Absicherung des Gesundheitswesens  

erstellt am
15. 05. 08

 Buchinger: Gesundheitsreform bringt bis 2012 1,5 Milliarden Euro zusätzlich für Krankenversicherung
Wien (sk) - "Wir haben in Österreich eines der besten und anerkanntesten Gesundheitssysteme der Welt. Dennoch stehen wir vor der Situation, dass nur eine von neun Gebietskrankenkassen positiv abschließt und nur drei der neun Kassen über Eigenkapital verfügt. Es geht bei der Reform aber nicht um Einsparungen im Gesundheitssystem, sondern um zusätzliche Mittel, um die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz, damit der Anstieg der Kosten gedämpft wird. Durch die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen erhält die Krankenversicherung bis 2012 1,5 Mrd Euro zusätzlich, kostendämpfende Maßnahmen etwa bei Medikamenten bringen weitere 600 Millionen Euro", erklärte Sozialminister Erwin Buchinger in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky, wo sie den Plan der Regierung für die Sicherung der Finanzierung der Krankenkassen und zur strukturellen Reform des Hauptverbandes vorgelegt haben.

"Das Ziel ist das hohe Niveau der Gesundheitsversorgung in Österreich zu halten und auszubauen, keine neuen Selbstbehalte und keine weitere Erhöhung der Beiträge einzuführen", so Buchinger. Für die Erreichung des Zieles werden folgende Instrumente eingesetzt. Die Altlasten der Gebietskrankenkassen, egal ob sie im eigenen Bereich oder durch politische Maßnahmen der Vorgängerregierung entstanden sind, werden zur Hälfte vom Bund übernommen. Dies sei ein Forderungsverzicht des Bundes im Ausmaß von 450 Millionen Euro. Zweitens werde über die nächsten Jahre durch die vollständige Abgeltung der nicht-abziehbaren Vorsteuer durch den Bund, Geld in die GKKs fließen, dies entspreche zusätzlichen Mitteln von 120 bis 130 Millionen Euro.

Es werde weiters zu einer moderaten Anhebung des für die bei den Gebietskrankenkassen versicherten Pensionisten geltenden Hebesatzes um drei Prozentpunkte zu Lasten des Bundes kommen. Sowie zu einer Erhöhung der Liquidität der Krankenversicherungs-Träger durch die Verringerung der Überweisungstermine der eingehobenen PV-Beiträge von den KV-Trägern an die Pensionsversicherung. Drittens werde die Struktur des Hauptverbandes und der Sozialversicherungsträger so schlank und effizient gehalten, dass die Erreichung der Ziele gesichert sei, erklärte Buchinger.

Maßnahmen im Gesundheitsbereich
Folgende Maßnahmen sind laut Gesundheitsministerin Kdolsky im Gesundheitsbereich vorgesehen: Um dem Versorgungsauftrag der Krankenversicherung gerecht zu werden, bedarf es einer Neugestaltung der möglichen Maßnahmen im Falle eines vertragslosen Zustands. Um die medizinischen Versorgung der Versicherten sicherzustellen, sollen die Krankenversicherungsträger für den Notfall ermächtigt werden, auch mit einzelnen Ärzten Leistungsverträge abzuschließen. Bisher war dies außerhalb des Gesamtvertrags nicht möglich.

Zur Sicherstellung der Qualität und Effizienz der Vertragsärzte müssen sich niedergelassene Ärzte bei neu abgeschlossenen Verträgen in Zukunft alle fünf Jahre einer Rezertifizierung unterziehen. Dabei sollen die Einhaltung der Qualitätskriterien sowie das effiziente Vorgehen bei der Leistungserbringung überprüft werden. Sofern diese Kriterien erfüllt sind, besteht Anspruch auf Verlängerung des Vertrages.

Folgende Maßnahmen werden zur Einsparungen bei den Arzneimittelkosten vorgeschlagen: Einführung von "aut idem" (Wirkstoff kommt vor Namen) mit Einschränkungen ab 2010. Um weiterhin allen Versicherten die bestmögliche medizinische Versorgung durch innovative Arzneimittel zukommen zu lassen, ist es notwendig, in jenen Bereichen Einsparungen zu erzielen, in denen der Einsatz von therapeutisch gleichwertigen, aber ökonomisch sinnvolleren Arzneimitteln - ohne Nachteil für die Patienten - möglich ist.

