Absicherung des Gesundheitswesens  

erstellt am
21. 05. 08

 Gusenbauer: Begutachtungsfrist nutzen, um alternative Vorschläge einzubringen
Vermögenszuwachssteuer kommt, in Steuerreformdiskussion wird geklärt, wie sie aussehen wird
Wien (sk) - "Worum geht es? Es gibt eine Gesundheitsreform, weil wir wollen, dass die Finanzierung des österreichischen Gesundheitssystems, eines der besten weltweit, auch in Zukunft sichergestellt ist", so Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am 21.05. im Pressefoyer vor dem Ministerrat. Der Vorschlag der Sozialpartner und der beiden zuständigen Ressortminister liege nun vor. "Es wäre vernünftig, nun die Begutachtungsfrist zu nützen. Alle Betroffenen sind eingeladen, sich in konstruktiver Art und Weise mit alternativen Vorschlägen zu Wort zu melden", so Gusenbauer, der erklärte, dass der Beschluss der Gesundheitsreform am 4. Juni im Ministerrat erfolgen soll.

Die Basis für die Gesundheitsreform sei gewesen, dass man keine neuen Selbstbehalte und keine Beitragserhöhungen wolle und dabei das volle Leistungsspektrum garantiert sei. "Auf dieser Basis haben sich die Sozialpartner und die Bundesregierung mit dieser Frage auseinandergesetzt.

Im Zentrum der Reform stehe, dass die finanzielle Abdeckung auch in Zukunft gesichert sei. Dafür stelle der Bund in mehreren Formen Geld zur Verfügung. "Eine ganze Reihe von Maßnahmen wird auch gesetzt, um die Kostensteigerung im Gesundheitswesen flacher zu gestalten", so Gusenbauer. "Es gibt jeden Tag mehr Geld für ein gutes Gesundheitssystem, das nach ökonomischen Kriterien vernünftiger damit umgeht als bisher." Es werde aber auch eine Veränderung der Struktur der Selbstverwaltung geben, damit diese effizienter sein könne.

"Ich halte nichts davon, heute Ankündigungen durchzuführen über Kampfmaßnahmen, die ab einem gewissen Zeitpunkt durchgeführt werden sollen, ohne dass die Chance genützt worden wäre, im Begutachtungsverfahren Alternativevorschläge zu machen und ohne abzuwarten, was auf Basis von solchen Alternativvorschlägen dann letztendlich der Entwurf ist, der ins Parlament gehen wird", erklärte Gusenbauer zur Kritik einzelner Gruppen an der Gesundheitsreform. Daher sei er der Meinung, dass diese Begutachtungsfrist jetzt zu nützen sei.

"Wenn es zusätzliches Geld braucht, wird es zusätzliche Einnahmen brauchen", erklärte der Bundeskanzler, angesprochen auf die Vermögenszuwachssteuer. "Jetzt ist klar: Das Gesundheitssystem braucht mehr Geld. Damit wird auch der Finanzminister zusätzliches Geld brauchen. Die Frage ist also, wie die Vermögenszuwachssteuer auszusehen hat. Das wird im Rahmen der Diskussionen zur Steuerreform angegangen und dann damit auch beschlossen."

 

 Molterer: Bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten ist wichtigstes Kriterium
Darf von niemandem Verweigerungshaltung geben - Entscheidung noch vor dem Sommer als gemeinsames Ziel
Wien (övp-pd) - "Die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten ist das wichtigste Kriterium", stellte ÖVP-Bundesparteiobmann Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer zum Thema Gesundheitsreform klar. Der konkrete Reformvorschlag, der nun am Tisch liege, stelle dies außer Streit, betonte Molterer vor dem Ministerrat. Weiters zentral seien die notwendigen Effizienzmaßnahmen sowie die Strukturmaßnahmen im Hauptverband. Das Prinzip "Njet" akzeptiere er, Molterer, mit Sicherheit nicht. Er appellierte, dass es "von niemandem eine Verweigerungshaltung geben darf. Weil das wäre letztendlich zum Schaden der Patientinnen und Patienten." Die jetzige Diskussion ist für den Vizekanzler "nicht überraschend. Wann, wenn nicht jetzt, soll über den Begutachtungsentwurf diskutiert werden?" Gemeinsames Ziel sei eine Entscheidung noch vor dem Sommer. Denn: "Nach der Zeit der Diskussion kommt die Zeit der Entscheidung."

