Sondersitzung mit Wahlkampftönen   

erstellt am
15. 09. 08

Hitzige Debatte über Maßnahmen gegen die Inflation
Wien (pk) - Wie kurz vor einer Nationalratswahl nicht anders zu erwarten, war die Debatte in der Sondersitzung des Nationalrats am 12.09. über weite Strecken von Wahlkampftönen gekennzeichnet. Die Sitzung fand auf Verlangen der SPÖ statt; sie hatte zu Beginn der Sitzung eine Dringliche Anfrage "betreffend Versagen von Wirtschaftsminister Bartenstein bei der Bekämpfung der Teuerung" eingebracht.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) bezeichnete in seiner Begründung der Anfrage den Kampf gegen die Teuerung als eine "aktuell wichtige Notwendigkeit"; man solle heute damit beginnen und noch vor der Wahl Maßnahmen umsetzen. Der Koalitionspartner habe Vorschlägen seiner Fraktion wenig Interesse entgegengebracht, sagte Jarolim, jetzt kämen diese Vorschläge von der Wettbewerbskommission. Lebensmittel seien in Österreich um 18 % teurer als in Deutschland, bei Diskontern sogar um 21 %. In Österreich seien die Preise im Schnitt um ein Drittel höher als in der EU, stellte Jarolim fest und monierte ein Preismonitoring. "Rasche Hilfe ist doppelte Hilfe" sagte der Redner und appellierte an die Abgeordneten, gemeinsam an der Bewältigung der Probleme zu arbeiten.

In einer Debatte zur Geschäftsordnung verlangte G-Klubobmann VAN DER BELLEN die Beiziehung von Infrastrukturminister Faymann. Dieser Forderung schlossen sich BZÖ-Klubchef WESTENTHALER und VP-Klubobmann Dr. SCHÜSSEL an; FP-Klubobmann STRACHE beantragte zusätzlich die Beiziehung von Sozial- und Konsumentenschutzminister Buchinger. Mit großer Mehrheit – einschließlich der meisten Abgeordneten der SPÖ beschloss der Nationalrat die Beiziehung der beiden Ressortchefs. Die vorsitzführende Präsidentin Mag. PRAMMER unterbrach darauf die Sitzung bis zum Eintreffen der beiden Minister.

Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER gab bekannt, dass der Antrag des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, dem Untersuchungsausschuss zur Berichterstattung eine Frist bis zum 23. September 2008 zu geben, nach Ende der Debatte über die Dringliche Anfrage abgestimmt wird.

In der Beantwortung der Dringlichen Anfrage betonte Bundesminister Dr. BARTENSTEIN, dass zwei Drittel der Teuerung auf die Verteuerung der Weltenergie und der Weltnahrungspreise zurückzuführen seien, und ein Drittel hausgemacht sei. Dies müsse man selbstverständlich in den Griff bekommen, sagte er. Er habe daher auch Druck auf die Ölfirmen gemacht, was angesichts der sinkenden Benzin- und Dieselpreise Erfolg gehabt habe. Generell sei, so Bartenstein, derzeit auf dem Preissektor eine Entspannung festzustellen. Als wesentliche Mittel gegen die Teuerung erachtete der Wirtschaftsminister einen funktionierenden Wettbewerb und Transparenz. Er erinnerte auch daran, dass Vizekanzler Molterer einen Teuerungsausgleich von 1,3 Mrd. € in Aussicht gestellt hat, wobei bereits ein Paket von 800 Mill. € umgesetzt sei. Molterer habe sich auch verpflichtet, einen Gebührenstopp auf Bundesebene zu veranlassen. Im Gegensatz dazu seien die Gebühren in Wien für eine Durchschnittsfamilie seit 2001 um 20 % gestiegen. Bartenstein sprach sich auch dafür aus, die Wettbewerbsbehörde weiter zu entwickeln, indem man den Kartellanwalt mit der Wettbewerbsbehörde zusammenführt und ihm auch mehr personelle Ressourcen zur Verfügung stellt.

Scharf kritisierte der Wirtschaftsminister das Vorhaben der SPÖ, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu halbieren. Diese Maßnahme sei nicht treffsicher, darüber hinaus sei es höchst fraglich, ob die Konzerne die Steuersenkung auch weitergeben. Als Beispiel führte er die Abschaffung der Getränkesteuer an, die bei den KonsumentInnen nie angekommen ist. Es sei auch administrativ kaum möglich, zwischen der Gastronomie und dem Lebensmittelhandel zu unterscheiden. Auch eine eventuelle Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente würde bei denen nicht ankommen, die es brauchen, da eine Steuersenkung die Rezeptgebühren nicht betrifft, meinte Bartenstein.

