Hauptausschuss: Tschad-Einsatz wird verlängert   

erstellt am
13. 05. 08

Teilnahme an EU-Mission weiterhin politisch umstritten
Wien (pk) - Der Hauptausschuss beschäftigte sich am 09.05. mit der Verlängerung des österreichischen Einsatzes im Tschad. Die Oppositionsparteien sahen sich auf Grund der Entwicklungen in ihrer ursprünglichen Kritik bestätigt und begründeten ihre Ablehnung insbesondere mit der ihrer Meinung nach unzureichenden Überparteilichkeit der EUFOR-Truppen.

SPÖ und ÖVP hingegen betonten, dass die Panikmache der ersten Wochen sich nicht bewahrheitet habe. Die Fortsetzung des Einsatzes wurde mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit beschlossen

Opposition: Bedenken sind nicht kleiner geworden
Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) hielt aus ihrer Sicht fest, die Bedenken der Grünen gegen den Einsatz hätten sich nicht geändert, sondern sogar verstärkt. Der politische Dialog zwischen Rebellen und Regierung finde nicht statt, so wie ursprünglich von Bundesminister Darabos angekündigt. Auch sei die Überparteilichkeit der EUFOR-Truppen nicht gegeben. Frankreich, das den Diktator unterstütze und im Tschad selbst präsent sei, stelle nicht nur den Großteil der EUFOR-Truppen, sondern habe auch das Kommando inne. Die Menschen im Tschad würden nicht zwischen französischer Präsenz und EUFOR-Truppen unterscheiden. Außerdem sei es derzeit völlig unklar, wann und wie diese EU-Mission in eine UNO-Mission übergeführt werde. Ihr Klubkollege Peter Pilz bekräftigte ihre Aussagen und hinterfragte die geplante UNO-Nachfolgemission.

Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) skizzierte die Haltung der FPÖ mit der Feststellung, die Situation habe sich seit Beginn des Einsatzes nicht verbessert. Die Lage sei weiterhin unklar, im Tschad gebe es ein inakzeptables Regime, die Feindtruppen der Regierung seien vollkommen operationsfähig und es gebe auch keine Voraussetzung für eine Friedensmission und einen humanitären Einsatz, weil dort Krieg herrsche. Die Verlängerung werde dazu führen, dass Österreich in internationale Verwicklungen mit Langzeitwirkung hineinschlittere. Wie Klubobmann Heinz-Christian Strache (F) zeigte sich Bösch gegenüber der Ankündigung, der Einsatz werde mit März 2009 beendet sein, skeptisch. Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) ergänzte, dass der Zweck des Einsatzes, der selbstverständlich humanitär sei, nicht mit den durchzuführenden Maßnahmen verwechselt werden dürfe. Fichtenbauer stellte aber klar, dass die FPÖ uneingeschränkt hinter den österreichischen Soldaten im Tschad stehe und nicht an deren Fähigkeiten zweifle.

Ebenso verlieh Abgeordneter Gernot Darmann (B) seiner kritischen Haltung zu dieser Mission Ausdruck. Es habe sich bestätigt, dass der Einsatz der EU äußerst schlecht vorbereitet worden sei, sagte er, und er halte es für falsch, dass sich Österreich als neutrales Aushängeschild für die Rohstoffinteressen einiger weniger Staaten instrumentalisieren lasse. Auch er interessierte sich dafür, wie es mit dem Einsatz nach dem März 2009 weiter gehen wird.

SPÖ und ÖVP: Einsatz war richtige Entscheidung

Klubobmann Josef Cap (S) unterstrich den humanitären Auftrag der Mission und stellte die Frage in den Raum, wer diesen wahrnehmen sollte, wenn nicht die EU oder die UNO. Abgeordnete Petra Bayr (S) merkte aus ihrer Sicht an, die Panikmache der ersten Wochen habe sich gelegt und nun sei eine rationale Diskussion nötig. Sie interessierte sich vor allem für die Kooperation mit den Hilfsorganisationen sowie für die notwendige Verzahnung dieses Einsatzes mit der Entwicklungspolitik. Ihr Klubkollege Christian Hursky (S) ergänzte, die Soldaten seien bestens ausgebildet und wies darauf hin, dass die UNO nach den ersten sechs Monaten eine Evaluierung des Einsatzes vornehmen wird.

Abgeordneter Walter Murauer (V) sprach von einem wichtigen Engagement der EU im Auftrag der UNO. Den Oppositionsparteien entgegnete er, dass sich die Soldaten nicht an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligten und vor allem da seien, die Menschen und die NGOs zu unterstützen. Selbstverständlich handle es sich um eine heikle Mission, stellte er fest, aber die Unkenrufe vor dem Einsatz, wie unzureichendes Gerät, nicht entsprechende Ausbildung, hätten sich nicht bewahrheitet. Ganz im Gegenteil hätten die österreichischen Soldaten aufgrund ihrer hervorragenden Fähigkeiten internationale Anerkennung erhalten. Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) trat dafür ein, für derartige Einsätze entsprechend budgetär vorzusorgen.

