangsverheiratungen und so genannte "Verbrechen im Namen der Ehre" vorzugehen.

Weiters auf der Agenda der heutigen Sitzung stehen noch mehrere Themen mit klarem Frauenbezug. So wird Ingrida Circene aus Lettland über Maßnahmen zur Förderung von Frauen in einer modernen multikulturellen Gesellschaft referieren. Lokman Ayva aus der Türkei wird sich mit dem Potential von "E-Learning" für Erziehung und Training befassen, und Lydie Err aus Luxemburg spricht zu den Auswirkungen verschiedener Wahlsysteme auf die Repräsentanz von Frauen in Parlamenten.

Am Nachmittag stehen dann die Themen "Menschenhandel", "so genannte Verbrechen im Namen der Ehre" und "häusliche Gewalt" im Zentrum der Beratungen. Schließlich wird Minodora Cliveti (Rumänien) auf die Rolle der Frau im interkulturellen Dialog eingehen, ehe sich Steingrimur Sigfusson mit dem öffentlichen Image von Frauen auseinandersetzt.

Am 30.04. wird sich der Gleichbehandlungsausschuss der PV des Europarates im Rahmen einer Abschlusskonferenz erneut mit dem Thema häusliche Gewalt befassen, mit der eine zweijährige Kampagne des Europarates zu einem vorläufigen Abschluss gebracht wird. Dabei geht es darum, den Opfern Schutz, Hilfe und Unterstützung angedeihen zu lassen, die gesetzlichen Möglichkeiten der Bekämpfung häuslicher Gewalt zu stärken und allgemein eine Haltungsänderung der Öffentlichkeit in diesen Fragen herbeizuführen. An der morgigen Veranstaltung werden auch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und der Präsident der Parlamentarischen Versammlung Lluis Maria de Puig teilnehmen.
 
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