Abgeordneter Dr. CAP (S) sprach der ÖVP Sozial- und Wirtschaftskompetenz ab. Es sei Aufgabe des Wirtschafts- und Finanzministers, gegen die Teuerung Maßnahmen zu ergreifen. Cap verteidigte den Vorschlag der SPÖ zur Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, da er dies für eine wichtige Entlastung der Haushalte hält. Was die Ausnahmen betrifft, so sehe die SPÖ-Initiative eine Verordnungsermächtigung für den Wirtschaftsminister vor. Cap forderte ein Vorziehen der Steuerreform und zeigte sich höchst zufrieden, dass es gelingen wird, die Studiengebühren abzuschaffen.

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) unterstrich die Wichtigkeit, die Teuerung zu thematisieren und etwas dagegen zu unternehmen, was der Finanzminister und die Bundesregierung auch getan hätten. Die Teuerung sei aber nur eine Thema, merkte Schüssel an und machte darauf aufmerksam, dass die Frage der Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandorts angesichts sinkender Konjunktur das Thema Nr. 1 werde. Schüssel äußerte auch seine Sorge um Wissenschaft und Forschung und um die gesamte Kreativwirtschaft, weshalb er die Abschaffung der Studiengebühren zu diesem Zeitpunkt für unangebracht hielte. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel lehnte Schüssel ab und führte aus, es sei naiv zu glauben, dass man die Preissenkung überprüfen und Handel und Gastronomie trennen könne. Außerdem sei diese Maßnahme mit EU-Recht nicht kompatibel. Der ÖVP-Klubobmann wandte sich dagegen, sich in Vorwahlzeiten zu überbieten und damit künftige Generationen zu belasten. In Zeiten schwieriger Konjunktur dürfe man das Geld nicht für Maßnahmen verpulvern, die nicht treffsicher sind, argumentierte er.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) analysierte die Dringliche Anfrage der SPÖ und zog daraus den Schluss, dass der SPÖ-Parlamentsklub Minister Faymann damit bewiesen habe, dass dessen Vorschlag ein "Holler" sei. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel könne nur dann nachhaltig funktionieren, sagte Van der Bellen, wenn es einen scharfen Wettbewerb gibt. Abgeordneter Jarolim habe aber auf sechs Seiten genau ausgeführt, dass der Wettbewerb in Österreich derzeit beklagenswert schwach sei, und die Senkung der Mehrwertsteuer unter den gegebenen Umständen einen großen Unsinn darstelle. Dafür wolle aber die SPÖ 1 Mrd. € riskieren. Um gezielt niedrige Einkommensschichten zu entlasten, bedürfe es anderer Maßnahmen, stellte Van der Bellen fest und nannte in diesem Zusammenhang die Forderung der Grünen nach flächendeckenden Gratiskindergärten, Freifahrten für Kinder und Jugendliche in den öffentlichen Verkehrsmitteln und ein Tauschprogramm, um aus Öl- und Gasheizungen aussteigen zu können. Erfreut war Van der Bellen über die kommende Abschaffung der Studiengebühren. Den Universitäten müsste man aber den Ausfall ersetzen und ihnen zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, forderte er.