Bereits die vergangenen Jahre sei klar gewesen, dass es Reformschritte geben müsse, "weil wir sonst unser hoch qualitatives und sehr gutes Gesundheitssystem auf Dauer nicht aufrecht erhalten könnten", betonte der Vizekanzler weiter. Das System der Selbstverwaltung sei auch künftig außer Streit gestellt, so Molterer. Aus seiner Sicht sei die mittel- und langfristige Perspektive klar: "Selbstverwaltung wird nur dann funktionieren, wenn damit auch Selbstverantwortung und Selbstregulierungskraft verbunden ist." Wenn dies nicht gegeben sei, würde sich die Selbstveraltung "früher oder später ad absurdum führen".

In der Begutachtungsdiskussion seien "noch keine echten Alternative oder bessere Vorschläge am Tisch", sagte Molterer. Er sprach das "Aut-idem"-Prinzip an: "Da haben wir einen Weg zu gehen", in bereits 17 europäischen Ländern funktioniere dieses Prinzip. "Das ist auch im Interesse der Patienten langfristig sinnvoll." Zur Patientenquittung meinte der Vizekanzler: "Es hat sich bewährt, dass die Österreicherinnen und Österreicher beispielsweise über die Kosten ihres Spitalsaufenthalts informiert werden. Ich möchte, dass jemand auch weiß, wie viel der Arztbesuch kostet", so Molterer. Er räumte aber ein, dass es möglicherweise technisch noch andere Möglichkeiten gebe.

Dass auch innerhalb der Regierungsparteien über den Begutachtungsentwurf diskutiert werde, sei "legitim und logisch". Denn eine Reform in dieser Dimension komme nicht ohne Debatte aus, so Molterer.

 

 Grünewald: Kdolsky soll endlich Farbe bekennen
"Ich kann den Ängsten der Ärzte zwar ein gewisses Verständnis entgegenbringen…"
Wien (grüne) -
"Gesundheitsministerin Kdolsky soll sich nicht laufend verstecken, sondern endlich Farbe bekennen", fordert der Gesundheitssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, der kritisiert, dass "die geplante Gesundheitsreform nur die bisherigen Versorgungsmängel und Ungleichheiten in der Gesundheitspolitik fortschreibt." Außerdem fokussiere man vornehmlich auf den niedergelassenen Bereich, während die Finanzierung der Krankenanstalten offen bleibe.

Zu den angekündigten Protestmaßnahmen der Ärzte gegen die von der Regierung geplante Gesundheitsreform meint Grünewald: "Ich kann den Ängsten der Ärzte zwar ein gewisses Verständnis entgegenbringen, hätte von ihnen aber auch gerne gehört, dass der Defizitabbau bei den Krankenkassen allein weder eine Gesundheitsreform darstellt, noch eine Garantie für die Schließung von Versorgungslücken ist und erst recht nicht die Finanzierung künftiger Herausforderungen wie etwa die alternde Gesellschaft und den Fortschritt der Medizin für alle sichert." Die Schließung von Ordinationen in ganzen Bezirken würde zwar auch in Großstädten Probleme bringen, aber am Land, wo die Entfernungen viel größer seien, könne das kritische Situationen hervorrufen. Derartige Schließungen sollten daher dringend überdacht werden.

