Bundeskanzler Faymann in der ORF-Pressestunde  

erstellt am
08. 12. 08

 Faymann: Arbeitslosigkeitsbekämpfung als erstes Gebot der Regierungsarbeit
Österreichisches Konjunkturpaket zweitbestes in Europa
Wien (sk) - "Politik braucht Ehrlichkeit", betonte Bundeskanzler Werner Faymann am 07.12. im Rahmen der ORF-Pressestunde, die Fragen stellten Wolfgang Geier (ORF) und Andreas Koller (Salzburger Nachrichten). Zur Finanzkrise merkte Faymann an, daß niemand seriös sagen könne, wie sich die wirtschaftliche Situation in den nächsten Jahren entwickle. Er plädiere dafür "nicht Angst zu haben, sondern Maßnahmen zu setzen", derzeit sei "Entschlossenheit gefragt und nicht Schönreden". Oberste Priorität der neuen Regierung sei die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, denn "die Verhinderung von Arbeitslosigkeit ist nicht nur die Verhinderung von menschlichem Leid, sondern auch die Verhinderung von volkswirtschaftlichen Nachteilen", unterstrich Faymann.

Der Bevölkerung wolle er vermitteln, daß man darauf vorbereitet sei, zu handeln. Die Regierung habe deshalb in einem ersten Schritt ein Konjunkturpaket von fünf Milliarden geschnürt, "von dem das Wifo sagt, es ist das zweitstärkste Konjunkturpaket in Europa". Der Betrag von fünf Milliarden solle in den Jahren 2009 und 2010 für Kaufkraftstärkung, Investitionen und Steuerentlastungen aufgewendet werden.

Sollte dieses erste Konjunkturpaket nicht ausreichen, so Faymann, dann müsse man "agieren wie bei einem Brand und soviel Löschwasser wie möglich einsetzen", ein zweites Konjunkturpaket sei also nicht ausgeschlossen. Der Bundeskanzler bemerkte, daß für ihn die Drei-Prozent-Grenze beim Budgetdefizit "kein Heiligtum ist", überdies stehe diese Defizitgrenze derzeit in ganz Europa zur Diskussion. In Österreich habe man immer versucht die Maastricht-Kriterien einzuhalten, sollte es notwendig sein, könne man diese aber auch überschreiten.Auch die Europäische Union müsse endlich soziales Profil zeigen, das würde mehr bringen als eine Vielzahl von Inseraten, in denen man die Vorteile der EU beschwören würde.

Zum Bankenpaket merkte der Bundeskanzler an, daß es sich bei den 100 Milliarden nicht um eine Schenkung an die Banken handle, sondern zum überwiegenden Teil für Haftungen aufgewendet werde. Diese Haftungen würden nicht für Einzelgeschäfte gelten, sondern seien ein Insolvenzschutz für Banken. Bei den 15 Milliarden, mit denen man in das Eigenkapital der Banken eingreifen wolle, müssten die Banken sicherstellen, daß dies für Finanzierungen von kleineren und mittleren Unternehmen aufgewendet werde. Diese 15 Milliarden seien allerdings noch nicht fixiert, da sich die EU-Kommission vorbehalten habe, noch weitere Gespräche zu führen. Er, Faymann, werde aber im Rahmen des europäischen Rates alle Möglichkeiten nutzen, "damit wir rasch Maßnahmen setzen können". Der Bevölkerung müsse man beim Bankenpaket erklären, daß es dabei darum gehe, die wirtschaftliche Entwicklung abzusichern und die Exporte zu stützen.


Jugendarbeitslosigkeit am Besten mit guter Konjunktur zu bekämpfen
Zum Thema Jugendarbeitslosigkeit merkte Faymann an, daß man darauf schauen müsse, daß die Kaufkraft, die Exporte und Bildung und Forschung funktionieren, "dann braucht man sich um Einzelgruppen keine Sorgen machen". Jedoch müsse man sich in speziellen Fragen engagieren, hier sei etwa die Ausbildungsgarantie bis 18 zu erwähnen, die Ausbildung könne auch in überbetrieblichen Lehrwerkstätten erfolgen. Im Budget des Sozialministeriums sei viel für junge und ältere Menschen vorgesehen, auch für das AMS stünden ausreichend Mittel zur Verfügung, dies zeige sich jetzt etwa in der Frage der Kurzarbeit, wo zwar die Arbeitszeit auf 60 Prozent reduziert werde aber die Menschen weiterhin 90 Prozent des Lohnes beziehen würden. Das Auslaufen des Vertrages von Lehrlingsbeauftragten Blum sehe er als keinen Nachteil, denn "ich habe schon in der Vergangenheit nichts von Regierungsbeauftragten gehalten". Vielmehr gehe es darum, "die besten Köpfe des Landes an den Tisch zu holen", um Probleme zu lösen.

Steuerreform: Entlastung von 500 bis 600 Euro für Steuerzahler zu erwarten
Eine zweite Steuerreform bis 2013 sei für Faymann denkbar, "wenn es sich ausgeht", versprechen wolle er allerdings nichts, denn es sei noch nicht abzuschätzen, "wie viel Geld wir in der Hand haben". Man habe sich beim Regierungsabkommen einen Spielraum gelassen, natürlich wäre es erstrebenswert, alle Maßnahmen umzusetzen. Von der derzeitigen Steuerreform können sich Menschen, die Steuern zahlen eine Entlastung von 500 bis 600 Euro netto erwarten. Allerdings, so Faymann, solle "die Politik den Leuten keinen Sand in die Augen streuen", es sei zwar "richtig, den Menschen etwas zurückzugeben", es dürfe aber niemand erwarten, daß er alles zurückbekomme, was er an Steuern zahle.