Abgeordneter STRACHE (F) sah Anträge der FPÖ, die in den letzten Jahren von SPÖ und ÖVP abgelehnt wurden, heute erfreulicherweise im Mittelpunkt des Interesses der Abgeordneten stehen. Die SPÖ erinnerte Strache daran, dass ihr Spitzenkandidat Faymann als Regierungskoordinator gemeinsam mit seinem ÖVP-Partner Pröll die Verantwortung für die Erhöhung der Mineralölsteuer, die höchste Steuerbelastung in der Zweiten Republik sowie dafür trage, dass die Kaufkraft ab-, die Armutsgefährdung aber zugenommen habe. Finanzminister Molterer wiederum, der in den letzten Jahren 10 Mrd. Euro mehr aus dem Straßenverkehr lukriert habe, bezeichnete Strache pointiert als "größte Zapfsäule Österreichs". Strache wollte Maßnahmen gegen die Oligopole im Österreichischen Lebensmittelhandel setzen, Wettbewerb sicherstellen und den Lebensmittelpreisgalopp beenden. Die beantragte Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel werde jede Familie um 300 Euro jährlich entlasten, sagte Strache und reklamierte die Idee, Luxusgüter von der Steuersenkung auszunehmen, für seine Fraktion. Der Redner vermisste aber Maßnahmen zur Stärkung des Mittelstandes, eine Senkung der Lohnnebenkosten, die Entlastung des Faktors Arbeit und neue Bemessungsgrundlagen im Steuerrecht. Für die Pensionisten und kleine Einkommensbezieher fordert der F-Klubobmann einmal mehr eine gesetzliche Inflationsabgeltung.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) bezeichnete die von der SPÖ ausgerufene "parlamentarische Sternstunde" als eine "Sternschnuppe", die rasch verglüht sei, als SPÖ-Regierungsmitglieder durch eine Mehrheitsentscheidung zur Teilnahme an der Sitzung gezwungen werden mussten. Die SPÖ, die nun ihr soziales Herz entdecke, sollte nicht vergessen, dass sie die Mineralölsteuer, die Rezeptgebühren und die Krankenversicherungsbeiträge erhöht habe. Das BZÖ trete für die Anliegen der Pensionisten ein und verlange die Abschaffung der Pensionsprivilegien bei der Nationalbank. Dazu legte Abgeordneter Westenthaler einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor. Statt einer Steuersenkung für Lebensmittel plädierte der Redner dafür, die Haushalte sofort mit 200 Euro und zusätzlich mit 50 Euro pro Kind zu entlasten. Er verlangte auch eine Senkung der Mineralölsteuer, die Öffnung der ASFINAG-Billigtankstellen und die Einführung einer Höchstpreisregelung bei Treibstoffen. Das BZÖ beantrage auch einen Heizkostenzuschuss, die Senkung der Arbeiterkammerumlage und die Senkung der Überstundenbesteuerung, denn es gelte auch den Leistungsgedanken zu stärken.

Bundesminister BUCHINGER sah die sozialpolitischen Erfolge der Regierung und die guten Lohnabschlüsse durch die enorme Teuerung zunichte gemacht und forderte Wirtschaftsminister Bartenstein zu Maßnahmen auf, um den Österreichern faire Preise zu garantieren. Dies sei notwendig, weil die Lebensmittelpreise in Österreich stärker stiegen als in Deutschland. Man müsse daher prüfen, wo die "Windfallprofits" gemacht werden - der Verzicht des Wirtschaftsministers auf Kontrollen und Untersuchungen sei für ihn unverständlich, sagte der Sozialminister.

In Übereinstimmung mit dem europäischen Parlament hielt es Buchinger auch nicht für gerechtfertigt, Agrarprodukte statt auf den Frühstückstisch der Menschen zu bringen, als Agrosprit in den Tank von Fahrzeugen zu füllen oder zur Erzeugung von Energie einzusetzen. Buchinger sprach sich auch für die Abschöpfung von Gewinnen illegaler Internet-Geschäfte aus. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel hielt der Minister für gerechtfertigt, die Weitergabe für kontrollierbar. Außerdem erinnerte der Minister daran, dass die Lebensmittelhändler laut Preisgesetz verpflichtet seien, Steuersenkungen an die Konsumenten weiter zu geben.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) zeigte sich erfreut darüber, dass sich die ÖVP nun politisch bewege, bedauerte aber gleichzeitig, dass diese Bewegung so spät komme. "Was hätten wir in den letzten 18 Monaten nicht alles gemeinsam umsetzen können", sagte die Abgeordnete. Werner Faymann mache nun Nägel mit Köpfen und wolle die Familienbeihilfe noch vor der Wahl für alle Kinder anheben. Wichtig sei auch die Abschaffung der Studiengebühren, denn es genüge den jungen Leuten nicht, von Wissenschaftsminister Hahn im Wahlkampf kleine Säckchen mit Studentenfutter geschenkt zu bekommen. Ausdrücklich begrüßte die Abgeordnete auch die Absicht, jeden Haushalt durch eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel um 400 Euro zu entlasten.

