Wien: Ausstellung "Ikonen unter Hammer und Sichel" feierlich eröffnet   

erstellt am
20. 11. 08

Russisch-orthodoxer Bischof Hilarion: Kirche war unter Sowjetzeit "Märtyrerkirche" - Ostkirchenexperte Prof. Prokschi plädiert für sensible Aufarbeitung der Geschichte
Wien (pew) - Mit einem Festakt im Wiener Erzbischöflichen Palais ist am Abend des 18.11. die Ausstellung "Ikonen unter Hammer und Sichel - Die Russische Orthodoxe Kirche im 20. Jahrhundert" eröffnet worden. Die Sonderschau im Wiener Dom- und Diözesanmuseum veranschaulicht das Schicksal der russisch-orthodoxen Kirche während der Sowjetherrschaft. Die Ausstellung steht im Rahmen des bevorstehenden Wien-Besuchs des Moskauer Patriarchen Aleksij II. am letzten Advent-Wochenende.

Der Wiener russisch-orthodoxe Bischof Hilarion (Alfejew) ging in seinem Grußwort auf die Verfolgung der Kirche in der Sowjetzeit ein und sprach von einer "wahren Märtyrerkirche". Hunderttausende Geistliche und Laien seien ermordet und verfolgt worden oder schweren Repressionen ausgesetzt gewesen. Als sich dann die Umklammerung des militanten Atheismus lockerte, seien die Menschen zum Glauben ihrer Väter zurückgekehrt.

Heute sei die russisch-orthodoxe Kirche eine der am schnellsten wachsenden Kirchen der Welt. Bischof Hilarion: "Wir glauben, dass die Wiedergeburt unserer Kirche dank der Gebete vieler Tausender Märtyrer und Bekenner geschieht, die ihr Leben für Christus geopfert haben". Er wünsche sich von der Ausstellung, dass die Besucher nachvollziehen können, "was unsere Kirche in den Jahren der Verfolgungen erlebt hat", sagte der Wiener russische Bischof.

Der Leiter des Instituts für Theologie und Geschichte des Christlichen Ostens an der Universität Wien, Prof. Rudolf Prokschi, plädierte bei der Eröffnun der Ausstellung für einen sensiblen Umgang mit der Geschichte. Im Rahmen eines zweijährigen Forschungsaufenthalts im staatlichen Archiv in Moskau habe er einen Einblick in die Verfolgung der Kirche durch die Kommunisten bekommen. Den Machthabern sei viel daran gelegen gewesen, vor allem die Ikonenverehrung lächerlich zu machen, so Prokschi. Die orthodoxe Kirche habe in einer sehr prekären Situation außerordentlichen Mut bewiesen.

Prokschi erinnerte bei der Ausstellungseröffnung - bei der auch der Wiener griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos anwesend war - daran, dass es auch heute verfolgte Christen gebe. Diese dürften nicht vergessen werden. Prokschi rief zur Solidarität mit den Christen in Indien und dem Irak auf.

Freundschaftliche Beziehungen
Museumsdirektor Bernhard Böhler wollte die Ausstellung als "Zeichen des religiösen und kulturellen Austausches" sowie "als Ausdruck der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Österreich" verstanden wissen. Die Ausstellung gebe Einblicke in die wechselvolle Geschichte der russischen orthodoxen Kirche im 20. Jahrhundert, "die letztlich vom Triumph des Glaubens gekrönt wurde".

Die Ikonen hätten die Kirche und den Glauben auch während der Sowjetzeit in vielen gesellschaftlichen Schichten repräsentiert und deren Fortbestand symbolisiert, so Böhler. Trotz massiver Unterdrückung habe die Kirche überlebt und die Belagerung durch die atheistische Propaganda erduldet. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion hätten Kirche und Religion in Russland wieder eine große gesellschaftliche Bedeutung erlangt. Insbesondere die russische orthodoxe Kirche habe eine Renaissance erlebt, so Böhler.

Auch der russische Botschafter Stanislaw Ossadtschij betonte die neue bedeutende gesellschaftliche Rolle der orthodoxen Kirche in Russland, die Millionen von Russen moralische Orientierung gebe. Der Botschafter würdigte die guten Beziehungen zwischen Staat und Kirche, die auf den Prinzipien der gegenseitigen Achtung und Zusammenarbeit begründet seien. Er hoffe auch, so Ossadtschij, dass die Ausstellung zur weiteren Festigung der kulturellen und geistigen Verbindung zwischen Österreich und Russland beitrage.

Die Ausstellung "Ikonen unter Hammer und Sichel" ist bis 28. Februar 2009 geöffnet. Insgesamt werden rund 80 Exponate - darunter 40 Ikonen - gezeigt. Die Schau wurde vom Dommuseum in Zusammenarbeit mit dem Verlagsrat des Patriarchats Moskau erstellt. Vizedirektor Igor Lapschin vom Verlagsrat betonte deshalb auch die gute Zusammenarbeit und die guten Beziehungen auf allen Ebenen, sowohl im staatlichen als auch im kirchlichen Bereich. Die Ausstellung sei daher auch für die Ökumene ein wichtiger Meilenstein, so Lapschin.
     
Informationen: http://stephanscom.at    
     
zurück