Wahlgesänge   

erstellt am
23. 09. 08

Grazer WissenschafterInnen "vertonten" Ergebnisse der steirischen Landtagswahlen
Graz (universität) - Ob Misstöne oder Lob in den höchsten Tönen, der Wahlkampf lässt von sich hören. Aber auch Wahlergebnisse können zum Klingen gebracht werden. So geschehen im Rahmen des Forschungsprojekts „SonEnvir“, in dem ForscherInnen der Karl-Franzens- Universität und der Kunst-Universität Graz die Ergebnisse der letzten steirischen Landtagswahlen „vertont“ haben.

„Ziel des Projekts war es, wissenschaftliche Daten in Klänge umzusetzen, um sie dadurch besser darstellen und analysieren zu können“, erklärt Mag. Christian Dayé vom Institut für Soziologie der Karl-Franzens-Universität Graz. Unter der Leitung von Ao.Univ.-Prof. Dr. Christian Fleck hat der junge Forscher an der Sonifikation – so der Fachausdruck – der Wahlergebnisse gearbeitet. Dabei wurden die Daten nicht nur auf der Ebene der 17 steirischen Bezirke dargestellt, sondern auch alle 543 Gemeinden einzeln ausgewertet. Projektpartner war das Institut für Elektronische Musik und Akustik der Musik-Uni Graz.

Diese Sonifikation – genannt „Wahlgesänge“ – ist ein Computerprogramm. Auf dem Bildschirm ist die Landkarte der Steiermark zu sehen. Nun kann an einem beliebigen Ort per Mausklick die Sonifikation gestartet werden. „Von dort breitet sich ein wachsender Kreis über die Landkarte aus – vergleichbar mit einem Stein, den man in einen See wirft und der dann eine kreisförmige Welle verursacht“, beschreibt Dayé den Vorgang. „Wenn diese Welle eine Gemeinde passiert, erklingt ein Ton. Je höher der Ton, umso größer ist der Stimmenanteil der jeweiligen Partei in dieser Gemeinde.“

Was auf den ersten Blick als Spielerei erscheinen mag, eröffnet der Wissenschaft tatsächlich aber neue Möglichkeiten. „Die Verbindung von visueller und auditiver Informationsvermittlung erlaubt eine viel schnellere und eindrücklichere Erfassung der in den Daten enthaltenen Information als das der Fall ist, wenn man unzählige Seiten voller Zahlen vor sich hat“, nennt Dayé einen wesentlichen Vorteil. „Forschen ist ein Prozess des Suchens, und je spannender sich die Suche gestaltet, desto länger und interessierter sucht man“, weiß der Soziologe. Darüber hinaus hat sich das Tool als sehr effizientes Mittel der Ausreißeranalyse erwiesen. Denn durch die akustische Darstellung treten Ergebnisse, die stark vom Durchschnitt abweichen, durch besonders tiefe oder hohe Töne deutlich hervor.

Die „Wahlgesänge“ waren nur eines der zahlreichen Teilprojekte von SonEnvir. An dem gesamten vom steirischen Zukunftsfonds geförderten Vorhaben beteiligten sich WissenschafterInnen aller vier Grazer Universitäten, um Sonifikation und ihre Anwendungen in verschiedenen Disziplinen zu erforschen. „Die Darstellung von komplexen Daten über Klang ermöglicht die gleichzeitige Abbildung vieler Dimensionen einer statistischen Erhebung. Und hat man einmal gelernt, genau hinzuhören, lässt sich der im Laufe der Wissenschaftsentwicklung konsequent vernachlässigte Gehörsinn sehr gut nutzen“, unterstreicht Christian Dayé.
 
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