Abgeordneter AMON (V) sah die österreichische Volkswirtschaft schwierigeren Zeiten entgegen gehen. Er sei daher froh darüber, dass Finanzminister Molterer sich auf die wichtigen Fragen konzentriere. Er habe etwa Ordnung in das Pflegechaos gebracht, lobte Amon. Sein Appell an die SPÖ lautete, nicht vor der Wahl schon wieder Dinge zu versprechen, die sie nicht halten könne, und wies auf gravierende Widersprüche im SPÖ-Antrag auf Senkung der Mehrwertsteuer hin und wandte sich entschieden dagegen, im Wahlkampf Geschenke zu verteilen, die die nächste Generation finanzieren müsse.

Vizekanzler Mag. MOLTERER sah keinen Anlass von einer "Sternstunde des Parlamentarismus" zu sprechen, wenn ein Redner nach dem anderen ans Pult trete, um Vorschläge zur Verteilung von Steuergeld und zur Erhöhung der Steuerlast zu unterbreiten. Die schwierigen wirtschaftspolitischen Zeiten erforderten vielmehr Besonnenheit, eine ruhige Hand und Menschen, die sagen, was möglich ist und was nicht. Das Budget weise immer noch ein Defizit auf, warnte der Finanzminister angesichts der Vorschläge von FPÖ und SPÖ sowie der Grünen, die höhere Schulden und höhere Steuern nach sich ziehen würden. Ein klares "Ja" sagte Molterer zur Hilfe für Eltern mit Kindern, und für Menschen die Pflege brauchen. Den Weg der SPÖ, 1,3 Mrd. Euro dem Parteipopulismus zu opfern, könne er aber nicht verstehen. Er sei nicht bereit, an dieser Umverteilungsaktion von Unten nach Oben teil zu nehmen. Dieses Geld werde nicht bei den Menschen ankommen, die es brauchen - das sei die Erfahrung aus der Abschaffung der Getränkesteuer, sagte der Finanzminister. Auch der Abschaffung der Studiengebühren erteilte Molterer eine Absage. Es sei nicht einzusehen, dass kleine Einkommensbezieher Steuern zahlen sollen, damit man Kindern aus gut situierten Familien die Studiengebühren ersparen könne.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIGG-PIESCZEK (G) widersprach ihrem Vorredner heftig und plädierte vehement für die Abschaffung der Studiengebühren. Es gelte den vielen Studenten zu helfen, die Arbeit, Familie und Studium unter einen Hut bringen müssen. Mit einer Diskussion über Luxuslebensmittel werde man die vielen Menschen, die sich in den letzten Jahren von der Politik abgewandt haben, nicht für die politische Debatte gewinnen können, zeigte sich die Rednerin überzeugt und verlangte eine Debatte über Zukunftsfragen. Dazu gehöre in erster Linie der Umbau des Energiesystems. Österreich müsse sich von Öl- und Gasimporten unabhängig machen, forderte Glawischnigg-Piesczek, verwies auf Menschen, die dies freiwillig bereits tun und verlangte jene zu unterstützen, die den Weg aus Öl und Gas aus eigener Kraft nicht gehen können. Das sei notwendig, weil sich im kommenden Winter eine halbe Million Österreicher Öl und Gas zur ausreichenden Beheizung ihrer Wohnungen nicht mehr leisten können. Die Rednerin will den Austausch von Ölheizungen durch Pellets-Heizungen und die thermische Sanierung von Zinshäusern fördern. Schließlich trat die Rednerin einmal mehr dafür ein, die Privilegien von Stiftungen abzuschaffen. Unter reichen Österreichern, die von diesem Privileg profitieren, gebe es viele Menschen, die bereit seien, mehr zum Sozial- und zum Bildungssystem in Österreich beizutragen.

Abgeordneter HOFER (F) ortete ein Versagen der Regierung auch in der Sicherheitspolitik und erinnerte daran, dass bereits zum dritten Mal eine Koalition zerbrochen sei, an der die ÖVP beteiligt gewesen sei. Er brachte einen Entschließungsantrag mit der Zielsetzung ein, bei Transferleistungen eine Inflationsabgeltung vorzusehen. Weiters trat er für die Anrechnung von Pflegezeiten für die Pension ein und sprach sich gegen eine Pensionsautomatik aus, die zu Altersarbeitslosigkeit führe.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) plädierte für "vernünftige" Lösungen und gab Direktzahlungen statt einer Senkung der Mehrwertsteuer den Vorzug. Er befürwortete u.a. eine Verankerung der so genannten Hacklerregelung im Dauerrecht und eine Deckelung der Treibstoffpreise. Scheibner brachte zwei Entschließungsanträge ein: einen für die Festsetzung von Treibstoffpreisen, einen weiteren für die Erhaltung des erforderlichen Personalstands bei Bundesheer und Polizei.

