Bartenstein: Bundeswettbewerbsbehörde zu Behörde mit Biss machen   

erstellt am
12. 08. 08

Effiziente Maßnahmen gegen Missbrauch von Marktmacht - Auskunfts- und Sanktionsbefugnisse - Nachholbedarf im europäischen Vergleich
Wien (bmwa) - "Wir wollen die Bundeswettbewerbsbehörde zu einer vollen Wettbewerbsbehörde machen, zu einer Behörde mit Entscheidungsbefugnis in erster Instanz, mehr Ermittlungsbefugnissen und den Bundeskartellanwalt gemäß Koalitionsvereinbarung in die BWB integrieren. Damit wird die BWB zu einer Behörde mit mehr Biss nach europäischem Vorbild", sagte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein am 11.08. bei einer Pressekonferenz, bei der er gemeinsam mit Wettbewerbs-Koordinator Prof. Walter Barfuß, von 2002 bis 2007 Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), und Sektionsleiter Michael Losch den Entwurf eines Wettbewerbsreorganisationsgesetzes 2008 vorgestellt hat. Die Eckpunkte dieses Entwurfs werden morgen dem Ministerrat vorgelegt.

Bartenstein weiter: "Die Teuerung bereitet uns großes Kopfzerbrechen. Sie betrifft nicht nur Österreich, sondern letztlich alle Konsumenten dieser Welt, weil die Inflationsrate auch weltweit viel zu hoch ist. Mehr Wettbewerb ist ein Mittel, um im gegebenen Rahmen hoher Treibstoff- und Nahrungsmittelpreise zumindest die Inflation einzugrenzen, das steht außer Frage."

Bartenstein verwies auch auf Entlastungsmaßnahmen gegen die Teuerung, konkret auf den von Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer vorgelegten Teuerungsausgleich im Gesamtvolumen von 1,3 Milliarden Euro. Daneben beginne das Bemühen um Preistransparenz - konkret das vom Wirtschaftsministerium besorgte Treibstoff- und Energiepreismonitoring - zu greifen, indem jetzt eben auch Preissenkungen rascher weitergegeben würden.

Das Wettbewerbsbelebungs-Paket

"In den vergangenen Jahren gab es eine Vielzahl von Aufforderungen zur Stärkung der BWB, die seit 2002 erfolgreich besteht. Aber jetzt soll sie erwachsen gemacht werden, indem sie mehr Ermittlungsbefugnisse sowie Entscheidungsbefugnisse erster Instanz erhält", fuhr Bartenstein fort. Dafür gebe es bereits Konsens der Sozialpartner, dem sich unter anderem die Wettbewerbskommission, der Rechungshof sowie das WIFO angeschlossen hätten, so Bartenstein. Die als ersten Schritt gemäß Koalitionsvereinbarung geplante Zusammenlegung von BWB und Kartellanwalt in der BWB habe das Justizministerium allerdings bisher blockiert.

Morgen, Dienstag, werde er dem Ministerrat jedenfalls seinen Entwurf zum Wettbewerbsreorganisationsgesetz 2008 vorlegen, der unter Federführung von Wettbewerbs-Koordinator Prof. Walter Barfuß und Sektionsleiter Michael Losch erarbeitet wurde. "Jetzt ist die Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen. Jetzt ist die Zeit der Nagelprobe - auch für den Koalitionspartner und die AK, ob sie bei der Stärkung der BWB mitgehen", betonte Bartenstein.

Die Eckpunkte der Reform

Bartensteins Entwurf sieht vor, die BWB mit 1.1.2009 zu einer modernen „Voll-Wettbewerbsbehörde" nach Vorbild der Europäischen Kommission oder des deutschen Bundeskartellamts auszubauen und so eine schlagkräftigere Wettbewerbskontrolle sicherzustellen. "Die aktuelle Regelung sieht vor, dass die Entscheidungsbefugnis erst beim Kartellgericht liegt. Die BWB hingegen ist lediglich antragsberechtigt", so Bartenstein. Kern der Reform: Die BWB mit einer Entscheidungsbefugnis erster Instanz - etwa bei Fusionskontrolle oder bei Missbrauch von Marktmacht - auszustatten. Weiters soll die BWB Verpflichtungszusagen für bindend erklären, Zuwiderhandlungen feststellen und selber Geldbußen – nicht wie derzeit nur auf Antrag beim Kartellgericht - verhängen können.

Zudem sieht die Reform eine verstärkte Ermittlungskompetenz für die BWB vor: Die Erteilung von Auskünften und die Vorlage von Unterlagen sollen künftig ohne richterlichen Beschluss angeordnet werden können. Weiters erhält die BWB auch die Kompetenz, durch Geldbußen und Zwangsgelder die Durchsetzung ordnungsgemäßer Beantwortung von Auskunftsverlangen zu erreichen. „Die BWB kann damit bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen Tagesumsatzes einfordern", so der Wirtschaftsminister.

Wettbewerbskoordinator Prof. Walter Barfuß: „Derzeit braucht die BWB so gut wie für alles eine gerichtliche Entscheidung. Das ist kein Zustand, daher ist es sinnvoll, jetzt diese Maßnahmen für raschere Verfahren und zur Belebung des Wettbewerbs zu setzen". Er begrüße daher, dass die Sanktionsmöglichkeiten verschärft würden, wenn Unternehmen nicht entsprechend kooperativ seien.

Sektionsleiter Losch verwies auf das Regierungsprogramm, das klar die Zusammenführung des Kartellanwaltes in die BWB vorgesehen habe. "Es gab schon nach Regierungsbeginn sehr intensive Diskussionsrunden gemeinsam mit dem Justizministerium, wir kamen aber dann über den Punkt rascher Integration von Kartellanwalt und BWB nicht hinaus. Im Wirtschaftsministerium haben wir dann eine Umfrage unter den europäischen Wettbewerbsbehörden gestartet. Die Antworten, die wir aus 21 Staaten bekommen haben, zeigen, dass wir uns diesbezüglich in Österreich in einem Aufholprozess befinden."
 
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