Häupl / Prager Frühling: Friedensprojekt EU unverzichtbar   

erstellt am
20. 08. 08

Wien (rk) - Vor 40 Jahren, am 21. August 1968, rollten die Panzer in Prag ein. Truppen aus der Sowjetunion, aus Polen, Ungarn und Bulgarien besetzten auf Befehl des Kreml die Tschechoslowakei und schlugen den Versuch der Demokratisierung, der als Prager Frühling in die Geschichte eingehen sollte, blutig nieder. "Dieser traurige Jahrestag hat für Österreich mehr Bedeutung, als es auf den ersten Blick scheinen mag", erklärte Bürgermeister Dr. Michael Häupl gegenüber der Rathauskorrespondenz. "Die Panzer der Warschauer-Pakt-Truppen sind an der Grenze Österreichs gestanden. Und unser eigenes Bundesheer durfte nicht näher als 30 Kilometer an die Grenze rücken, um Russland nicht zu provozieren."

Gerade im Lichte dieser Ereignisse vor 40 Jahren - und im Lichte des Schicksals, das die Tschechoslowakei danach erlitten hat - erscheine die EU, "das größte Friedensprojekt aller Zeiten", alternativlos. "Natürlich muss sich die Europäische Gemeinschaft von einer Wirtschafts- stärker zu einer Sozial-Union entwickeln und die Menschen viel massiver an ihren Entscheidungen teilhaben lassen", meint Häupl, der diese Veränderung auch im Rahmen seines Wirkens als Präsident des Europäischen Städtebundes forciert. Das historische Beispiel der Tschechoslowakei zeige ebenso deutlich wie die aktuelle Situation auf dem Balkan oder etwa auch in Georgien, dass nur eine überzeugte Friedenshaltung und die Stärkung der Demokratie das "gemeinsame Haus Europa" für alle Menschen lebenswert machen könne.

"Auch als 19jähriger habe ich damals gespürt, was diese Niederschlagung des Prager Frühlings für die Menschen in der Tschechoslowakei, aber auch für Europa bedeutet hat", erinnert sich Häupl heute. Zwar hätte es seiner Überzeugung nach wohl nie einen "Kommunismus mit menschlichem Antlitz" geben können, wie Alexander Dubcek ihn anstrebte - dies müsse in jedem totalitären System scheitern. Aber der Versuch, in der kommunistischen Herrschaft durch demokratische Elemente mehr Freiheit und damit mehr Menschlichkeit zu erreichen, berühre ihn bis heute. Letztlich habe sich - nach der "sanften Revolution" 1989 - auch in der ehemaligen Tschechoslowakei erwiesen, dass kein politisches System, das den Menschen die Freiheit nimmt, von Dauer sein kann.
 
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