Neue Impulse für Präzisionsexperimente    

erstellt am
12. 09. 08

Wien (öaw) - Vom 15. bis 19. September 2008 kommen rund 180 Physiker und Physikerinnen an die ÖAW nach Wien, um in zwei internationalen Konferenzen die neueste Forschung über Exotische Atome und ihre Herstellung auszutauschen. Veranstalter ist das Stefan-Meyer-Institut für subatomare Physik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).


Exotische Atome
Normalerweise sind Atome aus Protonen und Neutronen im Kern und Elektronen in der Hülle aufgebaut. Exotische Atome sind anders: Sie enthalten anstatt eines Elektrons ein schweres Teilchen. So enthalten beispielsweise Exotische Atome, die in der Natur als Bestandteile der kosmischen Höhenstrahlung vorkommen, anstatt eines Elektrons ein deutlich schwereres Myon. Physiker(innen) können Exotische Atome aber auch künstlich erzeugen und auf diese Weise Atome erschaffen, die in der Natur nicht vorkommen. Exotische Atome eignen sich besonders zum Studium der fundamentalen Wechselwirkungen (z.B. der starken Wechselwirkung zwischen dem exotischen Teilchen und dem Kern) und fundamentaler Symmetrien, die in der Beschreibung der subatomaren Welt eine große Rolle spielen. Mit Hilfe der Exotischen Atome soll unter anderem eines der großen Geheimnisse der modernen Physik gelüftet werden: Warum es im sichtbaren Universum Materie gibt, aber keine Antimaterie.

Nach der gängigen Theorie wurde beim Urknall gleich viel Materie wie Antimaterie erzeugt. Beide hätten sich entweder gleich in Energie umwandeln müssen oder es müsste heute zumindest Galaxien aus reiner Antimaterie geben. Es sollte also einen Unterschied in der Symmetrie geben, den Wissenschafter(innen) weltweit aufspüren wollen. Dazu führen sie an Exotischen Atomen Präzisionsexperimente durch. Sie ersetzen beispielsweise in einem Atom ein Elektron durch ein Antiproton (Antiteilchen des Protons mit negativer Ladung), untersuchen die Eigenschaften des Antiprotons und vergleichen sie mit den (bekannten) Eigenschaften des Protons.

So ist es Physikern der internationalen ASACUSA Kollaboration unter Beteiligung des Stefan-Meyer-Instituts für subatomare Physik (SMI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Präzisionsexperimenten am CERN in Genf gelungen, die Masse des Antiprotons mit einer bisher nicht erreichten Genauigkeit zu bestimmen. Dazu untersuchten sie mittels Laserspektroskopie ein exotisches Heliumatom, bei dem eines der beiden Elektronen durch ein Antiproton ersetzt wurde. Es zeigte sich, daß die Massen von Proton und Antiproton auf dem Genauigkeitsniveau von etwa zwei Milliardstel übereinstimmen.

EXA 2008
Die Experimente werden laufend weiterentwickelt, um eine immer höhere Genauigkeit zu erreichen. Im Rahmen der "International Conference on Exotic Atoms (EXA 2008)" werden unter anderem die neuesten Detektoren, die bei den Präzisionsexperimenten zu Einsatz kommen, vorgestellt. Die EXA 2008 findet vom 15. bis 18. September 2008 in der ÖAW, Dr. Ignaz Seipel-Platz 2, statt.

LEAP 2008
Für die Herstellung von Antiprotonen und anderer exotischer Teilchen bedarf es besonderer Beschleunigeranlagen. Eine davon ist die zukünftige Beschleunigereinrichtung FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research) der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt/Deutschland. Sie wird voraussichtlich ab 2015 Antiprotonen produzieren und ist eines der Themen der an drei Tagen gemeinsam mit EXA 2008 an der ÖAW laufenden "International Conference on Low Energy Antiproton Physics (LEAP 2008)" vom 16. bis 19. September 2008.

Die Themen der beiden Konferenzen sind durch die Verwendung ähnlicher Techniken bei den Experimenten verwandt. "Durch die gemeinsame Veranstaltung von EXA und LEAP ist es gelungen, die weltweit führenden Experten mehre rer wichtiger Gebiete der subatomaren Physik zusammenzubringen", sagt Eberhard Widmann, Direktor des Stefan-Meyer-Instituts. Ermöglicht wurde dies durch die wichtigen Beiträge, die das SMI zu führenden Experimenten aus beiden Themenbereichen leistet. Es wird erwartet, daß aus dem Zusammentreffen neue Ideen und Impulse für Präzisionsexperimente der nächsten Generation hervorgehen.


Stefan Meyer Institut für subatomare Physik (SMI)
Die Forschungsthemen des SMI umfassen das Studium fundamentaler Symmetrien und Wechselwirkungen, die durch Präzisionsspektroskopie von Exotischen Atomen untersucht werden. Dazu führt das SMI Experimente an internationalen Forschungszentren in der Schweiz, Italien, Deutschland und Japan durch. Das SMI ist an internationalen Kooperationen wie ASACUSA (Atomic Spectroscopy and Colllisions using Slow Antiprotons) am CERN, SIDDHARTA (Silicon Drift Detectors for Hadronic Atom Research with Timing Applications) am LNF Frascati, PANDA (Proton-Antiproton Annihilations at Darmstadt) und FLAIR (Facility for Low Energy Antiproton Research) an FAIR beteiligt.

Informationen:
http://www.oeaw.ac.at/smi/event/exa08/index.html und http://www.oeaw.ac.at/smi/event/leap08/index.html
 
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