Frankreichs Staatspräsident Sarkozy in Wien  

erstellt am
02. 06. 08

Gusenbauer: "Frankreich und Österreich in wesentlichen EU-Fragen einig"
Wien (bpd) - Bundeskanzler Alfred Gusenbauer traf am 30.05. mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy zu einem Arbeitsgespräch im Bundeskanzleramt zusammen. Anlass für den Besuch war Sarkozys „Tour des Capitales“ in Vorbereitung des französischen EU-Ratsvorsitzes im zweiten Halbjahr 2008. Dementsprechend standen aktuelle EU-Themen wie Energiepolitik, Klimawandel, Verkehrsfragen, Migrations- und Sicherheitspolitik im Mittelpunkt der Gespräche.

Bundeskanzler Gusenbauer und Staatspräsident Sarkozy lobten in der anschließenden Pressekonferenz die gegenwärtig sehr guten bilateralen Beziehungen zwischen Frankreich und Österreich. Auch in den meisten EU-Fragen sei man einer Meinung. „Wir wollen gemeinsam eine Reihe von Initiativen auf europäischer Ebene starten“, kündigte Gusenbauer an. Das kommende Halbjahr unter französischem Vorsitz werde eine entscheidende Phase für die künftige Entwicklung der Union sein: „Nachdem sich die Europäische Union lange mit dem Vertrag von Lissabon und seiner Ratifikation beschäftigt hat, ist es nun an der Zeit, sich den Alltagssorgen der Menschen und den aktuellen Problemen zu widmen. Damit wird sich auch die Distanz zwischen Europa und seinen Bürgerinnen und Bürgern verringern“, zeigte sich der Bundeskanzler überzeugt.

Im Kampf gegen den Klimawandel und in der Energiepolitik sei man sich über eine weitere, gemeinsame Vorgangsweise einig: „Europa muss hier gemeinsam Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig muss es uns ein Anliegen sein, dass aus dem forcierten Klimaschutz in Europa keine Wettbewerbsnachteile für unsere Wirtschaft erwachsen“, so Gusenbauer. In der Verkehrspolitik werde Österreich großes Augenmerk auf die Wegekostenrichtlinie legen: „Es muss im Sinne des Klimaschutzes zu einer Internalisierung externer Kosten kommen. Einzelne Länder in Europa können hier nicht alleine die Lasten tragen“, sagte Gusenbauer. Sarkozy sagte dem Bundeskanzler zu, Österreich in punkto Wegekostenrichtlinie zu unterstützen.

Zum französischen Vorschlag eines Einwanderungspaktes äußerte sich der Bundeskanzler positiv: „Europa muss sich mit dem Problem der illegalen Einwanderung auseinander setzen. Die österreichische Bundesregierung spricht sich dabei ganz klar für eine gemeinsame Vorgangsweise im Bereich Migration und Asylpolitik aus. Ich freue mich daher über diesen Schwerpunkt im Rahmen des französischen EU-Ratsvorsitzes“. Einig sei man sich auch darin, dass etwas gegen die hohen Treibstoffpreise unternommen werden müsse. Hier gelte es, auf EU-Ebene alle Vorschläge zu sammeln und dann einen gemeinsamen Weg zu finden. „Österreich spricht sich für die Besteuerung von Spekulationsgewinnen aus. Welches Ergebnis die Diskussion auf EU-Ebene auch letztlich bringt, wichtig ist, dass die Preisentwicklung für die Menschen verträglicher gestaltet wird“, so Gusenbauer.

Der französische Staatspräsident betonte die Rolle Österreichs in der EU: „Wir werden die österreichische Unterstützung für die anstehenden Fragen brauchen. Gemeinsam wollen wir ein Europa voranbringen, dass im Dienste seiner Bürgerinnen und Bürger steht“, so Sarkozy. Bundeskanzler Gusenbauer schloss mit einem sportlichen Ausblick auf die EURO 2008: „Sportereignisse wie die Fußball EM haben ein grenzübergreifendes, verbindendes Element. Die Begeisterung für den Sport bringt Menschen zusammen. Daher sind uns auch gemeinsame, europäische Initiativen im Sportbereich ein wichtiges Anliegen.“

 

Plassnik: "Präzise Sacharbeit zur Vorbereitung des EU-Reformvertrags notwendig"
Plassnik nützte die Gelegenheit, um auch das Thema Alpentransit und die bevorstehende Reform der Wegekosten-Richtlinie anzusprechen
Wien (bmeia) -
"Unter französischem EU-Vorsitz stehen wichtige Weichenstellungen bevor, etwa im Bereich Energie- und Klimapolitik, der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit dem geplanten Pakt zur Migration. Frankreich kann hier auf die aktive Unterstützung Österreichs zählen", so Außenministerin Ursula Plassnik anlässlich des Besuchs von Präsident Nicolas Sarkozy in Wien.

"Zentraler Punkt auf der EU-Agenda ist aus unserer Sicht die sorgfältige Vorbereitung auf das Inkrafttreten des EU-Vertrags von Lissabon. Mit dem Reformvertrag wird es ein neues Format im Europa-Spitzenensemble geben", verwies Plassnik auf den gewählten Präsidenten des Europäischen Rates, den "EU-Außenminister" und den Teamvorsitz für die Spezialformationen des Rates. "Die Umsetzung dieser weitreichenden Änderungen muss gut durchgedacht und umsichtig vorbereitet werden. Die EU muss nicht nur das geeignete Führungspersonal finden, sondern auch organisatorisch präzise Sacharbeit leisten. Dies kann der französische Vorsitz nicht alleine bewerkstelligen. Hier ist eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit allen Mitgliedstaaten gefordert. Frankreich braucht bei dieser Arbeit die tatkräftige Mithilfe der 'KMS' – der kleineren und mittleren Mitgliedstaaten. Sie sind gleichermaßen unerlässlich als Motoren und Verbindungselemente der europäischen Integration."

Plassnik wiederholte die klare Haltung Österreichs zur Atompolitik. "Frankreich und Österreich haben zwar deutlich unterschiedliche Positionen in der Nuklearpolitik. Was uns aber verbinden muss, ist der Wille, nachhaltig an der Verbesserung der Sicherheit der bestehenden Atomkraftwerke in der EU zu arbeiten." In diesem Zusammenhang verwies sie auf die öffentlichen Äußerungen von slowakischer Seite betreffend die Schließung von Bohunice. "Wir haben im Beitrittvertrag 2004 klare Regelungen vereinbart , welche die Schließung bis 2010 vorsehen. Ich erwarte, dass diese Vereinbarung auch eingehalten wird."

Plassnik nützte die Gelegenheit, um auch das Thema Alpentransit und die bevorstehende Reform der Wegekosten-Richtlinie anzusprechen: "Ich zähle hier auf die aktive Unterstützung des französischen EU-Vorsitzes. Kostenwahrheit muss unser Prinzip sein. Nur so ist eine nachhaltige Verlagerung von der Straße auf die Schiene erzielbar. Zudem gilt: wer es ernst meint mit der Umwelt und den vereinbarten Zielen zum Klimaschutz, der muss für eine zeitgemäße Wegekosten-Richtlinie eintreten. Unser gemeinsames Ziel muss die Entlastung ökologisch sensibler Regionen wie Tirol sein. Die Bundesregierung wird hier beharrlich und konsequent die Interessen der Menschen in Tirol vertreten."
 
zurück