Sie habe von der ÖVP keine Vorschläge gegen die Teuerung wahrgenommen, sagte Abgeordnete RUDAS (S). So gehe der Glaube an die Lösungskompetenz der Politik verloren. Sie brach eine Lanze für die Abschaffung der Studiengebühren und wandte sich gegen ein Sparen an der zukünftigen Generation.

ÖVP-Abgeordneter Dr. STUMMVOLL registrierte eine neue Phase sozialdemokratischer Umverteilung von arm zu reich: nach Abschaffung der Studiengebühren werde der "kleine Hackler" das Studium von Generaldirektors-Kindern finanzieren. Stummvoll zeigte sich davon überzeugt, dass eine Senkung der Mehrwertsteuer nicht weitergegeben werde und formulierte pointiert, da sei es besser, "diese Milliarde direkt an die Konzerne weiterzugeben".

Abgeordnete Dr. MOSER (G) brachte einen Entschließungsantrag ein, einen Bundesbeitrag für den Ausbau von Infraktrukturmaßnahmen in Ballungsräumen vorzusehen.

Abgeordnete HAUBNER (B) sah in der Sondersitzung ein Symbol für die gescheiterte Politik der Bundesregierung. Sie stellte Kärnten als vorbildliches "Sozialmodell" vor und brachte zwei Entschließungsanträge ein: einen für die Senkung der Mineralölsteuer und die Einführung einer "Tankkarte", einen zweiten auf Prüfung, ob die Öffnung der ASFinAG-Betriebstankstellen für die Allgemeinheit möglich sei.

S-Abgeordneter HABERZETTL erinnerte daran, dass die Inflationsentwicklung in Österreich höher sei als in Europa und warf in diesem Zusammenhang dem Wirtschaftsminister Säumigkeit vor. Haberzettl wies darauf hin, dass es in Österreich im Lebensmittelhandel drei große Konzerne gebe, in der Lebensmittelproduktion hingegen nur einen einzigen.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) sah in der angestrebten Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel einen Fall von "Rosstäuscherei"; dieses Geld werde "zum Fenster hinausgeworfen", den Schaden hätten u.a. die Bauern.

Wien habe nicht nur die teuersten Kindergartenplätze, stellte Abgeordnete STEIBL (V) fest, es gebe in Wien auch keine Gratis-Kindergartenplätze.

Diese Behauptung berichtigte Abgeordnete RUDAS (S): Ein Drittel der Wiener Kindergartenplätze sei gratis, ein weiteres Drittel ermäßigt, ein Drittel würde voll bezahlt.

Abgeordnete HAKL (V) äußerte die Befürchtung, durch die Abschaffung der Studiengebühren würden deutsche Studenten den österreichischen Studienplätze wegnehmen.

Frauenministerin SILHAVY bedauerte, dass es bezüglich des Angebots von Kinderbetreuungseinrichtungen bzw. hinsichtlich der entsprechenden 15A-Vereinbarungen keine einheitliche Auffassung der Länder gebe; diese sei aber erforderlich, und zwar ohne Nebenabreden, damit die entsprechenden Gelder ausgezahlt werden könnten. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei im übrigen kein Frauenthema, meinte sie.

Mit Vehemenz sprach sich Abgeordneter ROSSMANN (G) gegen eine Senkung der Mehrwertsteuersätze auf Lebensmittel aus: Noch nie seine eine Mehrwertsteuer-Senkung beim Bürger angekommen, und auch der ÖVP sei das diesbezügliche Vertrauen in die Marktwirtschaft abhanden gekommen. Seine Fraktion habe kartellähnliche Zustände im Lebensmittelhandel beim Kartellanwalt angezeigt, betonte der Abgeordnete. Er brachte einen Entschließungsantrag auf steuerliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommen per Anfang 2009 ein; nur eine derartige Maßnahme wirke dauerhaft. Außerdem plädierte er für eine Finanzierung dieser Maßnahme durch Besteuerung der Reichen wie der Privatstifter Meinl und Haselsteiner.