Die Apotheke darf nur bei Vorliegen einer Referenzgruppe jene Arzneimittel abgeben, die unter dem Referenzpreis liegen. Die Referenzgruppen werden vom Hauptverband im Erstattungskodex gebildet. Es dürfen nur Arzneimittel mit identem Wirkstoff oder identer Wirkstoffkombination in der jeweiligen Gruppe vertreten sein. Die Ärzte können die Ersetzung eines bestimmten Produkts ausschließen, sofern es dafür besondere medizinische Gründe gibt. Die Apotheker treffen somit weiterhin keine therapeutischen Entscheidungen.

Eine weitere Neuerung, die von der Regierung vorgeschlagen wird, ist die Einführung der Patientenquittung. Die Ärzte haben den Versicherten unmittelbar nach jeder Inanspruchnahme einen Nachweis über die erbrachte Leistung auszustellen.


Neustrukturierung des Hauptverbandes
Sozialminister Buchinger präsentierte die Neustrukturierung des Hauptverbandes: Eingeführt werde eine Sozialversicherungs-Holding mit zwei Organen, dem Verwaltungsrat und der Geschäftsführung. Der Verwaltungsrat bestehe aus einer Arbeitnehmer- und einer Arbeitgeberkurie. Die Abstimmungsprozesse laufen nach dem Prinzip der doppelten Mehrheit, das heißt ein Beschluss komme nur dann zustande, wenn jeweils eine Mehrheit in der Arbeitnehmerkurie und in der Arbeitgeberkurie gefunden werde, so Buchinger.

Es werde in der SV-Holding zwei Geschäftsführer geben, die die laufenden Geschäfte der Holding führen. Die Geschäftsführer wirken gleichrangig mit eigenem Geschäftsbereich nebeneinander, einer davon ist der Vorsitzende der Geschäftsführung. Die Bestellung sei auf fünf Jahre befristet. Die erstmalige Bestellung erfolge mit 1.4.2009, erklärte Buchinger. An den Sitzungen des Verwaltungsrates nehmen ohne Stimmrecht auch zwei Seniorenvertreter und zwei Behindertenvertreter teil.

Die Holding habe die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Sozialversicherung, Zielsteuerung, Monitoring und Controlling sowie die zentrale Erbringung von Dienstleistungen wahrzunehmen. Zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit der Sozialversicherung habe die Holding mit den Versicherungsträgern Ziele zu vereinbaren bzw. bei Nichteinigung selbst solche Ziele festzulegen, so der Sozialminister. "Mit den Maßnahmen im Gesundheitsbereich und der Neustrukturierung der Versicherungsträger werde das Gesundheitssystem mittel- und langfristig seien hervorragende Qualität behalten", zeigte sich Buchinger überzeugt.

 

 Kdolsky: Reformpaket für Krankenkassen präsentiert
Wien (övp-pd/pk) Das von Gesundheitsministerin Dr. Andrea Kdolsky und SP-Minister Buchinger beschlossene Reformpaket soll den Krankenkassen bis ins Jahr 2012 rund zwei Mrd. Euro bringen. Die Maßnahmen der Regierung tragen dazu in Summe 1,4 bis 1,5 Mrd. Euro bei. Die Verschreibungen von Generika sollen in etwa 600 Mio. Euro ausmachen, sieht der präsentierte Gesetztesentwurf vor.

Bei dem vorliegenden Paket handle es sich nicht um die Gesundheitsreform im Ganzen, sondern der Entwurf stelle nur einen "Mosaikstein, wenn auch einen sehr wesentlichen", der gesamte Reform dar, erklärte Kdolsky. Der zweite wichtige Baustein der gesamten Gesundheitsreform ist jener der Spitalsfinanzierung. Dazu brauche es die Länder sowie die Spitalserhalter und dies gehe erst mit den Finanzausgleichsverhandlungen 2013.