Darabos: Menschen in der Region begrüßen Einsatz
Bundesminister Norbert Darabos unterstrich in seiner Stellungnahme den humanitären Aspekt diese Einsatzes. Vor allem würde er von den Hilfsorganisationen positiv bewertet, da diese sich bereits jetzt freier bewegen können. Auch die Menschen sähen einen Mehrwert durch das EUFOR-Engagement und würden genau zwischen französischen Truppen und den EUFOR-Truppen unterscheiden. Mit dieser Mission werde der EU der Schlüssel in die Hand gegeben, um den Demokratisierungsprozess zu beschleunigen.

Dezidiert wies Darabos den Vorwurf der Parteilichkeit dieser Mission zurück. Frankreich lege im Rahmen der EUFOR selbst sehr strenge Kriterien an, und die Österreicher seien nicht die einzigen Neutralen. Auch Schweden, Finnland und Irland würden sich am Einsatz beteiligen. Das österreichische Bundesheer verfüge über hohe Kompetenz und hohe Professionalität, sodass den österreichischen Kommandanten spezielle Aufgaben übertragen worden seien. Es gebe auch keinerlei Versorgungsengpässe. Durch die hervorragende Arbeit der österreichischen Einsatzkräfte seien die Kritiker klar widerlegt worden. Der Verteidigungsminister erklärte, die Verzögerung des Einsatzes sei nicht an Österreich gelegen. Vielmehr habe es hier Versäumnisse seitens der EU gegeben, und die Vorbereitung sei sicherlich kein Ruhmesblatt für die EU gewesen, gab Darabos zu.

Der Verteidigungsminister stellte auch unmissverständlich fest, dass es sich um eine Überbrückungsmission handle, die am 15. März 2009 enden wird. Der heutige Beschluss sieht eine Entsendung nur bis 31. Dezember 2008 vor, weil man damit Druck auf die UNO ausüben möchte, so rasch wie möglich die Nachfolgeoperation vorzubereiten. Außerdem müsse der UNO-Generalsekretär im Herbst einen diesbezüglichen Bericht vorlegen. Daher könne er zu diesem Zeitpunkt auch gar nichts zu den konkreten Plänen der UNO sagen.

Darabos informierte die Abgeordneten darüber hinaus, dass er während seines Aufenthalts im Tschad mit dem Präsidenten der Liga der Menschenrechte und Vertretern der Opposition zusammengetroffen sei.

Was die politische Situation in der Region betrifft, führte Staatssekretär Hans Winkler aus, dass der Friedensprozess zwischen Tschad und Sudan kaum vom Fleck komme. Damit habe aber die EUFOR nichts zu tun. Die EU setze sich aber im Rahmen dieser Mission für eine Verzahnung mit der Entwicklungspolitik ein, unterstrich er.

Aufgabe der EUFOR im Tschad

Bei EUFOR Tchad/RCA handelt es sich um eine Überbrückungsaktion der EU Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Rahmen der multidimensionalen UNO-Präsenz im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik (MINURCAT). Ihre Aufgabe ist es, Zivilpersonen, insbesondere Flüchtlinge und Binnenvertriebene, zu schützen, die allgemeine Sicherheitslage zu verbessern und humanitäre Hilfeleistungen zu erleichtern, sowie Personal, Einrichtungen und Ausrüstung der UNO zu schützen und die Bewegungsfreiheit des UNO-Personals zu gewährleisten.

Die Mission ist bis auf ein Jahr beschränkt. Es ist vorgesehen, dass die EU nach den ersten sechs Monaten eine Überprüfung der Operation und gemeinsam mit der UNO eine Bedarfseinschätzung vornimmt. Dieser Bericht wird laut Außenministerium im November 2008 vorliegen. Der UNO-Generalsekretär wird ebenfalls einen Bericht über die Maßnahmen verfassen, die für die Ablösung der EU-Überbrückungsaktion zu treffen sind.

Somit werden bis zu 160 Angehörige des Bundesheeres weiterhin im Rahmen von EUFOR Tchad/RCA zunächst bis zum 31. Dezember 2008 tätig sein. Bis zu 50 weitere Angehörige des Bundesheeres sind für etwaige Abbauarbeiten vorgesehen, weitere 30 Personen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten. Österreich beteiligt sich an dieser Mission seit ihrem Beginn im März dieses Jahres.

Darüber hinaus wird Österreich auch die UNO-Mission MINURCAT selbst unterstützen. Der Hauptausschuss genehmigte diesmal mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen die Entsendung von zwei Angehörigen des Bundesheeres als Verbindungsoffiziere sowie von fünf weiteren Personen für unterstützende und vorbereitende Tätigkeiten bis zum 31. Dezember 2008. Sie sollen im Verbindungsdienst zwischen MINURCAT und EUFOR Tchad/RCA eingesetzt werden. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) begründete die Zustimmung ihrer Fraktion mit dem Hinweis, dass bei dieser Mission die Überparteilichkeit und Unabhängigkeit gegeben ist.

MINURCAT nimmt mit bis zu 300 Polizistinnen und Polizisten und mit bis zu 50 Verbindungsoffizieren sowie Zivilpersonen im Osten des Tschad und im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik Aufgaben in den Bereichen Sicherheit, Schutz von Zivilpersonen, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit wahr.
 
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