Der Gesundheitssprecher der Grünen verweist darauf, dass Krankenkassen und Ärztekammern eigentlich gleiches Interesse an der Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems haben müssten und nicht - provoziert durch das Politikversagen - weiter Öl ins Feuer gießen sollten. "Klar ist, dass die Krankenkassen mehr Geld brauchen. Dafür ist eine Anhebung der Höchstbeitragsgrenze und die Einbeziehung nicht lohn- und gehaltsabhängiger Einkommen in die Bemessungsgrundlage von Krankenkassenbeiträgen erforderlich", schließt Grünewald

 

 Belakowitsch-Jenewein: Kdolsky soll "Reförmchen" zurückziehen
Eine wirkliche Reform muss auch Finanzierung der Spitäler, die Finanzierung aus einer Hand und die Zusammenlegung der Krankenkassen beinhalten
Wien (fpd) - "Wenn die Gesundheitsministerin versucht, Ihre Untätigkeit im Gesundheitsressort durch die Vorlage eines Reförmchens, welches ganz offensichtlich nur eine Abschrift des Sozialpartnerpapiers ist, zu kaschieren, darf sie sich nicht wundern, dass hier vor allem die Ärzte zum Widerstand rufen", beanstandete FPÖ-Gesundheitssprecherin NAbg. Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein das bisherige Vorgehen Kdolskys. Es sei vermutlich besser gewesen, schon vor der Fertigstellung und der Präsentation des Papiers, die Ärzteschaft einzubeziehen, so die freiheitliche Gesundheitssprecherin.

"Wie alle Umfragen bestätigen, haben immerhin 82% der Österreicherinnen und Österreicher ein hohes Vertrauen in Ihren Arzt und möchten weiterhin von diesem ihre Medikamente verschrieben bekommen", stellt Belakowitsch-Jenewein fest. "Und immerhin bringen mehr als zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung nicht nur Verständnis für die Ärzteproteste auf, sie befinden diese sogar für gut! Das sollte wohl auch einer abgehobenen Gesundheitsministerin zu denken geben, die sich scheinbar auf einen Justament-Standpunkt stellt!" Belakowitsch-Jenewein konstatiert abschließend, dass es jetzt klüger wäre, dieses unselige Papier zurückzuziehen und dafür eine wirkliche Gesundheitsreform anzugehen. Diese müsse dann aber auch die Finanzierung der Spitäler mit einbeziehen. Zudem sei endlich die Finanzierung aus einer Hand sicherzustellen und eine echte Reform müsse auch die Zusammenlegung der Krankenkassen beinhalten.

 

 Haubner: Gesundheitsreform schon jetzt Flop des Jahres!
Die BZÖ-Gesundheitssprecherin forderte eine echte Reform durch Vereinheitlichung der ärztlichen Grundversorgung
Wien (bzö) - Die stellvertretende Klubobfrau des BZÖ Gesundheitssprecherin Ursula Haubner sieht im herrschenden Chaos rund um die Gesundheitsreform "schon jetzt den Regierungsflop des Jahres". Die Österreicher werden täglich mehr verunsichert. "Die gesamte Debatte erinnert immer mehr an ein Schlachtfeld, wo jeder aus seinem einbetonierten Schützengraben auf jeden feuert ohne die Interessen der Menschen auch nur irgendwie zu beachten. Weder helfen Streiks, noch ultimative Drohungen, sondern jetzt gilt es das nachzuholen, was bisher versäumt wurde - nämlich alle betroffene Gruppen an den Verhandlungstisch zu holen und eine Gesundheitsreform mit einer echten Strukturänderung umzusetzen. Bis jetzt zahlen nur die Patienten drauf und die Ärzte werden zu alleinigen Sündenböcken gestempelt", betont Haubner. Gesundheitsministerin Kdolsky agiere wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen und sei durch ihr unprofessionelles Vorgehen drauf und dran das Vertrauen der Bevölkerung in das österreichische Gesundheitssystem zu verspielen

Die BZÖ-Gesundheitssprecherin forderte eine echte Reform durch Vereinheitlichung der ärztlichen Grundversorgung. "Wir brauchen dringend in ganz Österreich ein einheitliches Leistungsangebot an den Versicherten, einheitliche Leistungshonorare für Ärzte sowie eine einheitliche, verpflichtende Behandlungsökonomie", so Haubner.

