"Wiener Geschichtsblätter" 02/08:
Adel und Architektur im Barock
 
 

erstellt am
11. 08. 08

Beatrix Bastl über "Der aristokratische Zugriff auf das barocke Wien"
Wien (rk) - Die Wissenschaftlerin Beatrix Bastl beschäftigt sich in ihrer Abhandlung mit dem Einfluss der aristokratischen und hofnahen Gesellschaft auf die Architektur im barocken Wien. Die Stadt hatte um 1770 bereits 180.000 Einwohner und lag damit hinter Paris und Neapel an dritter Stelle. Das habsburgische Reich selbst beheimatete 17 Millionen Einwohner.

Die Stadt teilt sich
Bereits vor der Zeit Maria Theresias (Regierungszeit 1740-1780) herrschte in Wien Platzmangel, nicht zuletzt auch unter der aristokratischen Bevölkerung. Dieser Umstand resultierte daraus, dass nur wenige Häuser sowohl nah am Kaiserlichen Hof gelegen, als auch groß genug für Familie und Gesinde waren. Ergebnis dessen war ein Platzwechsel beziehungsweise eine Vernetzung zwischen den Bürgern und den aristokratischen oder anderen Mitgliedern der hoforientierten Gesellschaft. Daraus wiederum ergab sich in späterer Folge eine Teilung der Stadt als Zentrum ökonomischer Aktivität und als Sitz der Regierung.

Gebäude, sozialer Status und Erziehung
Ein Wechsel der Besitzer oder eine Änderung des sozialen Status manifestierte sich in der Gestaltung und Nutzung des Hauses. Die Anordnung von Räumen und Platzierung von Dekoren, wie zum Beispiel Säulen, sagten viel über den sozialen Stand seiner Bewohner aus. Exzessive Zurschaustellung war für Bürger nicht angemessen, für Aristokraten hingegen extrem wichtig. Der Sinn für Architektur, geometrische Formensprache und Symbolik war beim Adel wichtiger Bestandteil der Erziehung.

Für HistorikerInnen ist die Analyse der verwendeten Stilelemente heute eine wichtige Informationsquelle. Trends, sowie politische und ideologische Orientierung in der Gesellschaft lassen sich damit gut identifizieren.

Vernetzung des Adels
Aus den Namen der Eigner und den Zeugen in den Heiratsverträgen lässt sich sehr gut die Vernetzung des österreichischen Adels in Wien herauslesen. Wenn man z.B. das Palais Harrach mit dem Stadtpalais Liechtenstein und dem Palais Dietrichstein (alle im 1. Bezirk gelegen) vergleicht, hat man laut Bastl die "Gründer-Bauten der hochbarocken Architektur in Wien vor Augen". Die drei Familien waren am häufigsten miteinander verheiratet, schlossen am häufigsten untereinander Verträge und Ihre Paläste befanden sich in unmittelbarer Nähe.

Weitere Themen der Ausgabe Heft 2/08

Silvia Freimann schreibt in dieser Ausgabe "Zur malerischen Dekoration der Festsäle der Neuen Hofburg" und widmet sich den Entwürfen Eduard Veiths (1858 - 1925). Thomasz Szubert beleuchtet die Zeit General Bems in Wien und stellt die Frage: "Held oder Abenteurer?" Jozef Bem gilt als ungarischer und polnischer Nationalheld und setzte sich Mitte des 19. Jahrhunderts für die Unabhängigkeit Polens ein.

Die Wiener Geschichtsblätter kosten pro Ausgabe Euro 7 im Buchhandel. Mitglieder des Vereins für Geschichte der Stadt Wien erhalten das Periodikum neben anderen Publikationen gegen einen Jahresbeitrag von 35 Euro kostenlos. Verlegt wird die renommierte Zeitschrift, die vierteljährlich erscheint, im LIT Verlag.
 
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