EU-Parlament entschied über Arbeitszeitrichtlinie  

erstellt am
05. 11. 08

 Ettl: EP wehrt sozialen Rückschritt ab
Die EU-Arbeitsminister haben den mit den Gewerkschaften akkordierten Standpunkt des Europäischen Parlaments aus erster Lesung völlig ignoriert
Wien (sk)
- "Das Europäische Parlament hat dem vom EU-Ministerrat beabsichtigten sozialen Rückschritt bei der EU-Arbeitszeitregelung eine klare Abfuhr erteilt", so kommentierte der SPÖ-Europaabgeordnete Harald Ettl gegenüber dem SPÖ-Pressedienst das Votum im Sozial- und Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlaments vom 05.11.

"Die EU-Arbeitsminister haben den mit den Gewerkschaften akkordierten Standpunkt des Europäischen Parlaments aus erster Lesung völlig ignoriert. Gemäß ihrer Einigung vom September dieses Jahres sollte Bereitschaftszeit entgegen der EuGH-Judikatur nicht mehr als Arbeitszeit gewertet werden und Opt-Out-Regelungen zur Umgehung der höchstzulässigen Arbeitszeiten unbefristet möglich sein", so Ettl. Die Ausdehnung der Durchrechnungszeit auf zwölf Monate, nach denen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden erreicht werden müsse, sei ein weiteres Geschenk der Minister an die Arbeitgeber gewesen, kritisierte der Europaabgeordnete.

Über eine europäische Regelung, die den arbeitsfreien Sonntag nicht nur national sondern EU-weit sichern sollte, konnte aus formalen Gründen in zweiter Lesung nicht mehr abgestimmt werden. Die EU-Mitgliedstaaten können dies aber weiterhin national regeln und den Sonntag als gesetzlichen Ruhetag verankern.

"Das Parlament hat heute seine Position aus erster Lesung bestätigt und somit erneut bewiesen, daß es die Anliegen der Menschen in Europa vertritt. Die mangelnde Abstimmung der nationalen Regierungen mit dem Europäischen Parlament in dieser immens wichtigen Frage ist und bleibt aber inakzeptabel. Dieser Vorwurf richtet sich besonders an den österreichischen Arbeitsminister Bartenstein, der den sozialen Rückschritt im EU-Ministerrat mitgetragen hat", schloss Ettl.

 

 Pirker: EP lehnt Ratsvorschlag als inakzeptabel ab
Ratsposition bringt Sicherheitsrisiken im Gesundheitssektor
Brüssel (övp-pd) - Mit einer eindeutigen Mehrheit von 35 gegen 13 Stimmen lehnte der Arbeits- und Sozialausschuss des Europäischen Parlaments heute die Position des EU-Ministerrates zur Arbeitszeitrichtlinie als inakzeptabel ab. "Das Europäische Parlament bleibt damit ohne Abstriche bei seiner Haltung. Die vorgeschlagenen Verschärfungen sind für viele Berufsgruppen schlicht unzumutbar und arbeitnehmerfeindlich. Gerade im Gesundheitssektor droht ein Sicherheitsrisiko für die Patienten. Wir lehnen diese Verschärfung ab", sagte der Kärntner ÖAAB-Obmann und ÖVP- Europaparlamentarier Dr. Hubert Pirker am 05.11. in Brüssel.

Das Europäische Parlament setzt seine verantwortungsbewusste Position aus der ersten Lesung erneut ein und geht damit auf Konfrontationskurs mit dem Rat. "Im Mitentscheidungsverfahren müssen wir zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen. Das Europäische Parlament verfolgt eine Linie, die der aktuellen Situation des österreichischen Arbeitsrechts gleicht. Für uns ist vor allem unabdingbar, daß sämtliche Bereitschaftszeiten, in denen ein Arzt in kürzester Zeit für eine komplizierte Operation zur Verfügung zu stehen hat, als Arbeitszeit gewertet werden muß. Dienstbeginn bis Dienstende muß als Arbeitszeit zählen, nicht mehr und nicht weniger", so Pirker.

Der ÖVP-Europaparlamentarier unterstützt auch die Forderung des Parlaments, jegliche Opt Out-Instrumente abzuschaffen: "Ausnahmemöglichkeiten untergraben eine effiziente EU-Regelung und verstärken zusätzlich den Druck auf die Arbeitnehmer. Die EU will und fordert soziale Mindeststandards. Und diese Mindeststandards müssen dann auch allen Arbeitsnehmern in allen EU-Staaten zu Gute kommen. Hier darf es keine Ausnahmen auf dem Rücken der Arbeitnehmer geben!" Weiters wendet sich Pirker gegen die vom Rat vorgeschlagene Verlängerung der Durchrechnungszeit: "Auch dieser Vorschlag ist für das Europäische Parlament nicht akzeptabel, da extreme Belastungen in vielen Berufen, beispielsweise in der Ärzteschaft, ein Sicherheitsrisiko für die Patienten darstellen können."

"Wir wollen im Europäischen Parlament einen ausgewogenen Kompromiss in der Arbeitszeitfrage finden. Mit dem nun wieder eingesetzten Ergebnis unserer ersten Lesung bleiben wir voll auf Linie. Das Europäische Parlament nimmt damit seine Verantwortung gegenüber den Menschen und vor allem den Arbeitnehmern wahr", so Pirker abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
zurück