Wie geht es mit der internationalen Umweltpolitik weiter?   

erstellt am
19. 06. 08

Aarhuskonferenz als Thema im Umweltausschuss
Wien (pk) - Die dritte Vertragstaatenkonferenz zur Aarhuskonferenz vorige Woche in Riga stand im Mittelpunkt einer aktuellen Aussprache mit Umweltminister Josef Pröll am 19.06. im Umweltausschuss des Nationalrats. Bei der von Ausschuss-Obfrau Eva Glawischnig-Piesczek (G) geleiteten Sitzung nutzen die Abgeordneten die Gelegenheit, auch Fragen im Zusammenhang mit dem Projekt einer Müllverbrennungsanlage im burgenländischen Heiligenkreuz, den Ausbau des slowakischen AKW Mochovce, die Möglichkeiten von Unterstützungen für Einzelpersonen und NGO in Umweltverfahren sowie Tempobegrenzungen an einzelnen Autobahnteilstücken anzusprechen.

Zur Aarhuskonferenz
In einer knappen Stellungnahme informierte Minister Pröll den Ausschuss zunächst über die in der Vorwoche in Riga durchgeführten dritten Vertragstaatenkonferenz zur Aarhuskonferenz. Österreich war dabei auf Beamtenebene vertreten. 41 Parteien seien von der Konvention umfasst, die in Europa hohen Stellenwert habe, nicht zuletzt im Hinblick auf das Thema des Zugangs zu Informationen, der 1. der drei "Säulen" der Konvention. Pröll wies darauf hin, dass 90 % der Mittel für die Konferenz von der EU bereit gestellt würden, dass die EU aber auch der Raum sei, in dem die meisten Rechtsakte umgesetzt seien. Für die Zukunft gehe es um die langfristige strategische Planung, einschließlich Implementation und Weiterentwicklung. In Riga sei eine Arbeitsgruppe unter schwedischer Federführung eingesetzt worden, die sich mit den Möglichkeiten der Beteiligung von NGO und Öffentlichkeit am Prozess – die 2. Säule – beschäftigen werde, und schließlich gehe es um prozedurale Beschleunigung.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) monierte, dass die Frage des Zugangs zu Gerichten in Umweltsachen (3. Säule) noch ungelöst sei und wollte dazu die Vorstellungen des Ministers hören. Weitere Fragen bezogen sich auf Möglichkeiten der Finanzierung von Bürgerinitiativen und Einzelpersonen in Umweltsachen, allenfalls durch einen aus öffentlichen Mitteln gespeisten Fonds, und auf die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsgruppe. Ihre Fraktionskollegin Gabriela Moser wollte diesbezüglich konkrete Zeithorizonte und Umsetzungsschritte wissen und fragte nach dem aktuellen Stand der Ratifizierung der Konvention. - Abgeordneter Norbert Hofer (F) sah Österreich bei der Umsetzung der Konvention insgesamt auf einem guten Weg, abgesehen vom Zugang zu Gerichten, und erinnerte in diesem Zusammenhang an die Landes-Umweltanwaltschaften. Was diesen allerdings fehle, sei eine Vernetzung, befand Hofer. – Auch für Abgeordnete Petra Bayr (S) ist hinsichtlich des Zugangs zu Gerichten der "bestmögliche Zustand" noch nicht erreicht. Bayr erkundigte sich über Vorstellungen einer Ausweitung der Konvention und über Aussichten für ein verbindlicheres System der Finanzierung als die derzeit funktionierenden freiwilligen Leistungen.

Auch wenn Österreich bei der Umsetzung der Konvention schon sehr weit sei, müsse das Tempo bei der "3. Säule" erhöht werden, erklärte Umweltminister Pröll in Beantwortung der Fragen. Er sei an den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts mit der Bitte um Beurteilung der damit verbundenen rechtlich hoch komplexen Fragen herangetreten. "Die Umsetzung wird geschehen", sagte der Minister, "aber zuerst müssen wir das rechtlich ausloten." Er hoffe aber, dass die Stellungnahme des Verfassungsdienstes in den nächsten Wochen, jedenfalls aber im Sommer, vorliegen werde.

