Die Talfahrt geht weiter   

erstellt am
18. 08. 08

Bank Austria Konjunkturindikator sinkt im Juli auf 5-Jahrestief – Erhöhtes Risiko einer Stagnation in der zweiten Jahreshälfte – Wirtschaftswachstum sinkt 2009 auf 1,2 Prozent
Wien (ba) - Seit dem schwungvollen Start ins laufende Jahr büßt der heimische Konjunkturmotor kontinuierlich an Drehmoment ein. Nach dem Plus um 0,6 Prozent zur Vorperiode bzw. 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr im ersten Quartal hielt sich der Drehzahlverlust im Folgequartal mit einem Anstieg des BIP um 0,4 Prozent bzw. 2,0 Prozent noch in Grenzen. Nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria wird sich das Wachstumstempo in den nächsten Monaten allerdings noch weit stärker reduzieren. Der aktuelle Bank Austria Konjunkturindikator ist von 1,7 auf 1,4 im Juli gesunken und gibt damit die zukünftige Fahrtrichtung deutlich vor. "Der Rückgang des Bank Austria Konjunkturindikators im Juli auf einen 5-Jahrestiefstwert signalisiert, dass die österreichische Wirtschaft in den nächsten Monaten noch einmal einen Gang zurückschalten wird", meint Stefan Bruckbauer, stellvertretender Chefvolkswirt der Bank Austria, und ergänzt: "Die Wachstumsraten werden in der zweiten Jahreshälfte im Quartalsvergleich nur mehr knapp über Null liegen, für das Gesamtjahr 2008 ist dank des guten Starts jedoch ein BIP-Anstieg von 2,0 Prozent zu erwarten."

Die Fortsetzung der Talfahrt des Konjunkturindikators im Juli ist hauptsächlich auf die immer stärkeren Bremsspuren des Industrievertrauens zurückzuführen. Sowohl in den österreichischen als auch in den europäischen Industrieunternehmen ist die Stimmung auf dem tiefsten Wert seit rund drei Jahren gesunken. In Europa hat sich das Industrieklima auf breiter Front verschlechtert, wobei vor allem die für die heimische Exportwirtschaft bedeutende deutsche und italienische Industrie negativ hervorstechen. Auch das Klima unter den heimischen Konsumenten hat sich weiter eingetrübt. "Die Stimmung in der Wirtschaft hat einen langjährigen Tiefpunkt erreicht. Das Risiko steigt, dass sich der österreichische Konjunkturmotor in der zweiten Jahreshälfte 2008 sogar nur noch im Leerlauf befinden wird", meint Bruckbauer.

Sorgenkind Inflation
Das sinkende Konsumentenvertrauen signalisiert, dass der private Konsum weiterhin nicht zum Turbo der Wirtschaftsentwicklung werden wird. Die hohe Teuerung bleibt der Sand im Getriebe für eine Belebung der Konsumnachfrage, selbst wenn einige Anzeichen für eine bevorstehende Entschärfung der Inflationslage sprechen. Die Inflation lag im Juli mit 3,8 Prozent im Jahresabstand geringfügig unter dem Juni-Wert und hat ihren diesjährigen Höhepunkt voraussichtlich überschritten. Unterstützt durch die globale Konjunkturverlangsamung scheint die rasante Preisdynamik der vergangenen Monate zumindest vorerst gebrochen, wenn auch die erwartete Entspannung der Nahrungsmittelpreise nur sehr zögerlich vor sich geht und die Nachhaltigkeit des Rückgangs des Erdölpreises der vergangenen Wochen fraglich ist. Da nun verstärkt mit Preisanpassungen bei Produktgruppen zu rechnen ist, die von den vergangenen Anstiegen im Nahrungsmittel- und Rohstoffbereich kostenmäßig betroffen sind, wird die Teuerung in den nächsten Monaten nur langsam zurückgehen. "Nach durchschnittlich 3,4 Prozent im laufenden Jahr erwarten wir für 2009 eine Jahresinflation von 2,7 Prozent, die weiterhin die Konsumfreude dämpfen wird", meint Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

Zudem kündigt sich am Arbeitsmarkt, der bisher mit günstigen Daten geglänzt hat, mittlerweile die Trendwende an. Die Auswirkungen der beginnenden Konjunktureintrübung sind bereits bemerkbar. Die Dynamik beim Beschäftigtenanstieg geht zurück und die Anzahl der Arbeitslosen sinkt langsamer. "Für 2009 ist wieder ein Anstieg der Arbeitslosenquote zu erwarten. Das schwächt den heimischen Konsum und dämpft die Wachstumsaussichten zusätzlich", so Pudschedl.

Konjunkturmotor stottert über Jahreswechsel hinaus
Die Wachstumsaussichten für die heimische Wirtschaft werden vor allem durch das internationale Konjunkturumfeld begrenzt, das sich nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria in den letzten Wochen nochmals verschlechtert hat. Die Folgen der US-Immobilienkrise sind noch lange nicht verdaut. Die Wachstumsaussichten für die USA sinken und die vage Hoffnung einer Abkopplung der europäischen Konjunktur von der US-Lokomotive hat sich angesichts der jüngsten Konjunkturdaten einiger Länder, wie vor allem Deutschland, in Luft aufgelöst. Diese ungünstigen internationalen Rahmenbedingungen werden die österreichische Konjunktur in den nächsten Monaten noch stärker belasten und die heimische Wirtschaft an den Rand einer Stagnation bringen. Trotz der Vielzahl an Risiken stehen die Chancen gut, dass die österreichische Wirtschaft um den Jahreswechsel 2008/2009 den Konjunkturtiefpunkt durchschreitet, ohne in eine Rezession abzudriften. "Angesichts eines spürbaren Treibstoffmangels sowohl aus internationalen als auch nationalen Quellen wird der österreichische Konjunkturmotor im nächsten Jahr nur langsam in Schwung kommen. Wir erwarten für 2009 ein Wirtschaftswachstum von nur noch 1,2 Prozent, das niedrigste seit 2003", meint Bruckbauer.
 
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