Abgeordneter WEINZINGER (F) warf der SPÖ vor, den Wahlkampf ins Parlament getragen zu haben. SPÖ und ÖVP sind seiner Meinung nach gescheitert, weil sie das Wohl der eigenen Partei über das Wohl der Republik gestellt haben. Weinzinger sprach sich auch für die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel aus, weil der Finanzminister durch die 30-prozentige Nettosteigerung von Grundnahrungsmitteln beträchtlich mehr Steuereinnahmen erzielt hat. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente entlaste zwar die Gebietskrankenkasse, indirekt aber auch die BürgerInnen, da diese für die Kassen zahlen.

Abgeordneter DI KLEMENT (o.F.) thematisierte die immer weiter aufgehende Schere zwischen Arm und Reich. In Richtung ÖVP argumentierte er, das BIP sei zwar prozentuell gestiegen, die Bevölkerung habe davon aber kaum profitiert. Die Löhne seien sogar real gesunken, die Kaufkraft liege am Boden. Von der Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel hielt Klement nichts. Haushalte gäben rund 13 % ihres Einkommens für Lebensmittel aus, das seien durchschnittlich 169 €, was eine monatliche Entlastung von 8,5 € brächte, rechnete Klement vor. Er vertrat auch die Auffassung, dass die BürgerInnen durch die Euro-Einführung "bestohlen" worden sind.

Abgeordneter Mag. STADLER (o.F.) bezeichnete die von der SPÖ geplante Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel als "blanken Unsinn". Die angepeilte Lösung mit den Ausnahmen werde dem Handel viel Bürokratie bringen. Hart kritisierte Stadler die Abschaffung der Studiengebühren. Seiner Meinung nach sollte jeder einen Beitrag zur Ausbildung leisten, der die finanziellen Voraussetzung dafür mitbringt. Auch "Hackler" müssten für ihre Ausbildung zahlen, argumentierte Stadler. In Richtung FPÖ betonte er, dass in Hinkunft auch Studierende aus der assoziierten Türkei in den Genuss des freien Universitätszugangs in Österreich kommen. Stadler ortete eine starke Annäherung von FPÖ und SPÖ und meinte, wer freiheitlich wählt, wähle einen roten Bundeskanzler.

Mit SPÖ-, FPÖ- und BZÖ-Mehrheit angenommen wurden der

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler (B) und Dr. Jarolim (S) betreffend umgehende Festsetzung von Höchstpreisen für Treibstoffe durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit sowie der Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher (B) und Mag. Kuzdas (S) betreffend Prüfung der rechtlichen Möglichkeit zur Öffnung der Tankstellen der ASFINAG durch den Infrastrukturminister.

Mit Mehrheit von SPÖ, Grünen und BZÖ angenommen wurde der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser (G) betreffend Bundesmitfinanzierung von Öffi-Infrastruktur in städtischen Großräumen.

Abgelehnt wurden folgende Entschließungsanträge:
Entschließungsantrag des Abgeordneten Ing. Westenthaler (B) betreffend Beseitigung der Pensionsprivilegien in der österreichischen Nationalbank (Zustimmung BZÖ und FPÖ).

Entschließungsantrag des Abgeordneten Ing. Hofer (F) betreffend Inflationsanpassung der österreichischen Familienleistungen sowie des Pflegegelds (Zustimmung FPÖ, BZÖ).

Entschließungsantrag des Abgeordneten Scheibner (B) betreffend Auswirkungen der Teuerungen auf die Budgets der Ressorts Inneres und Verteidigung und die damit verbundene Gefahr von weiteren Einsparungen beim täglichen Dienstbetrieb (Zustimmung von BZÖ und FPÖ).

Entschließungsantrag des Abgeordneten Scheibner (B) betreffend Einführung einer Tankkarte zum verbilligten Bezug von Treibstoff durch InländerInnen (Zustimmung von BZÖ und FPÖ).

Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Rossmann (G) betreffend steuerliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommen ab Jänner 2009 (Zustimmung der Grünen).

Entschließungsantrag des Abgeordneten Strache betreffend Entlastung der BürgerInnen (Zustimmung FPÖ).

Der Antrag des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer (F) den Untersuchungsausschuss eine Frist bis 23. September 2008 zu setzen, wurde zurückgezogen.
   

     
 
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