Ein Phantom kehrt zurück   

erstellt am
27. 11. 08

Außergewöhnliches Artenschutzprojekt
Wien (öbf) - Die drei Projektträger Land Niederösterreich (Naturschutzabteilung), Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) und Österreichische Bundesforste (ÖBf) initiieren ein außergewöhnliches Artenschutzprojekt für den Habichtskauz. Im Rahmen eines Wiederansiedelungsprojekts wird dem in Österreich ausgestorbenen Habichtskauz (Strix uralensis) eine zweite Chance gegeben, sich in unseren Wäldern wieder anzusiedeln. „In den kommenden Jahren soll durch Freilassung von Jungvögeln im Biosphärenpark Wienerwald sowie im einzigen Wildnisgebiet Österreichs, am Dürrenstein, ein neuer Bestand gegründet werden. Das Projekt startet mit Ende November 2008 und läuft bis 2012“, berichtet Landesrat Josef Plank.

Größte Waldeule Europas
Es war wohl die Ähnlichkeit mit der Gefiederzeichnung des Habichts, die dem Habichtskauz seinen Namen gab. Als ehemals größte Eule unserer Wälder verschwand die Art gegen Mitte des 20. Jahrhunderts aus Österreich. Grund dafür war einerseits das ungewöhnlich vertraute Verhalten wild lebender Habichtskäuze gegenüber uns Menschen und infolgedessen häufige Abschüsse. Andererseits schrumpften gerade in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts die Lebensräume dieses „Urwaldbewohners“.

Durch nachhaltigen Umgang mit dem Wald, Ausweisung von Schutzgebieten und Unterstützung der Artenschutzziele durch die Jägerschaft verbesserten sich die Lebensbedingungen in den letzten Jahrzehnten zunehmend. Der Habichtskauz findet dadurch jetzt wieder optimale Bedingungen zur Wiederbesiedlung vor. Als besonders viel versprechende Standorte gelten alte Laubmischwälder, in denen es besonders viele Kleinsäuger (Mäuse und Bilche) gibt.

Schlüsselfunktion Niederösterreichs
International besteht großes Interesse an der Wiederansieldung am Alpennordrand. Die Region ist quasi als Brücke zwischen vorhandenen Beständen zu sehen. Durch ein Wiederansiedelungsprojekt in Deutschland konnte man den Kauz im Bayrischen Wald wieder heimisch machen. Dieses Vorkommen im Norden Österreichs blieb bisher jedoch isoliert. „Niederösterreich soll im mitteleuropäischen Verbreitungsgebiet künftig wieder als populationsbiologische Drehscheibe fungieren“ sagt Landesrat Josef Plank, Mitinitiator des Projekts.

„Ziel ist die Gründung neuer Populationskeimzellen durch regelmäßige Freilassung und ihre Anbindung an die Vorkommen im Norden sowie der Schutz geeigneter Lebensräume. Damit schützen wir nicht nur den Habichtskauz, sondern auch andere gefährdete Arten wie das Auerhuhn oder den Weißrückenspecht. Der umweltpädagogische Wert des Projekts liegt in der Illustration sensibler Prozesse des Waldökosystems“ so Plank.

Wissenschaftliche Begleitforschung
Als Projektleiter hat das Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie nicht nur die Koordination von Projektinhalten übernommen, sondern setzt insbesondere auf gemeinsamen Dialog aller beteiligten Interessensgruppen. Für die erfolgreiche Wiederansiedelung verschollener Arten ist gerade die interdisziplinäre Kooperation mit Grundeigentümern und Landbewirtschaftern eine wichtige Voraussetzung.

Weitere Schwerpunkte sind die Zusammenarbeit mit Zoos und Zuchtstationen sowie ein fundiertes Monitoring zur laufenden Kontrolle der freigelassenen Eulen. „Wir markieren die Eulen mit kleinen High-Tech-Sendern“ sagt Univ. Prof. Dr. Walter Arnold, Leiter des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. „Durch die Telemetrie können wir die Position der Tiere jederzeit genau feststellen und so ihren Aktionsraum, ihre Aktivität und die Bildung erster Brutpaare registrieren“ ergänzt Arnold.

Nachhaltiges Waldmanagement sichert Lebensräume
Hohe Lebensraumansprüche machen den Habichtskauz zur „Flagship Species“ für den Artenschutz im Wald. Entsprechend wertvoll sind konkrete Artenschutzmaßnahmen kombiniert mit nachhaltigem Management der natürlichen Lebensräume. „Im Sinne der Nachhaltigkeit vereinen wir forstwirtschaftliche Interessen mit den Anforderungen der Natur und schaffen damit die Grundlagen für Artenschutz und Artenvielfalt“, erklärt Georg Erlacher, Vorstand für Forstwirtschaft und Naturschutz der Österreichischen Bundesforste.

„In beiden Freilassungsgebieten stellen wir nicht nur naturnahe Waldgebiete für die Käuze zur Verfügung, sondern auch unser langjähriges Know-how in punkto Artenschutz“, erläutert Erlacher das Engagement der Bundesforste, die das Projekt auch finanziell zu einem maßgeblichen Anteil unterstützen. „Wir leisten damit auch einen Beitrag zur internationalen Biodiversitäts-Konvention „Countdown 2010“, deren Ziel es ist, den Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen und den Schutz von Arten und Lebensräumen zu fördern“, unterstreicht Erlacher die europäische Dimension des Projekts.

Starke Partner
Die Österreichische Zoo Organisation und der Verein Eulen und Greifvogelschutz züchten die Habichtskäuze kostenlos für die Freilassung. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz. Forstamt und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien (MA49) unterstützen das Projekt tatkräftig mit der Anfertigung zahlreicher Nisthilfen und durch den Bau einer Auswilderungsvoliere, in der die Vögel auf die Freilassung vorbereitet werden. Die beiden Schutzgebiets-Verwaltungen im Biosphärenpark Wienerwald und im Wildnisgebiet Dürrenstein tragen substantiell zur Abwicklung des Forschungsprojekts vor Ort bei.

Das Projekt wird mit einem umfangreichen Rahmenprogramm mit Ausstellungen, Vorträgen, Foldern und einer eigenen Webseite begleitet.
     
Informationen: http://www.habichtskauz.at    
     
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