Regierungsbildung  

erstellt am
08. 10. 08

Heinz Fischer erteilte Werner Faymann Auftrag zur Regierungsbildung
Wien (hofburg) - Wortlaut des Schreibens mit dem Bundespräsident Dr. Heinz Fischer den Vorsitzenden der mandatsstärksten Partei im Österreichischen Nationalrat, Bundesminister Werner Faymann, mit der Erstattung von Vorschlägen für die Bildung einer neuen Bundesregierung betraut hat:

Sehr geehrter Herr Bundesparteivorsitzender!

Seit Montag dem 6. Oktober liegt das vorläufige Endergebnis der Nationalratswahl 2008 vor.

Unter Bedachtnahme auf dieses Wahlergebnis betraue ich Sie mit der Erstattung von Vorschlägen für die Bildung einer neuen Bundesregierung im Sinne des Art. 70 Abs. 1 der Bundesverfassung.

Im Lichte der internationalen wirtschaftlichen Entwicklungen und eines auch für Österreich prognostizierten Rückganges des Wirtschaftswachstums ist die Bildung einer entscheidungsstarken und reformfreudigen Bundesregierung, die sich mit ganzer Kraft diesen Problemen und ihren wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen widmen kann, von besonderer Bedeutung.

Ich gehe davon aus, dass die österreichische Außenpolitik weiterhin auf bewährten Grundlagen aufbaut und dass Österreich am Projekt der europäischen Zusammenarbeit weiterhin als verlässlicher Partner aktiv mitarbeitet.

Projekte für Reformen im Bereich der österreichischen Bundesverfassung sollten trotz der geänderten Mandatsverteilung neuerlich in Angriff genommen werden. Dabei steht außer Zweifel, dass Änderungen am Verfassungstext auf breiter Basis auszuarbeiten und mit besonderer Sorgfalt zu formulieren sind.

Nachdrücklich hinweisen möchte ich auf die große Bedeutung von Bildung, Wissenschaft und Forschung, denen im Regierungsprogramm ein entsprechender Platz eingeräumt werden sollte.

Zu den wichtigsten Aufgaben der neuen Bundesregierung wird es gehören, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik zu stärken und einer zunehmenden Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck sind neue und überzeugende Formen der Regierungsarbeit wichtig.

Ich ersuche um regelmäßige Berichterstattung über den Stand der Regierungsverhandlungen und wünsche Ihnen für die mit diesem Auftrag verbundenen Bemühungen den besten Erfolg.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen Dr Heinz Fischer

 

 Faymann: Regierung bilden, die die Interessen des Landes in den Vordergrund stellt
Absage an Regierungsbeteiligung von FPÖ und BZÖ ist taktischer Nachteil - aber Vorteil fürs Land
Wien (sk) - "Ich werde Minister Josef Pröll noch heute ersuchen, ob wir mit den Gespräche beginnen können. Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß bereits morgen das erste Gespräch stattfindet. Demnächst werde dann der Zeitpunkt zur Bildung von Verhandlungsteams der Parteien kommen. Bis dahin sollte schon eine Reihe von Vorfragen geklärt werden", erklärte SPÖ-Parteivorsitzender Werner Faymann nach der Beauftragung durch Bundespräsident Heinz Fischer zur Bildung einer Regierung. "Ich bin optimistisch, daß wir der Bevölkerung beweisen können, daß wir eine Regierung bilden können, die das Gemeinsame, die Interessen des Landes in den Vordergrund stellt", so Faymann.

Er, so Faymann, habe keinen "Plan B", weil, wenn man mit jemandem vorhat zu verhandeln, wäre es unhöflich, ihm schon im Vorhinein Alternativen auszurichten. Faymann möchte nach Möglichkeit mit der ÖVP eine Regierung bilden, bei der komme es in erster Linie auf die Inhalte und den Stil an.

Es gehe jetzt um die Bewältigung der Finanzkrise, Ankurbelung der Konjunktur und Verhinderung von Arbeitslosigkeit. "Wir werden danach beurteilt, ob wir jetzt in der Lage sind, eine mögliche Konjunkturschwäche in Österreich abzumildern oder entgegenzuwirken, oder der Unsicherheit um Sparguthaben durch entschlossene Maßnahmen gegenzusteuern und ob die staatlichen Aufgaben, etwa die staatliche Pension oder das staatliche Gesundheitssystem, gesichert sind", so Faymann.