Kdolsky wies die vonseiten der Ärzte geäußerten Bedenken gegenüber der geplanten "Aut idem"-Regelung sowie der Patientenquittung und der Möglichkeit von Einzelverträgen zurück. Mit der Gesetzesänderung werde in das System der Gesamtverträge nicht eingegriffen.

Aubauer: Reformpaket sichert Versorgung für alle Patienten
"Mit diesem wichtigen Schritt zur Sanierung der Krankenkassen steht der Mensch im Mittelpunkt. Die heute vorgestellten Maßnahmen sichern die gute Versorgung für alle Patientinnen und Patienten in Österreich", betont ÖVP- Seniorensprecherin Mag. Gertrude Aubauer. "Die Patienteninteressen stehen im Vordergrund, das ist das Entscheidende. Das Maßnahmenpaket von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky ist daher zu begrüßen", so Aubauer.

Das Reformpaket soll den Krankenkassen bis ins Jahr 2012 rund zwei Milliarden Euro bringen. Maßnahmen des Bundes tragen dazu in Summe 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro bei. "Damit wird das gute österreichische Gesundheitssystem erhalten und abgesichert", so die ÖVP-Seniorensprecherin. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten ist damit auch in Zukunft sichergestellt, und das, ohne die Patienten zu belasten. Fakt ist: Es kommt zu keinen Verschlechterungen für Patientinnen und Patienten, zu keinen Erhöhungen der Selbstbehalte, es wird keine Erhöhung der Beiträge geben und keinen Eingriff in bestehende Verträge. "Mit diesem Reformpaket ist eine Gesundheitsversorgung für alle sicher gestellt", schließt Aubauer.

 

ÖGB und Wirtschaftskammer begrüßen Gesetzesentwurf
Wien (ögb/wko) - Die beiden Sozialpartnerorganisationen ÖGB und Wirtschaftskammer begrüßen die Einigung der Regierungsparteien auf einen gemeinsamen Gesetzesentwurf zur Gesundheitsreform. "Österreich hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Damit das so bleibt, haben die Sozialpartner ein Reformkonzept für die Krankenversicherungen vorgelegt, das von der Regierung in ihrem Gesetzesentwurf in weiten Teilen berücksichtigt wurde", erklärten Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer, am 14.05.. Beide sind froh, dass der Entwurf nun in Begutachtung geht und somit eine inhaltlich seriöse statt polemische Diskussion auf Basis einheitlicher Informationen beginnen kann.

"Oberstes Ziel der Gesundheitsreform muss die Beibehaltung eines der weltbesten Gesundheitssysteme sein, ohne dass es zu Leistungskürzungen oder zusätzlichen Belastungen für die Patienten bzw. Beitragszahler kommt. Außerdem wird es noch im Interesse der Patienten zu einer umfassenden Qualitätssicherung kommen", sind sich Leitl und Hundstorfer einig. Die Sozialpartner-Vorschläge sind auf das Wohl der Patienten ausgerichtet und nicht gegen eine Berufsgruppe: "Keine Gruppe wird gegen eine andere ausgespielt. Jeder Partner am Gesundheitsmarkt - Kassen, Pharmawirtschaft, Ärzte, Apotheken - muss einen Betrag zur finanziellen Gesundung der Gebietskrankenkassen leisten. Es geht insgesamt nicht um ein Einsparungspaket, sondern darum, die Kostenzuwächse in den kommenden Jahren in verträglichen Grenzen zu halten. Im Interesse der Menschen muss es ein Miteinander in unserem Gesundheitssystem geben. Konstruktive Ideen sind jetzt gefragt, um ein akutes Problem nachhaltig zu lösen. Die Sozialpartner haben ihre Vorschläge vorgelegt. Wer bessere hat, möge sie jetzt im Begutachtungsverfahren auf den Tisch legen. Nur Nein zu sagen, ist zuwenig." 

