EU-Schwenk der SPÖ  

erstellt am
02. 07. 08

 Gusenbauer: "Wollen mit Bevölkerung in neuen, sehr ernsthaften Dialog treten"
Mit Volksabstimmungen EU-Skeptiker erreichen - "Nicht wir alleine entscheiden, sondern alle gemeinsam"
Wien (sk) - In einem Interview für die "Süddeutsche Zeitung" bekräftigt Bundeskanzler Alfred Gusenbauer die Forderung, über EU-Verträge in Zukunft das Volk entscheiden zu lassen. "Wenn ich künftig ein Referendum anberaume, ist das eine der wenigen Möglichkeiten, die versammelte politische Klasse zu zwingen, sich direkt mit der Bevölkerung auseinanderzusetzen. Ohne diesen Zwang geschieht das offensichtlich nicht", erklärte Gusenbauer. Außerdem würden einem dann die Skeptiker wieder zuhören. "Das Signal lautet: Wir wollen mit euch neu in einen sehr ernsthaften Dialog treten. Nicht wir allein entscheiden, sondern alle gemeinsam", so der Kanzler.

Gusenbauer machte weiters deutlich, dass es "eine Art Erosion von unten" und eine enorme soziale Unzufriedenheit mit Europa gibt. "Die Menschen haben den Eindruck, der wachsende Reichtum geht an vielen von ihnen vorbei." In Österreich habe die Skepsis deshalb enorme Dimensionen angenommen, wir haben nur noch 28 Prozent Zustimmung zur EU, ein Drittel harte Gegner und dazwischen die Skeptiker. "Wenn man sich nicht um die Skeptiker kümmert, hat man bald 50 Prozent oder mehr harte Gegner", hielt der Bundeskanzler fest. Man wolle mit künftigen Volksabstimmungen keinesfalls Verantwortung auf die Bürger abschieben. Im Gegenteil: Man lade sich eine "bedeutend größere" auf und müsse nun die Bevölkerung auch überzeugen.


"Keine Öffnung gegenüber FPÖ"
Auf die Frage, ob die SPÖ es jetzt auf ein Bündnis mit der FPÖ abgesehen habe, entgegnete Gusenbauer: "Ganz im Gegenteil. Jetzt stehen wir in weit höherem Ausmaß in Konkurrenz zur FPÖ, weil die EU-Skeptiker ihr nun nicht mehr wehrlos ausgeliefert sind, sondern wir ihnen ein Dialogangebot machen. Wir haben den Zuwachsprozess der FPÖ jetzt mit Sicherheit gebremst, wenn nicht gestoppt." Es gebe keinerlei Diskussion in der SPÖ, sich gegenüber der FPÖ zu öffnen. Die Partei diskutiert das nicht und hat da nichts vor. Und, so Gusenbauer: Er sei zwar nicht mehr Parteivorsitzender, "aber eine Koalition mit der FPÖ wird sicher nicht in Erwägung gezogen".

 

 Spindelegger appelliert an SPÖ
Gusenbauer und Faymann sollen Europa-Kurswechsel ernsthaft überdenken
Wien (övp-pk) - "Auch wenn das SPÖ-Führungsduo Gusenbauer-Faymann seinen Schritt seit Tagen klein zu reden versucht und die Aufregung um den Brief an die Kronen-Zeitung nicht verstehen will, ist es eindeutig: Die SPÖ hat in der Außenpolitik einen 180-Grad-Schwenk vollzogen, der Österreichs Reputation in Europa gefährdet", sagte der Vorsitzende des EU-Unterausschusses und Zweite Nationalratspräsident Dr. Michael Spindelegger am 03.07.

Das habe auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer in der "ZiB 2" gestern Abend unmissverständlich festgehalten: Die neue SPÖ-Linie bedeute eine Änderung der bisherigen Außenpolitik. "Eine Änderung, die offensichtlich einzig und allein aus populistischen und wahltaktischen Überlegungen heraus erfolgt ist", so Spindelegger, der die SPÖ dementsprechend auffordert, ihren Kurswechsel zu überdenken und eine Rückkehr zum bisherigen Konsens der Regierung in Europafragen anzustreben.

"Für einen Kniefall vor dem Boulevard und kurzsichtiges Schielen auf innenpolitische Vorteile ist Europa zu wichtig. Da sollten Gusenbauer und Faymann schon ein wenig auf die Stimmen ihrer politischen Freunde von der internationalen Sozialdemokratie hören, die diesen Schwenk in ihrer großen Mehrheit ebenfalls sehr kritisch beurteilen", so Spindelegger abschließend.

