Debatte um Milchpreis  

erstellt am
14. 05. 08

NÖ Bauernbund demonstrierte bei Handelsketten wegen Milchpreis
Resolution für kostendeckenden Preis an Geschäftsführung von Rewe, Spar und Hofer übergeben
St. Pölten/Wien (bauernbund) - Rund 700 niederösterreichische Bäuerinnen und Bauern demonstrierten am 13.05. gegen die aktuelle Preispolitik des Lebensmittelhandels. An den drei Standorten St. Pölten (Spar), Wiener Neudorf (Rewe) und Stockerau (Hofer) übergaben Delegationen des NÖ Bauernbundes, so eine Aussendung des Bauernbundes, Protestresolutionen an die Firmenleitungen der drei großen Handelsketten.

Die Bauern fühlen sich durch das Preisdiktat des Handels erpresst und in ihrer Existenz bedroht. In Niederösterreich gibt es rund 7000 Milchbauern, die pro Jahr 536 Mio. Liter Milch erzeugen. "Das sind 21% der gesamten Milchproduktion in Österreich", zeigte Bauernbunddirektor Hans Penz die Dimension auf. Gleichzeitig betonte er den Einsatz der Landwirte für Lebensmittelqualität, Landschaftspflege und Ernährungssicherheit.

Österreichs Milchbauern lehnten eine "Durchrechnung" der aktuell vorgenommenen Preissenkungen von etwa 6 Cent pro Liter an die Bauern mit aller Entschiedenheit ab. Penz: "Eine Preisabsenkung von 6 Cent bedeutet für den durchschnittlichen Konsumenten bei einem Jahresverbrauch von 80 Liter Milch eine Kostenersparnis von lediglich 4,80 Euro. Für den Landwirt bedeutet dies jedoch einen Einkommensverlust von mehr als 3.300,- Euro im Jahr bei einer Menge von 55.000 Kilogramm Kontingent."

Österreichs Bauern brauchten daher einen gerechten Anteil am Milchpreis. "Die Produktionskosten müssen gedeckt und es muss ein Arbeitslohn erwirtschaftet werden können", forderte Bauernbundobmann Hermann Schultes und Bauernbunddirektor Hans Penz. Es müsse eine qualitätsorientierte Bezahlung ermöglicht werden, damit heimische Milch und österreichisches Fleisch den Qualitätsvorsprung behaupten und den Konsumenten hochwertige, geschmackvolle und naturbelassene Produkte garantiert werden können.

Genau so dramatisch wie bei Milch stelle sich die Tiefpreisphase am Fleischmarkt dar. Wenn der Handel nicht endlich bessere Preise zulasse, würden Ställe leer bleiben und die Versorgung mit hochwertiger österreichischer Fleischqualität nicht mehr gesichert sein.

Sollten die Appelle nichts fruchten und der Handel nicht zu seiner Verantwortung gegenüber den Bauern stehen, seien weitere Kundgebungen bis zu Kampfmaßnahmen denkbar.

 

SPÖ-Bauern kritisieren ÖVP-Bauernbunddemos als "unverfroren"
ÖVP-nahe Molkereigenossenschaften selbst für Preisgestaltung verantwortlich
Wien (sk) - Als "reichlich unverfroren" bezeichnete der Bundessekretär der SPÖ Bauern Siegmund Astner, die Demonstrationen des ÖVP-Bauernbundes gegen die jüngsten Milchpreissenkungen. "Das ausgerechnet jene, die maßgeblich für die Preisgestaltung verantwortlich sind, die Preispolitik des Lebensmittelhandels anprangern, ist ein starkes Stück", so Astner. Denn es seien die Molkereigenossenschaften, die die Preise bestimmen - "und die sind durch die Bank in der Hand des ÖVP-Bauernbundes", machte der SPÖ-Bauernvertreter deutlich.