Absage an Regierungsbeteiligung von FPÖ und BZÖ ist taktischer Nachteil - aber Vorteil fürs Land
"Ich will jetzt sehr rasch die Frage klären, wann wir mit Verhandlungen beginnen, und wie der Ablauf der Verhandlungen aussehen soll", erklärte Faymann im ORF-Radio-"Mittagsjournal" befragt nach den Zielen für das erste Vorgespräch mit der ÖVP nach dem Auftrag zur Regierungsbildung. "Nach 14 Tagen würde ich gerne wissen, ob wir zu einem Verhandlungsteam kommen", betonte Faymann.

Faymann betonte, daß er immer gesagt habe, er wolle keine Regierungsbeteiligung von FPÖ oder dem BZÖ. Dazu habe er sich vor der Wahl entschieden. "Das ist ein taktischer Nachteil - aber ich glaube, das ist ein Vorteil für das Land". Faymann zeigte sich überzeugt davon, "daß man mit guten Argumenten etwas durchsetzen kann", es müsse aber auch klar sein, daß man in einer Verhandlung nie alles durchsetzen könne.

"Wir haben aber sehr darauf geachtet, daß wir keine Wahlversprechen abgeben, die wir nachher nicht halten können." Eine Festlegung auf ein bestimmtes Ressort oder auf einen bestimmte Bedingung habe man daher "bewusst nicht gemacht".

Bezüglich der EU-Frage erklärte Faymann, er könne sich "nicht vorstellen, daß irgendeine andere Partei verlangt, daß ich die Position der SPÖ zurücknehme". Es sei nicht notwendig, es in einem Regierungsprogramm festzulegen, betonte Faymann. Ein Regierungsprogramm, in dem steht, es dürfe keine EU-Volksabstimmung geben würde, Faymann "natürlich nicht" unterzeichnen. Auf die Frage, ob es eine Minderheitsregierung gebe, wenn die Verhandlungen scheitern, meinte Faymann, er gehe "nicht vom Negativen aus".

 

 Pröll: Faymann soll alle an einen Tisch holen
"Österreich-Gespräche" sollen die besten Ideen aller Parlamentsparteien auf den Tisch bringen
Wien (övp-pd) - "'Österreich-Gespräche' sollen dafür Sorge tragen, daß die besten Ideen aller Parlamentsparteien auf den Tisch kommen", erklärt der gf. ÖVP-Bundesparteiobmann Josef Pröll im Ö1-"Mittags-Journal"-Interview. Es könne nicht mehr von einer Großen Koalition gesprochen werden, nachdem diese bei knapp 55 Prozent liege. "Das müssen wir bei den Sondierungsgesprächen berücksichtigen. Daher brauchen wir jetzt auch ‚Österreich-Gespräche', nicht zuletzt um künftige Zwei-Drittel Mehrheiten für große Aufgaben ausloten", so Pröll.

Es müsse überlegt werden, wie es mit der Zwei-Drittel Mehrheit weitergehe. SPÖ-Chef Werner Faymann sei jetzt gefordert, dies sicher zu stellen. "Die Dinge müssen gemeinsam besprochen werden - das ist meine Erfahrung aus den Gesprächen mit den anderen Parteien und das soll Faymann auch einlösen", stellte Pröll fest. Eine Regierung brauche für große Projekte eine Zwei-Drittel Mehrheit im Parlament, wie immer diese auch zusammengesetzt sei.


Die Ideen anderer Parteien dürfen nicht länger ausgeklammert werden, "gerade in der Vorbereitung für etwaige Verhandlungen". Die ÖVP sei bereit Verantwortung für Österreich zu übernehmen, ob in Opposition oder in Regierung, werden die nächsten Wochen zeigen. Die ÖVP habe "ganz konkrete Vorstellungen" und mit diesen gehe er in Einzelgespräche.

Pröll werde Faymann auch skizzieren, "welche Themen in der Vorbereitungsarbeit unbedingt auszuloten" seien. Jetzt gelte es, alle an einen Tisch zu bekommen und die Themen aufzubereiten. "Das will ich tun", stellte Pröll klar.