 

 Lockl: Grüne starten Online-Kampagne für enttäuschte SPÖ-WählerInnen
"SPÖ-Erinnerungsmail" vor kommender Wahl - Liste mit gebrochenen SP-Wahlversprechen
Wien (grüne) - Die Grünen starten angesichts des EU-Schwenks der SPÖ heute um 14 Uhr eine Online-Kampagne, die sich an enttäuschte SPÖ-WählerInnen richtet. Unter dem Titel "Bitte erinnern sie mich vor der nächsten Wahl an meinen Entschluss, die SPÖ nicht mehr zu wählen!" können diese unter http://www.gruene.at ab sofort ihre E-Mail-Adresse hinterlassen und ein "Erinnerungsmail" bestellen. In diesem werden sie rechtzeitig vor der nächsten Wahl an gebrochene SPÖ-Wahlversprechen erinnert. Die entsprechende Liste mit den diverse SPÖ-Schwenks kann von den UserInnen ergänzt werden.

Die SPÖ hat zentrale Wahlversprechen wie den Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag gebrochen. Sie hat die Fremdenrechtsgesetze der alten Schüssel-Haider-Regierung mitbeschlossen. Sie hat die Wahl von Jörg Haider zum Kärntner Landeshauptmann ermöglicht. Nun schielen maßgebliche SPÖ-Granden nach dem Vorbild der ÖVP zur Strache-FPÖ.

"Die SPÖ-Führung hat bewiesen, dass sie für den eigenen Machterhalt bereit ist, Grundhaltungen über Bord zu werfen. Neoparteichef Faymann und Kanzler Gusenbauer haben ihr Rückgrat und ihre Glaubwürdigkeit verloren", erläutert der Bundesparteisekretär der Grünen, Lothar Lockl, die Gründe für die Online-Kampagne und fügt hinzu: "Die Grünen sind nicht fehlerfrei. Aber: Die grüne Haltung zur FPÖ, zu Menschenrechten und zu Europa ist unverrückbar", so Lockl.

 

 Kickl: Gusenbauer verteidigt schamlos seine innenpolitischen Verrenkungen
FPÖ ist in keinster Weise auf diese scheinheilige Gusenbauer-SPÖ angewiesen
Wien (fpd) - "Es ist einfach absurd, dass Gusenbauer nun den Kampf gegen die EU-Verdrossenheit führen will, wenn er im Gegenzug nicht einmal mit der 'Gusenbauer- Verdrossenheit' in der eigenen Partei fertig wird", erklärte FPÖ-Generalsekretär NAbg. Herbert Kickl zu einer aktuellen Aussendung von Kanzler Gusenbauer, wonach dieser "mit der Bevölkerung in einen neuen, sehr ernsthaften Dialog treten" wolle. Die SPÖ sei vielmehr momentan die erste Adresse in Sachen Unglaubwürdigkeit. Der derzeitige angebliche Kurswechsel in Sachen EU sei ohnehin der Gipfel, dieser sei angesichts der anderslautenden Aussagen des Kanzlers aus den letzten eineinhalb Jahren an Scheinheiligkeit und Heuchelei schwer zu überbieten.

Die Politik à la Gusenbauer und Co. sei in Wahrheit so gescheitert wie die der bisher mit ihm verbündeten EU-Bürokraten. Beide seien im Grunde Auslaufmodelle. Die FPÖ habe übrigens schon seit längerem die unsoziale Schieflage dieser Europäischen Union angeprangert und musste sich dafür von den Moralaposteln der SPÖ ins rechte Eck stellen lassen. Auch hier vollziehe die SPÖ nun offenbar einen Schwenk, dass sich die Balken biegen würden, so der freiheitliche Generalsekretär weiter.

Die FPÖ sei im übrigen in keinster Weise in einer Position, wo sie die Akzeptanz der SPÖ auch nur irgendwie benötige. "Einzig wichtig ist den Freiheitlichen die Akzeptanz von Seiten der Wähler, alles andere ergibt sich von selbst", schloss Kickl.

 

 Grosz: Gusenbauers Pseudorechtfertigung völlig unglaubwürdig
BZÖ-Antrag für Volksabstimmung zum EU-Vertrag wird Nagelprobe für SPÖ
Wien (bzö) - BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz bezeichnete die Pseudo-Rechtfertigungen Gusenbauers für den sogenannten SPÖ-EU-Schwenk der SPÖ im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" als "völlig unglaubwürdig". "Die SPÖ bekennt sich auch trotz des klaren Neins der Iren zum Lissabonner Vertrag, der in einer Husch-Pfusch-Aktion von SPÖ, ÖVP und Grünen im Parlament durchgepeitscht wurde. Damit ist der vorgetäuschte Meinungsschwenk ein völliger Holler und eine Verarschung der Bevölkerung. Die Österreicherinnen und Österreicher fallen nicht auf solch billige Tricks des Umfallerkanzlers Gusenbauer und des Möchtegernparteichefs Faymann herein", so Grosz.

Der BZÖ-Anträge für eine Volksabstimmung über den EU-Vertrag heute im Grazer Gemeinderat und kommende Woche im Parlament würden damit zur Nagelprobe für die SPÖ. "Dann wird sich zeigen, ob die SPÖ Charakter hat und ihre Ankündigung, die Bevölkerung mit Volksabstimmungen in die Europapolitik miteinzubinden, wahr macht oder ob sie gleich wieder umfällt und sich bis auf die Knochen blamiert", sagte Grosz abschließend.
 
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