Weiters verlangte Haubner die Halbierung des Mehrwertsteuersatzes auf Medikamente von 20 auf zehn Prozent. Die Patienten und das Gesundheitssystem könnten dadurch um rund 300 Mio. Euro entlastet werden. Österreich ist ein Medikamentenhochpreisland. Eine Senkung der Mehrwertsteuer zur Entlastung der Patienten ist daher ein Gebot der Stunde", so Haubner abschließend.

 

Ärztekammer: Vorbereitungen für Protestmaßnahmen laufen auf Hochtouren
Überwältigende Solidarität in der Ärzteschaft - Enormer Zuspruch von Patienten
Wien (ärztekammer) - "Die Vorbereitungen für die geplanten Aktionen laufen auf Hochtouren. Der Zuspruch, den wir vonseiten der Patienten sowie aus der gesamten Ärzteschaft bekommen, ist überwältigend und bestärkt uns, weiterzumachen", betont der Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, Johannes Steinhart, am 21.05. Beim Krisengipfel der Wiener Ärzteschaft am 27. Mai 2008 im Austria Center Vienna rechnet er mit einem "vollbesetzten Haus und vielen protestbereiten Kolleginnen und Kollegen". Zudem hätten bereits sämtliche Landesärztekammern angekündigt, an der Wiener Großdemonstration der Ärzteschaft am 3. Juni 2008 teilnehmen zu wollen.

Die Solidarität und Geschlossenheit innerhalb der Ärzteschaft sei "einfach grandios", zeigt sich der Vizepräsident vom Zusammenhalt begeistert. In seiner gesamten Zeit als Standesvertreter habe er das bisher noch nicht erlebt, "aber die Bundesregierung schafft hier einen wirklich einmaligen Schulterschluss: Die gesamte Kollegenschaft ist fest entschlossen, diesen Angriff auf unseren freien Berufsstand mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln abzuwehren." Dies spiegle sich auch in einer aktuellen OGM-Umfrage wider, wonach 67 Prozent der Patienten die Ärzteproteste für gerechtfertigt halten.

Zahlreiche Anrufe und E-Mails von besorgten Patientinnen und Patienten in der Ärztekammer ließen zusätzlich darauf schließen, dass die Unterstützung in der Bevölkerung in großem Ausmaß vorhanden sei. "Wir erhalten immer wieder Solidaritätsbekundungen von Patienten, die uns ermuntern und sogar auffordern, unsere Aktivitäten fortzusetzen", so der Vizepräsident.

82 Prozent der Bevölkerung lehnen Aut-idem-Verschreibung ab
Steinhart sieht seine Befürchtung, dass die Unsicherheit in der Bevölkerung, vor allem bei den älteren Patienten, massiv ausgeprägt ist, durch die OGM-Umfrage bestätigt. 82 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher lehnten demnach die Aut-idem-Verschreibung ab, wonach der Arzt nur den Wirkstoff verschreibt und der Apotheker das günstigste Medikament aussucht. "Die Menschen haben Angst davor, was auf sie zukommt, durch Aut-idem-Verschreibung und die anderen Schreckgespenster, die die Bundesregierung auf sie loslassen will", schildert der Vizepräsident seine Eindrücke.

Aus diesem Grund rechnet er auch mit zahlreichen Patientinnen und Patienten, die bei der Großdemonstration am 3. Juni "Schulter an Schulter mit uns Ärzten gegen die Zerstörung des österreichischen Gesundheitssystems" marschieren werden.

"Mit dieser Husch-Pfusch-Gesundheitsreform riskiert die Bundesregierung, ein seit Jahrzehnten funktionierendes System zu ruinieren. Dagegen werden wir uns so lange wehren, bis diese kranke Reform vom Tisch ist", kündigt Steinhart die Bereitschaft zu weiteren Maßnahmen an.
 
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