Der gf. ÖVP-Bundesparteiobmann werde sich Einzelgesprächen mit Werner Faymann zur Vorbereitung allfälliger Regierungsverhandlungen nicht verschließen. "Ohne ‚Österreich-Gespräche' sehe ich wenig Chancen in die Zielgerade der Verhandlungen zu kommen, weil es nach so einem Wahltag einfach notwendig ist, mit allen zu reden", betonte Pröll und weiter: "Es muß ein neuer Stil gefunden werden. Das ist ein konkreter Vorschlag, den ich unterbreite und den Faymann hoffentlich auch aufgreifen wird."

"Zurzeit gibt es eine handlungsfähige und funktionierende Regierung. Gerade in diesen Tagen beweisen Finanzminister Molterer und Wirtschaftsminister Bartenstein, daß wir voll handlungsfähig sind", so Pröll. Finanzminister Molterer habe bei der Einlagensicherung rasch reagiert und heute ein Sicherheitspaket für die österreichischen Sparerinnen und Sparer auf den Weg gebracht.

Bartenstein bereite jetzt ein Konjunkturpaket vor, daß zügig auf den Tisch kommen werde. "Die Belebung und Absicherung der Konjunktur ist ein ganz wichtiger Punkt. Es wäre nicht sinnvoll, sich übereilt in ein neues Abenteuer der Koalitionsbildung zu stürzen", konstatierte Pröll und weiter: "Wir müssen aus dem bitteren Wahlergebnis lernen, wo die Große Koalition eine Abfuhr erteilt bekommen hat wie selten zuvor."

Bundeskanzler Gusenbauer solle das Tempo erhöhen, denn es sei "völlig unverständlich, wenn über zwei bis drei Wochen kein Ministerrat stattfinden" sollte. Pröll forderte, "daß wöchentlich ein Ministerrat stattzufinden hat, weil es angesichts der internationalen und europäischen Entwicklungen an den Börsen und der Finanzkrise notwendig ist gerüstet zu sein, wöchentlich zusammen zu treffen und dort Antworten zu suchen", betont Pröll abschließend.

 

 Kickl: Positive Resonanz auf FPÖ-Einladungen an Parteichefs
Termin mit BZÖ-Obmann Haider am Mittwoch
Wien (fpd) - "Es ist demokratiepolitisch erfreulich, dass wir bisher auf unsere Einladungen an die Chefs der anderen Parlamentsparteien durchwegs positive Resonanzen erhalten haben", erklärte FPÖ-Generalsekretär NAbg. Herbert Kickl. Wie bereits am 07.10. angekündigt, habe FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache im Anschluss an sein Gespräch mit Neo-ÖVP-Chef Josef Pröll selbst seinerseits Einladungen zu persönlichen Gesprächen an alle anderen Parteichefs ausgesprochen. Im Zuge dessen sei auch bereits ein erster Termin mit BZÖ-Obmann Jörg Haider für Mittwoch fixiert worden. Für kommende Woche rechne man außerdem mit einem Zusammentreffen Straches mit der designierten Parteichefin der Grünen, Eva Glawischnig. Auch von Seiten der SPÖ habe man bis dato keine Absage erhalten. Man stehe diesbezüglich außerdem jederzeit für eine Terminkoordination zur Verfügung, schloss der freiheitliche Generalsekretär.

 

 Petzner bestätigt Treffen zwischen Haider und Strache
Wichtig sei vielmehr, dass die Ausgrenzung des BZÖ durch die FPÖ beendet werde, um eine große Koalition verhindern zu können
Wien (bzö)
- BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner bestätigt, dass es zu einem Treffen zwischen Bündnisobmann Landeshauptmann Jörg Haider und Heinz Christien Strache kommt. Petzner: "Ich könnte mich jetzt auch auf die Spielerei einlassen, wer wen zuerst eingeladen hat, tue das aber nicht, weil es nicht wichtig ist."