 

Beyrer: Industrie begrüßt Schritte zu Gesundheitsreform: Richtung stimmt
Wien (pdi) - Die Industrie begrüßt den von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky und Sozialminister Erwin Buchinger am 14.05. vorgelegten Gesetzesentwurf für eine Gesundheitsreform. Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) Mag. Markus Beyrer bezeichnete die vorgeschlagenen Maßnahmen "als einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Österreich verfügt über eine hervorragende, für alle zugängliche Gesundheitsversorgung. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind dazu geeignet, dieses hohe Versorgungsniveau auch weiterhin für alle aufrechtzuerhalten".

So schaffe etwa der Umbau des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zu einer Holding mit Durchgriffsrechten auf die einzelnen Träger "eine gute Voraussetzung, um die Krankenkassen finanziell abzusichern beziehungsweise für die nötige Effizienz zu sorgen". In dem Zusammenhang seien auch die - derzeit noch fehlenden - Ansätze zu einem nachhaltigen Quality-Management zu begrüßen.

Um die Finanzierbarkeit des derzeitigen Gesundheitssystems nachhaltig zu sichern, müssen diesem Gesetzesentwurf aber weitere Maßnahmen folgen. "Es geht vor allem darum, unser Gesundheitssystem effizienter zu gestalten. Österreich liegt mit Gesundheitsausgaben in der Höhe von 10,1% des BIP im europäischen Spitzefeld. Die Herausforderung liegt darin, diese Mittel fokussierter einzusetzen", so der IV-Generalsekretär. Dies könnte etwa durch ein Hausarztmodell sichergestellt werden, in dem der Hausarzt als Gesundheitsbegleiter über die adäquate Versorgungsebene entscheidet.

Dreh- und Angelpunkt für ein effizienteres Gesundheitssystem ist und bleibt aber die Finanzierung aus einer Hand, die von der Industriellenvereinigung nachdrücklich gefordert wird. "Damit würde sich ein Hin- und Herschieben der Patienten zwischen ambulantem und stationärem Bereich und damit auch das Verschieben der Kosten zwischen Kassen und Ländern aufhören. Gleichzeitig könnte eine gesamthafte, sektorübergreifende Leistungs- und Angebotsplanung leichter Platz greifen. Effizienzverluste können so erheblich minimiert und die frei werdenden Ressourcen dort eingesetzt werden, wo sie wirklich erforderlich sind", so Beyrer.

Ein "Wermutstropfen" bei den Reformvorschlägen sei, dass der große Bereich der Spitäler völlig ausgespart werde. Ein weiterer Meilenstein dabei wäre aus Sicht der Industrie die vollständige Umstellung der Krankenhausfinanzierung auf das System der Leistungsorientierten Krankenhausfinanzierung. "Dieses Instrument ist eine gute Grundlage für eine transparente und wettbewerbsfördernde Spitalsfinanzierung", betonte Beyrer. "Wettbewerbliche Elemente führen dazu, dass qualitativ schlechte und zu teure Anbieter, die im derzeitigen Finanzierungssystem über die Abgangsdeckung mitfinanziert werden, keine Bestandgarantie mehr hätten. Dadurch würden die nachhaltige Finanzierung und die Qualität für die Patienten gesichert", so der IV-Generalsekretär.

 

Dorner: Patienten "Haupt-Leidtragende"
Wien (öak) - Die „Zerstörung des sozialpartnerschaftlichen Systems im Gesundheitswesen“ hat laut ÖÄK-Präsident Walter Dorner das geplante Gesetz zur Kassensanierung zur Folge, das heute zur Begutachtung versendet werden soll. In einer Aussendung am 14.05. warnte der Ärztepräsident vor der Zerschlagung der Gesamtverträge mit den Ärzten. Das bewirke weniger Kassenärzte, schlechtere Leistungen und noch mehr Patienten in den Spitalsambulanzen. Das Spargesetz bringe „massive Probleme“ für Patientinnen und Patienten, die Dorner als „Haupt-Leidtragende“ der Entwicklung sieht. „Mit der Befristung der Kassenverträge wird der generationen-übergreifende Hausarzt Geschichte. Ein Patient kann über Nacht seinen Vertrauensarzt verlieren, weil der Vertrag nicht verlängert wird. Gleichzeitig werden Nachbesetzungen von Ordinationen schwierig, da Medizinern keine Existenzsicherheit geboten wird“, illustrierte Dorner die heraufziehende Entwicklung.

