Tourismuswirtschaft setzt auf Expertennetzwerk   

erstellt am
25. 11. 08

Kaske, Kopf, Schenner: Durch intensive Zusammenarbeit den touristischen Arbeitsmarkt weiter stärken - 2. „Tourismus - Arbeitsmarktgipfel“ in Wien
Wien (pwk) - Als Follow-up zur gemeinsamen Initiative zur Förderung des touristischen Arbeitsmarktes von Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft (WKÖ), Gewerkschaft vida und Arbeitsmarktservice (AMS) treffen sich Sozialpartner und weitere hochkarätige Experten aus der Tourismuswirtschaft am 25.11. in Wien zum zweiten „Tourismus–Arbeitsmarktgipfel“. Beim ersten Arbeitsmarktgipfel im Mai dieses Jahres wurden fünf Sofortmaßnahmen beschlossen und umgehend an deren Umsetzung gearbeitet.

Kopf: Bereits mehr als 500 Personen im regionalen Qualifizierungsprogramm für Fachkräfte
In der Tourismuswirtschaft besteht großer Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften. „Um die Unternehmen bei der Suche nach qualifizierten Fachkräften zu unterstützen, hat das AMS gemeinsam mit den Sozialpartnern - zusätzlich zu den bereits bestehenden Schulungen - ein regionales Qualifizierungsprogramm für Fachkräfte ins Leben gerufen, mit dem heuer mehr als 500 Personen zu Fachkräften in Gastronomie- und Tourismusberufen ausgebildet werden. Dabei werden in Wien beispielsweise Facharbeiterintensivausbildungen für Köchinnen und Köche und in der Steiermark Ausbildungen für Restaurantfachkräfte (Kellner/innen) durchgeführt“, erklärte Johannes Kopf, Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS) Österreich. Im nächsten Jahr wird das regionale Qualifizierungsprogramm sogar noch erweitert: 2009 sollen insgesamt rund 900 Personen zusätzlich im Bereich Gastronomie/Tourismus geschult werden. Der Schwerpunkt liegt dabei in den Regionen Salzburg (21%), Wien und Steiermark (je 17%), Niederösterreich und Tirol (je 15%).

Höherqualifizierung von Mitarbeitern durch geförderte Schulungen
Zusätzlich zur Fachkräfteausbildung setzt das Arbeitsmarktservice verstärkt auf die Höherqualifizierung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen im Hotel- und Gastgewerbe. Gemeinsam mit den Sozialpartnern wurde dazu ein neues Förderpaket geschnürt: Seit Anfang November unterstützt das AMS alle Arbeitgeber im Hotel und Gastgewerbe, die eine Woche vor Saisonbeginn im Rahmen des beginnenden Arbeitsverhältnisses die Teilnahme ihrer Mitarbeiter an einer Schulung wie z.B. Verkaufstrainings, Sommelierkurse etc. ermöglichen. Dabei übernimmt das AMS 90 Prozent der Kurskosten, 10 Prozent finanziert der Betrieb selbst. „Voraussetzung für die Förderung ist, dass der geschulte Mitarbeiter oder die geschulte Mitarbeiterin unmittelbar vorher beim AMS arbeitslos gemeldet war und ein vollversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis begründet wird“, betonte Kopf.

Weiterbildung von Personen 45+, Frauen und Wiedereinsteigerinnen
Darüber hinaus fördert das AMS im Rahmen der Qualifizierungsförderung für Beschäftigte die Weiterbildung von Personen im Alter ab 45 Jahren, von Frauen mit höchstens Lehrausbildung oder mittlerer Schule sowie von Wiedereinsteigerinnen. Dabei finanziert das AMS gemeinsam mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zwei Drittel der Kurskosten, ein Drittel zahlt der Betrieb selbst. Die Förderung wird von der Hotel- und Gastronomiebranche in steigendem Ausmaß in Anspruch genommen: 2007 gab es rund 460 Schulungsteilnehmer, 2008 profitierten bereits rund 760 Teilnehmer und Teilnehmerinnen von der Förderung. „Durch die Qualifizierungsförderung für Beschäftigte erreichen wir, dass an den betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen verstärkt Ältere und Frauen teilnehmen, und durch die Weiterbildung auch deren Arbeitsplätze besser abgesichert sind“, so Kopf.

WIFO Studie: „Ausbildungserfordernisse und Arbeitskräftebedarf“
Weiters wurde im Rahmen des Arbeitsmarktgipfels die von der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft (WKO) beim WIFO beauftragte Studie „Ausbildungserfordernisse und Arbeitskräftebedarf im österreichischen Beherbergungs- und Gaststättenwesen“ von Egon Smeral, Tourismusexperte des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und Mitautor der Studie, präsentiert.