Die Arbeitsgruppe unter schwedischer Führung sei "offen" gestaltet, sagte Pröll weiter, "jeder" könne mitmachen; in welcher Form sein Ressort sich beteilige, werde derzeit überlegt. Bezüglich der Freiwilligkeit der Finanzierung der Konferenz bestehe kein Grund zur Sorge. Für die Zukunft gehe es darum, die Einbindung der NGO in die Konferenz zu stärken; Ausweitungen könne es in Richtung Produktpolitik geben sowie allenfalls in Form von Revision bei der 2. und 3. Säule. Österreich habe sich in Riga aktiv eingebracht und sich insbesondere für eine Ausweitung eingesetzt, sagte Pröll. Allerdings fehlten noch "fünf bis sechs Länder" bis zum Erreichen der "kritischen Masse".

Dicke Luft, Müllverbrennung Heiligenkreuz, AKW Mochovce

Abgeordnete Gabriele Moser (G) kam auf die Möglichkeiten von Einzelpersonen und Verbänden zu sprechen, sich etwa im Zusammenhang mit überhöhten Schadstoffbelastungen im Grazer Zentralraum durchzusetzen. – Abgeordneter Veit Schalle (B) sprach wechselnde Tempobegrenzungen auf einzelnen Autobahn-Teilstücken – etwa im Raum Linz – an und ging auf das Thema Umweltverträglichkeitsprüfung beim Müllverbrennungsprojekt Heiligenkreuz und beim AKW Mochovce ein. – Abgeordneter Norbert Hofer (F) kritisierte, dass in Heiligenkreuz große Mengen von Müll anfallen würden, der nicht aus dem Burgenland stamme. – Abgeordneter Franz Hörl (V) erkundigte sich nach den Chancen, im Hinblick auf die Widerstände von Bürgerinitiativen eine Erhöhung des Anteils an nachhaltiger Energie wie Wasserkraft zu erreichen.

Im Zusammenhang mit der Schadstoffbelastung im Raum Graz meinte Minister Pröll, dass in diesen Fragen nach rechtlichen Prinzipien vorgegangen werden müsse; Einzelfälle zu beurteilen sei nicht seine Sache, sondern die der Gerichte. Das Land Oberösterreich habe sich bei der Temporegulierung an Autobahnen für ein emissionsgesteuertes Modell entschieden; für ihn als Umweltminister sei allein entscheidend, "dass es wirkt". In Richtung des Abgeordneten Hörl sagte Pröll, es sei unbedingt darauf zu sehen, dass Gesetze "auf Punkt und Beistrich eingehalten werden"; eine geordnete Auseinandersetzung auf gleicher Augenhöhe sei nötig.

Beim Müllverbrennungsprojekt Heiligenkreuz liege die Verantwortung beim Burgenland; er habe Sorge zu tragen, dass auch Ungarn im vorgesehenen Ausmaß eingebunden sei und das Behördenverfahren entsprechend abgewickelt werde. Es werde auch darum gehen, die Transportwege optimal zu gestalten. Mülltransfer und –beseitigung dürften allerdings nicht "zu kleinräumig" gesehen werden; auch Österreich habe Interesse, Spezialmüll in entsprechende Anlagen im Ausland zu liefern.

Bedenken äußerte Minister Pröll hinsichtlich Vorstellungen, Bürgerinitiativen und Einzelinitiativen aus öffentlichen Mitteln, etwa durch einen speziellen Fonds, zu fördern, und zwar aus der Sicht dieser Initiativen. Pröll erinnerte an die Debatte über Korruption und sah eine Analogie zum "Anfüttern"; er könne sich nicht vorstellen, dass dies solchen Initiativen förderlich sei.

Zum Thema Mochovce räumte Pröll ein, dass – aus Sicht der Slowakei wie der EU - für den Ausbau der Blöcke III und IV eine aufrechte Baubewilligung vorliege. Er versuche aber intensiv, die Investoren vom Sinn einer grenzüberschreitenden Umwelt-Verträglichkeitsprüfung zu überzeugen. Diesem Ziel diene auch eine Expertenstudie. Pessimistisch zeigte sich der Umweltminister allerdings hinsichtlich der Chance, Österreichs Standpunkt in der EU durchzusetzen: Der Versuch, in Riga das Thema Nuklearsicherheit in die Aarhus-Bestimmungen einzubauen, hätte "keine Chance" gehabt.
 
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