Durch die geplanten Einzelverträge (Direktverträge) mit Ärzten werde die flächendeckende Versorgung mit Ordinationen extrem zurückgefahren. Das führe vielleicht zur erwünschten Kostenersparnis für die Sozialversicherungen, so Dorner, aber: „Die Patienten werden damit in die Privatmedizin oder in die überfüllten Spitäler abgedrängt. Dort haben wir jetzt schon zum Bersten volle Spitalsambulanzen. Mit dem neuen Spargesetz kommen endlose Warteschlangen, wie wir sie bislang nur aus anderen Ländern kennen.“

Das Herausschlagen einer Sparsumme von 163 Millionen Euro bei den niedergelassenen Ärzten heiße Leistungskürzung. Dorner: „Aus einem mit immer mehr hochbetagten und chronisch Kranken konfrontierten System soviel Geld zu nehmen, bedeutet, dass rationiert wird. Die Patienten müssen sich darauf einstellen, dass es in naher Zukunft manche Leistung nur noch eingeschränkt oder überhaupt nicht mehr auf Kassenkosten gibt.“

Durch die geplante aut-idem-Regelung würden die Patienten darüber hinaus mit ständig wechselnden Medikamenten konfrontiert. „Bei eher niedrigen Einsparmöglichkeiten entsteht hohe Unsicherheit bei den Betroffenen und schwindende Therapietreue, die sich durch Komplikationen und Prolongierung von Erkrankungen und damit letztlich höheren Versorgungskosten rächt“, warnte der Ärztekammerpräsident.

Auch der bekannte Arbeits- und Sozialrechtsexperte Theodor Tomandl hatte gestern bei einem Hintergrundgespräch die geplante Umsetzung des Sozialpartnerpapiers im Gesetz kritisiert. Tomandl sprach sich für das Aufrechterhalten der Gesamtverträge aus. „Es geht darum, dass wir ein vernünftiges System aufrecht erhalten können. Wenn Sie den Gesamtvertrag herausnehmen, bricht das System zusammen. Der Kollektivvertrag wird durch Einzelverträge unterlaufen“, berichtete Tomandl vor Journalisten. Notfalls seien für strittige Vertragsverhandlungen zwischen Ärzten und Kassen unabhängige Schlichter vorzusehen.

Der Experte hatte bei seinen Ausführungen auch darauf hingewiesen, dass es in 60 Jahren durch das bewährte Instrument der Gesamtverträge in Österreich keinen echten vertragslosen Zustand gegeben habe. Dies habe gezeigt, „dass das System funktioniert.“ Durch den geplanten Abschluss von Einzelverträgen mit Ärzten entstehe eine Fülle offener Fragen für die Sozialversicherungen. Sie müssten auch auf das Europarecht Bedacht nehmen und gegebenenfalls Stellen für Einzelvertrags-Ärzte europaweit ausschreiben.

 

Apotheker begrüßen neue Regelung
Wien (apotheker) - Die österreichische Apothekerschaft begrüßt die Aut idem-Regelung der Gesundheitsreform. Ab dem Jahr 2010 werden die Apotheker auf Basis der ärztlichen Verordnung ein wirkstoffgleiches günstiges Medikament für den Patienten abgeben. „Ich gratuliere unserer Gesundheitsministerin zu diesem Schritt. Aut idem ist eine moderne Form der Arzneimittelabgabe, die sich bereits in vielen europäischen Ländern bewährt hat. Wir bereiten uns intensiv auf diese neue Regelung vor. Ich bin sehr zuversichtlich, dass Aut idem in Österreich erfolgreich ablaufen wird“, ist Mag.pharm. Heinrich Burggasser, Präsident der Österreichischen Apothekerkammer überzeugt.