Zum Teil überraschende Ergebnisse der Studie
„3.200 Betriebe haben an dieser sehr umfangreichen Studie teilgenommen“, bedankt sich Hans Schenner, Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft (WKO) bei seinen Mitgliedern. „Manche Ergebnisse hätte ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet“, kommentiert der Tourismus- Obmann. So zum Beispiel die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der im Hotel- und Gastgewerbe beschäftigten Personen besser als nach dem Kollektivvertrag entlohnt werden. „Und der KV ist bei weitem nicht alles. Viele Betriebe zahlen über dem Kollektivvertrag und stellen freie Kost und Logis. Ganz abgesehen vom Trinkgeld, das dank unserer gemeinsamen Bemühungen mit der Gewerkschaft obendrein noch steuerfrei ist“, unterstreicht Schenner.

Schenner: Weg von der Holzhammertaktik hin zu konkretem Handeln
„Natürlich ist noch viel zu tun. Aber pauschal die Branche schlechtreden bringt unsere Betriebe und unsere Mitarbeiter nicht weiter“, bekräftigt Schenner. „Wir müssen endlich weg von der Holzhammertaktik hin zu konkretem Handeln. Die im Juni beschlossenen fünf Sofortmaßnahmen haben uns schon einen Schritt weitergebracht. Nun gilt es, hier anzusetzen und gemeinsam weiterzuarbeiten. Wir sind dazu bereit und für fortführende Gespräche offen“, so Schenner.


Ein Großteil der touristischen Arbeitskräfte ist unter 45
Eine weitere Erkenntnis der Studie belegt, dass 80% der in den befragten Betrieben tätigen Arbeitskräfte jünger als 45 Jahre sind. Damit bieten Hotellerie und Gastronomie weitgehend Berufsfelder für jüngere Menschen. „Aber genau in diesem Punkt müssen wir uns alle gemeinsam anstrengen, um auch ältere Personen und Wiedereinsteiger und Wiedereinsteigerinnen für den Tourismus zu gewinnen; denn die prognostizierte Überalterung der Bevölkerung wird auch unsere Branche voll treffen“, ergänzt Schenner. „Ein erster wichtiger und richtiger Schritt sind die betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen der AMS-Qualifizierungsförderung für Beschäftigte.“

Kaske: Bessere Entlohnung im Tourismus würde Attraktivität der Branche steigern
Der Jubel über die Studienergebnisse hält sich bei der Gewerkschaft vida in Grenzen: „Selbstzufriedenheit ist aus unserer Sicht deplatziert. Wir müssen Maßnahmen setzen, um die Branche für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen attraktiver zu gestalten. Die Kollektivvertragslöhne der Beschäftigten im Gastgewerbe liegen zwischen 1.133 Euro für Küchenhilfskräfte und durchschnittlich 1.725 Euro brutto für einen Küchenchef. Damit ist der Tourismus gegenüber vielen anderen Branchen nicht konkurrenzfähig“, meint vida-Vorsitzender Rudolf Kaske.

Auch die Entlohnung über dem Kollektivvertrag sei keine Jubelmeldung wert: „Bei einem Jungkoch, der brutto durchschnittlich 1243 Euro verdient und laut Studie knapp 22 Prozent mehr bekommt, entspricht das einem Nettoplus von nur 130 Euro“, rechnet Kaske vor. Viel Raum für offene Fragen lasse vor allem die Berechnungsgrundlage dieser „Überzahlung“.

Schaffung von altergerechten Arbeitsplätzen
Neben einer besseren Entlohnung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei es auch in Hinblick auf das Studienergebnis besonders wichtig, altersgerechte Arbeitsplätze zu schaffen. Ein wichtiger gemeinsamer Erfolg des ersten Tourismus-Arbeitsmarktgipfels sei die Einigung auf Schulungswochen vor Saisonbeginn, die im heurigen Herbst erstmals umgesetzt werden. Diese Qualifizierungsmaßnahme für Tourismusbeschäftigte findet in einem aufrechten Dienstverhältnis statt.

„Angesichts der Krise wäre es naiv zu glauben, dass sie keine Auswirkungen auf die Tourismuswirtschaft hat. Wir müssen Maßnahmen setzen, um für den Wirtschaftsabschwung gerüstet zu sein“, so Kaske.

Um der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise entgegenzuwirken, setzt die Tourismuswirtschaft deshalb auf ein Expertennetzwerk. „Unser erklärtes Ziel ist es“, und darin zeigen sich Kaske, Kopf und Schenner einig: „durch eine intensive Zusammenarbeit den touristischen Arbeitsmarkt weiter zu stärken.“
     
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