Trübes Finanzmarktklima bremst internationalen Wertpapierverkehr   

erstellt am
10. 10. 08

Österreichische Außenwirtschaft im 1. Halbjahr 2008
Wien (oenb) - Unter dem Eindruck der turbulenten Finanzmarktgeschehnisse verlor Österreichs grenzüberschreitendes Wertpapiergeschäft im 1. Halbjahr 2008 deutlich an Fahrt. Veranlagungen im Ausland erreichten nur ein Zehntel des Vergleichswerts 2007, der Absatz heimischer Wertpapiere brach um mehr als zwei Drittel ein. Neben Aktien gerieten auch verzinsliche Titel in ein Nachfragetief. Österreichs Kapitalverkehr mit dem Ausland wird derzeit vor allem durch den Hilfsmotor des Einlagen- und Kreditgeschäfts auf Kurs gehalten.

Die aktuellen Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten machen sich in der Außenwirtschaftsstatistik der OeNB durch stark gebremste internationale Wertpapierveranlagungen bemerkbar. Im 1. Halbjahr 2008 erwarben österreichische Investoren mit 3,2 Mrd Euro nur ein Zehntel jenes Volumens, das im entsprechenden Zeitraum 2007 (30,5 Mrd Euro) gekauft worden war. Ausländische Aktien wurden – insbesondere von Investment¬gesellschaften – netto im Gegenwert von 2,6 Mrd Euro abgestoßen (1. HJ 2007: Zukäufe von 0,1 Mrd Euro). Die internationale Aktientalfahrt setzte auch österreichische Papiere unter Verkaufsdruck: Netto wurden inländische Aktien insbesondere Finanztitel um 1,1 Mrd Euro verkauft (nach Zukäufen von 1,6 Mrd Euro). Die Zurückhaltung der Anleger blieb jedoch keineswegs auf die Aktienmärkte beschränkt: Österreichische Investoren schraubten ihre Nachfrage nach langfristigen Rentenwerten im Ausland um fast zwei Drittel auf 4,6 Mrd Euro zurück (1. HJ 2007: 12,2 Mrd Euro). Ausgeprägt war auch der Einbruch der fast ausschließlich durch den Bund getätigten Geldmarktveranlagungen, die netto um 0,3 Mrd Euro abgestoßen wurden (nach Zukäufen von 15,5 Mrd Euro). Inländische Rentenpapiere aller Laufzeiten erreichten mit 15,2 Mrd Euro nur ein Drittel des vergleichbaren Absatzvolumens. Auch Investmentzertifikate stießen aktiv- und passivseitig auf geringeres Interesse.

Österreichs Kapitalverkehr mit dem Ausland wurde im 1. Halbjahr 2008 verstärkt durch den Hilfsmotor des Einlagen und Kreditgeschäfts getrieben, das in Phasen erhöhter Finanzmarktunsicherheiten mehr Stabilität verspricht als Wertpapierveranlagungen. Diese „Sonstigen Investitionen“ zeigten mit 48,1 Mrd Euro einen deutlich höheren Forderungsaufbau Österreichs im Ausland als zuletzt (32,2 Mrd Euro). Kreditveranlagungen (+59%) beliefen sich auf 16,2 Mrd Euro, Einlagenforderungen (+40%) auf 30,2 Mrd Euro. Auch der Kapitalbedarf der österreichischen Volkswirtschaft wurde im 1. Halbjahr 2008 vor allem über dieses Finanzsegment gedeckt: Mit 33,4 Mrd Euro lag der Verpflichtungsaufbau etwa beim 2,5fachen der Vergleichsperiode 2007.

Die Dynamik des heimischen Güter- und Dienstleistungsverkehrs mit dem Ausland schwächte sich im 1. Halbjahr 2008 zwar etwas ab, blieb aber aufrecht: Mit etwa 83 Mrd Euro lagen die Exporterlöse i.w.S. um 6% über dem Vergleichswert 2007, die Einfuhren erreichten rund 74 Mrd Euro (+5%). Die Leistungsbilanz zeigte ein Plus von 6,4 Mrd Euro, das – wie in den Jahren zuvor – deutlich über dem entsprechenden Vergleichswert lag (1. HJ 2007: 5,2 Mrd Euro). Mit einem Zuwachs von netto 900 Mio Euro lieferte der Reiseverkehr den wichtigsten Beitrag zu dieser Ergebnisverbesserung. Die detaillierte Analyse der Leistungsbilanzentwicklung im 1. Halbjahr 2008 wird in der OeNB-Publikation „Statistiken – Daten & Analysen Q1/09“ veröffentlicht.
 
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