Beeinflusst Rauchen Multiple Sklerose?   

erstellt am
21. 08. 08

Innsbrucker Neurologen erforschen Zusammenhang
Innsbruck (universität) - In Österreich leiden 8.500 Menschen an Multipler Sklerose (MS). Der Großteil der Patienten ist zwischen 20 und 40 Jahre alt. Verlauf, Ursachen sowie Risikofaktoren dieser häufigsten neurologischen Erkrankung junger Erwachsener mit dem potenziellen Risiko einer permanenten Behinderung sind nicht vollständig geklärt. Innsbrucker Neurologen erforschen nun erstmals in Österreich im Zuge einer bundesweiten Studie Rauchen als Risikofaktor für den Krankheitsverlauf bei MS.

"Die gesundheitsschädlichen Wirkungen des Rauchens sind allgemein bekannt und unumstritten. Nun mehren sich die Hinweise, dass Rauchen auch in der Krankheitsentwicklung von Multipler Sklerose eine Rolle spielt", erklärt Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, Leiter der Arbeitsgruppe für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose an der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie. Zusammen mit US-Kollegen der Harvard Universität hat das Team rund um Berger vor Kurzem bei einer Studie erste Anhaltspunkte dafür entdeckt, dass Raucher gegenüber Nichtrauchern ein fast doppelt so hohes Risiko haben, nach der Erstmanifestation der MS einen zweiten Krankheitsschub zu erleiden und damit eine "klinisch definitive MS" zu entwickeln.

Untersucht wurden 129 Patienten, die einen "Erstschub" der Erkrankung erlitten hatten. In einem Beobachtungszeitraum von drei Jahren erlitten drei Viertel der Raucher, jedoch nur die Hälfte der Nichtraucher einen zweiten Krankheitsschub. Bei den Rauchern trat der zweite Krankheitsschub außerdem früher auf und mehr Raucher entwickelten eine chronisch fortschreitende Verlaufsform von MS. "Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass Rauchen bei Multipler Sklerose ein Risikofaktor ist und zwar ein so genannter Lifestyle-Risikofaktor, den betroffene Patientinnen und Patienten die rauchen, in der Tat selbst in der Hand haben und ändern können", betont der Neurologe.

Bis Ende 2009 führt das Team rund um Berger in Zusammenarbeit mit fünf weiteren Kliniken und Medizin-Universitäten nun in Österreich eine erste Studie mit rund 500 MS-Patienten zum Thema durch. Diese Untersuchung soll auch Grundlagenerkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Rauchen und Multipler Sklerose liefern und wird von der Österreichischen Multiple Sklerose Gesellschaft gefördert. Die Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe hat in der Erforschung und Therapie neurologischer Erkrankungen international bereits mehrfach für Aufsehen gesorgt. Unter anderem wurden bei Multipler Sklerose wichtige Forschungsbeiträge zu den Ursachen und zur Früherkennung geleistet.

Mit Multipler Sklerose (MS) wird ein ganzer Formenkreis entzündlich-neurologischer Erkrankungen des zentralen Nervensystems bezeichnet. Als Ursache der Erkrankungen dieses Formenkreises gelten bisher unter anderem Immunreaktionen gegen bestimmte Bestandteile des Nervensystems. Ähnlich einem "Kabelbrand" werden dabei bestimmte Nervenleitungen im Gehirn und im Rückenmark zerstört. Symptome des erstmaligen Auftretens von MS sind plötzliche Seh- oder Gefühlsstörungen, Lähmungserscheinungen, Gang- und Gleichgewichtsstörungen. 90 Prozent der MS-Betroffenen erleiden einen solchen "Erstschub", der als "CIS" ("clinically isolated syndrome") bezeichnet wird. Mehr als drei Viertel dieser Patienten (80 Prozent) haben auch einen zweiten Krankheitsschub und leiden damit an einer "klinisch definitiven MS".

Publikation:
Di Pauli F, Reindl M, Ehling R, Schautzer F, Gneiss C, Lutterotti A, O'Reilly EJ, Munger KL, Deisenhammer F, Ascherio A, Berger T. Smoking is a risk factor for early conversion to clinically definite multiple sclerosis. Mult Scler. 2008 Jul 16.
 
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