NS-Aufarbeitung der Stadt Linz   

erstellt am
18. 07. 08

Linz (stadt) - Vor kurzem wurde von der Stadt Linz eine Bronzefigur der Aphrodite vom Pavillon am Bauernberg entfernt. Recherchen ergaben, dass Adolf Hitler 1942 die Statue seiner „Patenstadt“ geschenkt hatte.

In der Diskussion über das Entfernen der Statue, wurde der Stadt Linz mangelnde Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit vorgeworfen. Archivdirektor Dr. Walter Schuster stellt dazu fest, „dass kaum eine Stadt im deutschsprachigen Raum ihre NS-Vergangenheit derart umfassend und engagiert aufarbeitet wie Linz.“

Wesentlicher Schwerpunkt der Linzer Kommunalpolitik ist bis heute das Anbringen von Zeichen des Mahnens und Gedenkens im öffentlichen Raum. Seit 1988 wurden sieben Straßen nach Opfern des Nationalsozialismus und WiderstandskämpferInnen benannt. Über 20 Denkmäler und Gedenktafeln in der ganzen Stadt erinnern an die Auswirkungen der NS-Diktatur in Linz.

1996 beschloss der Linzer Gemeinderat einstimmig eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus. Unter Beteiligung von 50 WissenschafterInnen aus dem In- und Ausland wurden seither zehn größere Publikationen zur NS-Diktatur sowie zur Vorgeschichte und den Auswirkungen der NS-Zeit nach 1945 verfasst. Gerade die fachlich fundierten Bücher des Archivs fanden in der Öffentlichkeit große, überregionale Aufmerksamkeit und wurden speziell von den LinzerInnen interessiert aufgenommen. Die Hauptergebnisse des Projektes „Nationalsozialismus in Linz“ sind in deutscher und englischer Sprache auf den Internetseiten der Stadt Linz zu finden. Wie die hohen Zugriffszahlen zeigen, treffen sie auf hohes Interesse.

Zusätzlich wurden in den vergangenen zehn Jahren vom Archiv der Stadt Linz Symposien, Ausstellungen und Videos für eine breite Öffentlichkeit erarbeitet. Gemeinsam mit der Volkshochschule führt das Archiv seit vielen Jahren Vortragsreihen zum Thema Nationalsozialismus durch. Die Ausstellungen im Brucknerhaus und im Wissensturm sind beim Publikum gut angekommen und wurden auch als Wanderausstellungen in Linzer Schulen gezeigt. Auch im Stadtmuseum Nordico fanden in den vergangenen Jahren wiederholt Ausstellungen zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus statt.

Gerade diese engagierte Aufarbeitung der NS-Diktatur durch die Stadt Linz war Anlass, die Statue, die ein persönliches Geschenk Hitlers war, zu entfernen. „Die Aphrodite an ihrem ursprünglichen Platz einfach zu belassen, hieße, das Geschenk Hitlers ein zweites Mal anzunehmen“, so Archivdirektor Dr. Walter Schuster.
 
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