Agentur für wissenschaftliche Integrität aus der Taufe gehoben   

erstellt am
01. 12. 08

Schlüsselakteure der österreichischen Scientific Community einigen sich auf die Konstruktion der einzurichtenden Agentur für wissenschaftliche Integrität.
Wien (bmwf) - In einer am 27.11. an der Universität für Bodenkultur abgehaltenen Gründungsversammlung wurden die Statuten des Trägervereins für die Agentur für wissenschaftliche Integrität beschlossen. Damit ist die formale Gründung dieser neuen, unabhängigen Institution vollzogen. Die Agentur für wissenschaftliche Integrität wurde als ein Verein nach dem österreichischen Vereinsgesetz gegründet. Gründungsmitglieder sind 12 österreichische Universitäten, die Akademie der Wissenschaften sowie der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF), das I.S.T.-Austria und der FWF.

Bundesminister Johannes Hahn begrüßt die Gründung der Agentur für wissenschaftliche Integrität und "dankt dem Präsidenten des Wissenschaftsfonds, Christoph Kratky, und seinen 15 Mitstreitern für die rasche Umsetzung seiner in Alpbach 2008 erhobenen Forderung nach Gründung einer solchen Einrichtung". "Damit können Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens an Universitäten und Forschungseinrichtungen an eine unabhängige Kommission delegiert werden, die diese Vorwürfe prüft und wertet.", so Forschungsminister Hahn weiter und erinnert daran, "dass das Wissenschaftssystem seine Fähigkeit zur Selbstreinigung somit unter Beweis gestellt hat!"

Ordentliche Mitglieder des Trägervereins können Universitäten und Hochschulen, Forschungsförderungsorganisationen sowie andere Trägerorganisationen wissenschaftlicher Forschung sein, womit zum Ausdruck kommt, dass die Einrichtung der Agentur für wissenschaftliche Integrität dem Prinzip "Fähigkeit zur Selbstreinigung" folgt.

Der Agentur kommt die Aufgabe zu, Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens in Österreich auf professionelle Weise nachzugehen und auf Grundlage der von ihr angestellten Untersuchung zu bewerten. Diese Aufgabe wird durch ein unabhängiges, mit hochkarätigen WissenschafterInnen aus dem Ausland besetztes Gremium wahrgenommen werden. Dieses Gremium ist die "Kommission für wissenschaftliche Integrität".

Die Mitglieder der Kommission werden von der Generalversammlung des Vereins auf Vorschlag des österreichischen Wissenschaftsrats für zwei Jahre bestellt. Insgesamt wird die Kommission aus sechs Personen bestehen, die die wissenschaftlichen Hauptrichtungen (Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften, Life Sciences, Medizin, Naturwissenschaften und Technik) abdecken werden. Zusätzlich wird die Kommission über ein beratendes Mitglied mit Kompetenz im österreichischen Recht verfügen. Im Zuge der Vereinsgründung wurde eine Liste hochrangiger, ausländischer WissenschafterInnen auf Vorschlag des Wissenschaftsrates beschlossen, die zur Mitarbeit in der Kommission eingeladen werden.

Die Agentur wird über eine Geschäftsstelle verfügen, die die Kommission bei ihrer Tätigkeit unterstützen wird. Kernaufgabe der Geschäftsstelle wird es sein, die an die Kommission herangetragenen Fälle zur Entscheidung vorzubereiten.

Die Agentur für wissenschaftliche Integrität ist weder eine Entscheidungsinstanz noch eine rechtssprechende Organisationseinheit. Ihr kommt die Aufgabe zu, eine neutrale und sachorientierte Plattform zu bieten, um (vermeintlichen) Fällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens objektiv auf den Grund gehen zu können. Betroffene Personen und Institutionen erhalten die Chance, diese neue und unabhängige Ressource zu nutzen, um eine unvoreingenommene, kompetente Auskunft zu erhalten, wie ein vorgelegter Fall eines allfälligen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu beurteilen ist. Die normative Kraft der Kommissionsarbeit soll aus der vorbehaltlosen, sachorientierten Prüfung von Verdachtsfällen resultieren und soll sie zu einer wichtigen Orientierungsgröße für wissenschaftliche Integrität in Österreich werden lassen.

Die Gründung der Agentur für wissenschaftliche Integrität zeigt exemplarisch, dass Initiativen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Forschung sehr wohl 'bottom up‘ zustande kommen können. Voraussetzung dafür ist ein ausgeprägtes Problembewusstsein bei allen Beteiligten und ein Grundkonsens, dass die Fähigkeit zur Selbstreinigung ein tragfähiges Fundament der Scientific Community ist.

Österreich hatte im Bereich der Bekämpfung wissenschaftlichen Fehlverhaltens deutlich wahrnehmbare Strukturdefizite. Die nunmehr erfolgte Gründung der Agentur für wissenschaftliche Integrität soll deutliche Verbesserungen bringen. Seitens der Wissenschaftspolitik wurde der Bedeutung dieses Schrittes durch die Aufnahme in das Anfang dieser Woche präsentierte Regierungsprogramm entsprochen.

Liste der Institutionen, die an der Gründungsversammlung der Agentur für wissenschaftliche Integrität teilgenommen haben:
Universität Wien
Medizinische Universität Wien
Medizinische Universität Graz
Universität Salzburg
Technische Universität Graz
Montanuniversität Leoben
Universität für Bodenkultur
Veterinärmedizinische Universität Wien
Wirtschaftsuniversität Wien
Universität für angewandte Kunst Wien
Universität für Musik und darstellende Kunst Graz
Akademie der bildenden Künste Wien
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Wiener Wissenschafts,- Forschungs- und Technologiefonds (WWTF)
I.S.T.-Austria

Vorstand des Trägervereins (in alphabetischer Reihenfolge):
Christoph Badelt (Wirtschaftsuniversität Wien)
Christoph Kratky (FWF, Vorsitzender der Vereins)
Peter Schuster (Österreichische Akademie der Wissenschaften)
Josef Smolle (Medizinische Universität Graz)
Georg Winckler (Universität Wien, Stellvertretender Vorsitzender)
Heribert Wulz (Österreichische Universitätenkonferenz)
     
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