Aut idem – Information in der Apotheke
Die Umsetzung von Aut idem wird in der Praxis folgendermaßen ablaufen: Die Patienten erhalten wie gewohnt in den Ordinationen ihre Rezepte. Entsprechend der vom Arzt festgestellten notwendigen Therapie hat der Arzt natürlich die Freiheit, ein konkretes Medikament oder stattdessen den passenden Wirkstoff zu verschreiben. In der Apotheke wählt der Apotheker aus wirkstoffgleichen Medikamenten ein wirtschaftlich günstiges Präparat aus. Die Nachbaupräparate - so genannte Generika - ermöglichen es, dass der Patient ein qualitativ gleichwertiges Medikament zu einem günstigeren Preis erhält. Eines der obersten Ziele der Apotheker ist die Therapietreue der Patienten. Wer auf sein bisher gewohntes Präparat besteht, soll es auch weiterhin erhalten. „Sobald alle Details klar sind, werden wir ein Informationsblatt für die Apothekenkunden vorbereiten, um mögliche Unsicherheiten und Ängste vor der neuen Regelung nicht aufkommen zu lassen“, stellt Burggasser in Aussicht.

Viele Medikamente sind auf Grund ihrer Zusammensetzung und Wirkungsweise völlig gleichzusetzen. Sie können untereinander problemlos ausgetauscht werden. Einziger Unterschied ist der Preis der jeweiligen Präparate. Bei „Aut idem“ handelt es sich um eine direkt umsetzbare Möglichkeit für die Krankenkassen bei Medikamenten zu sparen, ohne dass für die Patienten eine Verschlechterung eintritt. Konkret wird das Sparpotenzial einer „Aut idem“-Regelung laut einer Studie des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen (ÖBIG) auf rund 35 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Andere Schätzungen liegen noch deutlich höher. 

 

Pharmig: Ohne Spitalsreform keine Gesundheitsreform
Wien (pharmig) - "Die, anlässlich der heutigen Pressekonferenz von Bundesgesundheitsministerin Andrea Kdolsky und Sozialminister Erwin Buchinger, vorgestellten Gesetzesänderungen stehen für die beispielhafte Hilflosigkeit der Sozialpartner. Ihre so genannten 'Experten' haben von den Schreibtischen aus eine Gesetzesvorlage zusammengezimmert, die an den Bedürfnissen der österreichischen Pflichtversicherten glatt vorbei geht", resümiert Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber die vorgestellten Gesetzesänderungen. Und weiter: "Anstatt im eigenen Verantwortungsbereich der Selbstverwaltung die leicht identifizierbaren Einsparungspotentiale zu heben, werden Ärzte und Pharmawirtschaft zur Kasse gebeten. Zwangsmaßnahmen wie gesetzliche Rabattierungen entsprechen nicht den Grundsätzen unserer sozialen Marktwirtschaft und sind daher abzulehnen."

Über vernünftige Vorschläge hinweggetrampelt
Die erhofften Einsparungen durch "Aut idem" seien reine Augenwischerei, da Einsparungsprognosen der Studie auf ungesicherten Fundamenten stehen. Huber: "Die Studie wurde von den Auftraggebern nicht einmal zur Analyse freigegeben. Solch unseriöses und intransparentes Vorgehen wird toleriert, während über die fundierten Berichte des Rechnungshofs zu echten Einsparungen im Gesundheitswesen einfach hinweg getrampelt wird. Eben die 'Aut idem' - Regelung wird nicht dazu beitragen, die Therapietreue/ Compliance bei den österreichischen Patienten zu fördern".


Mehr Geld für weniger Leistung
Nun werde auf dem Rücken der Beitragszahler diese "Kassensanierungsreform" umgesetzt, die die echten Probleme des Gesundheitssystems ignoriere. Weder habe man Anstalten gemacht, die dringend notwendige Spitalsreform anzupacken, noch sei die Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern thematisiert worden. "Stattdessen wird weiteres Geld in marode Strukturen gepumpt. Für diesen Unsinn dürfen letztlich die Beitragszahler aufkommen, die zum Dank mit einer schlechteren Gesundheitsversorgung rechnen dürfen", so Huber.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
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