Krätzl: Johannes XXIII. führte die Kirche in eine neue Epoche   

erstellt am
30. 10. 08

Wiener Weihbischof feierte Gottesdienst aus Anlass des 50. Jahrestages der Papstwahl von Angelo Giuseppe Roncalli
Wien (pew) - Johannes XIII. hat die "Zeichen der Zeit" zu deuten gewusst, die Moderne war für den Papst des Konzils nicht Bedrohung, sondern "ganz neue Aufgabe für die Kirche, die 'Salz der Gesellschaft' sein soll". Dies betonte Weihbischof Helmut Krätzl in der Wiener Pfarrkirche Altlerchenfeld bei einem Gottesdienst aus Anlass des 50. Jahrestages der Papstwahl von Angelo Giuseppe Roncalli. Wörtlich sagte der Bischof: "Dieser Papst hat der Kirche ein neues Gesicht gegeben. Wir dürfen nichts vergessen von dem, was er uns als Beispiel war, als Erbe geschenkt und für die Zukunft aufgetragen hat".

In seiner Predigt erinnerte Krätzl an die Wahl Roncallis am 28. Oktober 1958. Der spätere Wiener Weihbischof stand damals selbst in der Menge auf dem Petersplatz, als Johannes XIII. sich zum ersten Mal den Gläubigen zeigte: "Ich hatte keine Ahnung, welch historische Stunde das für die Kirche, die Welt, aber auch für mich ist. Als ein kleiner, alter Mann auf den Balkon trat, haben wir zuerst gedacht, die Kirche kehrt zurück ins Mittelalter - genau das Gegenteil war der Fall. Er führte die Kirche in eine ganz neue Epoche".

Wie viele seiner Zeitgenossen sei auch er unter Pius XII. stolz auf die Kirche gewesen, die aus der Katastrophe von Diktatur und Krieg gestärkt hervorgegangen war und großen Einfluss in vielen Bereichen der Gesellschaft hatte, erinnerte sich Bischof Krätzl. Wörtlich sagte er: "Uns war damals gar nicht so bewusst, wer aller sich in dieser stolzen Kirche fremd fühlen musste: die vielen Theologen, besonders aus Frankreich, die unter Pius XII. Rede- und Schreibverbot hatten, die Christen anderer Kirchen und auch viele Laien". Der neue Papst Johannes XXIII. habe sie alle wieder "heimgeführt" und ihnen ein neues "Heimatrecht" in der Kirche gegeben, so Krätzl: "Ich glaube, er würde auch heute keiner der kirchlichen Gemeinschaften das Recht absprechen, sich Kirche zu nennen".

Dem Roncalli-Papst sei es um die "Öffnung der Kirche zur Welt" gegangen: "Einer Welt, der die Kirche Unersetzbares aus dem Schatz des Glaubens zu geben hat, einer Welt aber auch, der die Kirche so vieles zu verdanken hat". Johannes XXIII. sei überzeugt gewesen, dass die Menschen gemeinsam die Verantwortung für diese Welt tragen, "weil es die Welt Gottes ist und die Menschen alle eine große Familie sind".

Unter Johannes XIII. sei der Petrusdienst in einer vorher noch nie da gewesenen Weise Zeichen der Einheit der Welt geworden, betonte Bischof Krätzl. Damals sei der Grund für die symbolträchtigen Bilder vom Begräbnis Johannes Pauls II. im Jahr 2005 gelegt worden, als 200 Staatsoberhäupter und Vertreter aller Religionen gemeinsam auf dem Peterspatz vor dem Sarg des verstorbenen Papstes zusammenkamen.

Johannes XIII. glaubte an das Gute

Johannes XIII. war kein großer Theologe oder Intellektueller, sondern ein "einfacher, aber sehr gläubiger Mensch", sagte Bischof Krätzl: "Er glaubte an das Gute im Menschen und in der Welt - und er gab diesem Guten eine Chance". Der Roncalli-Papst habe mit Überzeugung vor den Unheilspropheten gewarnt und auf das Wirken des Heiligen Geistes vertraut. "Das bekannte Wort, das er gesagt haben soll 'Johannes, nimm dich nicht so wichtig', kam nicht aus einer Geringachtung des Papstamtes, sondern aus dem Glauben, dass der Geist wirkt, wenn man ihn nur lässt und ganz auf ihn vertraut", stellte der Weihbischof fest.

Heute würde Johannes XIII. die Gläubigen zur Einheit in der Kirche einladen und sie dazu aufrufen, in der Verschiedenheit eine Bereicherung zu sehen, sagte Bischof Krätzl: "Er würde den vielen Gruppen und Spiritualitäten sagen: Seid eins in der Kirche, in Bescheidenheit und großem Respekt voreinander. Und fürchtet euch nicht! Nicht vor dem Gegenwind, der stärker bläst, nicht vor dem Neuen, zu dem so viele mit Recht schon drängen, nicht vor einer Zukunft die doch ganz und gar in Gottes Hand liegt".

Pfarrjugend, die das Konzil studiert

In der Pfarre Altlerchenfeld gibt es eine Jugendgruppe, die sich intensiv mit Leben und Wirken des Konzilspapstes und mit den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils auseinandersetzt. Die Messfeier mit Bischof Krätzl wurde von einem Chor aus dieser Jugendgruppe gestaltet. Die Jugendlichen hatten Kyrie-Rufe und Fürbitten aus Texten von Johannes XXIII. entnommen. (forts.)

Erzdiözese Wien: http://stephanscom.at
 
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