"ÖVP-Bauernbundpräsident Grillitsch soll seine Vertreter in den Molkereibetrieben dazu anhalten, dass die Milchbauern ihren gerechten Anteil an den Milchpreisen erhalten und nicht die ÖVP-nahen Genossenschaften alles einstreifen", betonte Astner am Mittwoch gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Dass die Milchbauern vom ÖVP-Bauerbund dermaßen sträflich im Stich gelassen werden, sei auch der Grund für das Entstehen von Initiativen wie der IG Milch, deren Forderungen aus Sicht des SPÖ-Bauernvertreters absolut gerechtfertigt sind. "Der ÖVP-Bauernbund muss endlich aufhören, ungerechtfertigte Privilegien für sich in Anspruch zu nehmen. Ansonsten müssen sich die schwarzen Bauernbund-Vertreter weiterhin den Vorwurf gefallen lassen, für die kleinen Bauern nichts übrig zu haben", hielt Astner fest.

 

Wlodkowski: Wer den Milchpreis senkt, schadet den Bauern
Milchbauern in Zwickmühle zwischen Preissenkung und Produktionskosten
Wien (landwirtschaftskammer) - "Unsere Milchbauern befinden sich in der Zwickmühle zwischen deutlich gestiegenen Produktionskosten und fallenden Milchpreisen, für die es keinerlei wirtschaftliche Begründung gibt. 80% der Milchproduktion finden bei uns im Berg- und benachteiligten Gebiet statt und sind dementsprechend kostenintensiv. Diese Kosten sind innerhalb eines Jahres sogar noch um 6 Cent pro Kilogramm Milch gestiegen und haben somit den größten Teil der Milchpreissteigerung des Vorjahres - sie lag bei 8 Cent - de facto verschlungen. Wer nun einseitig den Milchpreis senkt, schadet unseren Bauern. Wir appellieren daher an den Lebensmittelhandel, die beschworene Partnerschaft verantwortungsvoll auch den Milchbauern gegenüber zu leben. 10 Cent Preissenkung beim Konsumentenmilchpreis bringt diesen pro Jahr und Person 8,- Euro, der Bauer aber verliert im Schnitt mehrere tausend Euro", stellte heute Gerhard Wlodkowski, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, zu den negativen Auswirkungen der Milchpreissenkungen auf die Bauern fest.

Kleine Struktur
"Unsere Milchbauern spielen in punkto Qualität in der Europa-Liga, doch sind sie wegen ihrer sehr kleinen Betriebs-Struktur im Wettbewerb benachteiligt. Milcherzeugung in Österreich gehört nämlich aufgrund der naturbedingten Nachteile EU-weit gesehen zu den teuren Produktionslagen", erklärte Wlodkowski die Gründe für die im internationalen Vergleich teurere Produktion der heimischen Milchbauern. In Österreich wirtschaften rund 48.000 Milchvieh-Betriebe und halten im Schnitt elf Tiere pro Hof. Die durchschnittliche Quote, also das Milchlieferrecht des Betriebes, liegt bei knapp 56.000 Kilogramm pro Jahr. 65% der Betriebe liegen im Berggebiet, 80% der Milch wird im benachteiligten Gebiet erzeugt.

Partnerschaft ausbauen
"Die Konsumenten bevorzugen heimische Qualität, das haben sie sowohl in Umfragen als auch durch ihr Kaufverhalten bewiesen. Wer ihnen jetzt einzureden versucht, die Milchpreissenkung wäre zu ihrem Vorteil, verkennt sowohl Größenordnung als auch Folgen eines solchen Schrittes. Denn EUR 8,- pro Jahr und Konsument retten kein Haushaltsbudget, doch in Summe gefährdet dieser Schritt die wirtschaftliche Existenz tausender Milchvieh-Betriebe. Lebensmittel höchster Qualität aus heimischer, regionaler Herkunft und unter den strengsten Umweltauflagen erzeugt, sollen nie mehr als Billig-Lockartikel für Supermärkte herhalten müssen, denn dafür sind sie zu wertvoll. Unsere Bauern wollen die Konsumenten weiterhin mit Spitzen-Qualität beliefern, doch das verlangt einen fairen Preis. Beim Milchpreis kann der Lebensmittelhandel nun zeigen, wie ernst ihm die Partnerschaft mit der Landwirtschaft wirklich ist", betonte Wlodkowski.
 
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