Wichtig sei vielmehr, dass die Ausgrenzung des BZÖ durch die FPÖ beendet werde, um eine große Koalition verhindern zu können. "Wenn FPÖ und Grüne die Ausgrenzung des BZÖ nicht beenden, werden beide zum Steigbügelhalter für die große Koalition, weil sonst keine andere Regierungsform möglich wird. Vor diesem Hintergrund sehen wir das morgige Treffen als positives Signal Richtung Ende der Ausgrenzung und Verhinderung der großen Koalition", so der BZÖ-Generalsekretär.

 

 Glawischnig: Grüne stellen sich auf Opposition ein
Die Grünen stellen sich "deutlich" auf die Oppositionsrolle ein.
Wien (grüne) - Das erklärte die geschäftsführende Bundessprecherin der Grünen Eva Glawischnig am 08.10. bei ihrer Antrittspressekonferenz.

Keine Koalition mit FPÖ und BZÖ
Mit Ausnahme einer Regierungsbeteiligung zusammen mit der FPÖ und dem BZÖ gab sie sich allerdings weiterhin gegenüber aller Formen der Zusammenarbeit offen. Generell plädierte sie angesichts der aktuellen Finanzkrise "sofort mit der Arbeit zu beginnen" und warf insbesondere der ÖVP in diesem Zusammenhang "Fahrlässigkeit" vor.

ÖVP soll sich klar deklarieren
So zeigte sich Glawischnig empört darüber, dass der designierte ÖVP-Obmann Josef Pröll für die Regierungsbildung einen Zeitraum von vier Monaten ins Auge gefasst habe. Diese Vorgangsweise sei in Hinblick auf die aktuelle "schwierige Situation", wo Österreich sich einer Rezession nähere, "schwer fahrlässig", meinte sie. Sie rief die Volkspartei auf, sich klar zu deklarieren, eine Empfehlung, ob diese sich nun für Opposition oder Regierungsbeteiligung entscheiden solle, wollte Glawischnig allerdings nicht abgeben.

Es gehe primär darum, möglichst rasch ein arbeitsfähiges Parlament zu konstituieren, betonte Glawischnig. Zu diesem Zweck signalisierte sie einmal mehr die Bereitschaft ihrer Partei auch eine Minderheitsregierung zu unterstützen. Die Frage nach der sogenannten Kenia-Koalition (Rot-Schwarz-Grün) stelle sich aufgrund der Ablehnung der beiden anderen Parteien derzeit nicht, man sei aber auch hier "offen", so die Grüne.

Anti-Spekulations- und Wachstumspaket gegen Finanzkrise
In Sachen Finanzkrise kündigte sie jedenfalls an, ein Anti-Spekulations- und ein Wachstumspaket im Parlament vorlegen zu wollen. Dieses beinhaltet unter anderem die Forderung nach einer stärkeren Regulation des Finanzmarkts und der Erhöhung der Einlagensicherungen.

Innerparteiliche Reformen geplant
Innerparteilich sprach die geschäftsführende Bundessprecherin von anstehenden personellen, inhaltlichen und strukturellen Reformen. Der scheidende Parteichef Alexander Van der Bellen habe "viel erreicht", nun wolle sie aber einiges "anders" und "besser" machen, erklärte Glawischnig.

Zum Einen gelte es, die Konturen der Grünen "deutlich zu schärfen", andererseits müssten verstärkte Maßnahmen ergriffen werden, um die jugendliche Wählerschaft wieder mehr zu erreichen. Sie bedauerte, dass bei den Unter-30-Jährigen 43 Prozent eine der beiden Rechtsparteien gewählt haben. Als Gegenstrategie will man statt auf Medienkommunikation nun wieder verstärkt auf "Face-to-Face"-Kontakte setzen.

Weiters angegangen werden soll auch die Reform der parteiinternen Gremien. Dabei wird unter anderem über die Bestellung der KandidatInnenlisten nachgedacht werden, so Glawischnig. Bei den Grünen werden NationalratskandidatInnen nicht von einem höheren Gremium nominiert. Stattdessen wird über deren Reihung sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene demokratisch abgestimmt.

Zudem strebe sie eine Verbesserung des Dialogs zwischen Spitze und Basis an, wie sie sagte. Zu diesem Zweck wird die designierte Bundessprecherin durch alle Bundesländer touren.
 
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