 

 Kopf begrüßt Faymanns Bekenntnis zum "ordentlichen Haushalten"
Gemeinsame Regierungs-Linie: Keine neuen Steuern sowie steuerliche Absetzbarkeit von Spenden
Wien (övp-pk) - ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf begrüßt das von SPÖ-Chef und Bundeskanzler Faymann in der ORF-"Pressestunde" abgelegte Bekenntnis zum "ordentlichen Haushalten. In diesem Kurs hat Faymann die volle Unterstützung der ÖVP. Denn wenn Staatsschulden aus dem Ruder laufen, dann bedeutet das nur künftige Spar- und Belastungspakete. Das wird es mit der ÖVP nicht geben." Erfreut zeigt sich der ÖVP-Klubobmann auch über Faymanns Klarstellung, dass es in dieser Legislaturperiode "keine neuen Steuern" geben werde. "Das sind wir den Steuerzahlern und den Leistungsträgern schuldig, und darauf haben wir uns im Regierungsprogramm geeinigt."

Ausdrücklich begrüßt der ÖVP-Klubobmann auch die "gemeinsame Linie von ÖVP und SPÖ" im Hinblick auf die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden: "Mit dieser Maßnahme wollen wir jenen Menschen zur Seite stehen, die sich für sozial Schwache engagieren, und wollen dort helfen, wo Hilfe notwendig ist."

 

 Strache: Faymann ist falscher Mann am falschen Platz
Regierung soll sich endlich zu echtem Konjunkturpaket entschließen
Wien (fpd) - Die Regierung solle sich endlich zu einem echten Konjunkturpaket, das diesen Namen auch verdiene, entschließen, anstatt ständig herumzukleckern, meinte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache zu den Ausführungen von Bundeskanzler Faymann in der ORF-Pressestunde. Mit halbherzigen Maßnahmen sei niemandem geholfen. Im Gegensatz zu Faymanns Beteuerungen verwende die Regierung kein Löschwasser, sondern versprühe bloß winzige Tropfen.

Dass es keine "Stop-Tafel" beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit geben dürfe, sei zwar grundsätzlich richtig, führte Strache weiter aus. Allerdings habe die Bundesregierung in diesem Kampf bisher ohnehin null Geschwindigkeit gezeigt, ihre ganze Arbeitsmarktpolitik sei eine verinnerlichte Stop-Tafel gewesen.

Insgesamt habe Faymann einmal mehr gezeigt, dass er der falsche Mann am falschen Platz sei, so Strache. Der Neo-Bundeskanzler verfüge über keinerlei Konzepte, um Österreichs Zukunft positiv zu gestalten. Aber das sei von jemandem, der schon als Infrastrukturminister furios gescheitert sei, auch kaum zu erwarten.

 

 Scheibner: Inhaltslose Plauderstunde mit freundlichen Journalisten
Keine konkreten Maßnahmen zur Lösung der anstehenden Probleme - Faymann schließt Beitragserhöhungen im Gesundheitsbereich nicht aus
Wien (bzö) - Als "inhaltlose Plauderstunde mit freundlichen Journalisten", fasst der geschäftsführende BZÖ-Obmann Abg. Herbert Scheibner den Auftritt von SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann in der ORF-Pressestunde zusammen.

Die erste Pressestunde des neuen Bundeskanzlers sei genauso verlaufen, wie man es befürchtet habe. "Faymann hat Allgemeinphrasen gedroschen ohne konkrete Lösungsvorschläge für die aktuellen Probleme zu nennen. Dies zeigt sich vor allem daran, dass Faymann den Banken weiteres Geld geben möchte, aber nicht bereit ist Druck auszuüben, damit das Geld an die kleinen- und mittleren Unternehmen weitergegeben wird", sagte Scheibner.

Der geschäftsführende BZÖ-Chef kritisierte, dass Faymann keine weitere Steuerentlastung wolle, aber im Gegenzug die Regierung in ihrem Programm die Valorisierung sämtlicher Gebühren festgeschrieben habe. Scheibner machte auch darauf aufmerksam, dass Faymann Beitragserhöhungen im Gesundheitsbereich nicht ausgeschlossen habe. "Es ist zu befürchten, dass die Patienten in alter rot-schwarzer Manier belastet werden ohne Sparpotentiale im aufgeblähten Verwaltungsapparat auszuschöpfen."

"Das BZÖ wird in dieser Legislaturperiode als aktive und konstruktive Oppositionspartei den Plattitüden Faymanns konkrete Maßnahmen und Vorschläge für die Lösung der Probleme der Österreicherinnen und Österreicher entgegensetzen", so Scheibner abschließend.

 

 Kogler: Faymann zeigt mangelnden Gestaltungswillen und Mutlosigkeit
Das größte Versagen der Sozialdemokraten ist aber darin zu sehen, dass sie keine Steuerreform mit gerechten Zügen auf die Beine stellen können
Wien (grüne) -
Die Idee, keine großen Versprechungen zu machen, ist zwar anerkennenswert, wenn aber Bundeskanzler Faymann das bei jedem Thema zur Masche macht, dann will er damit die Mutlosigkeit und den mangelnden Gestaltungswillen der Regierung kaschieren. Das hat sich schon bei der Regierungserklärung gezeigt und zog sich auch durch die ORF-Pressestunde des Bundeskanzlers", kritisiert Werner Kogler, stv. Klubobmann der Grünen.

Dass Faymann sich ein drittes Beschäftigungspaket überlegt, ist positiv, aber es zeigt, dass die ersten beiden Konjunkturpakete offensichtlich zu kurz greifen und die Regierung daher nachbessern muss. "Das größte Versagen der Sozialdemokraten ist aber darin zu sehen, dass sie keine Steuerreform mit gerechten Zügen auf die Beine stellen können. Die große Gerechtigkeitslücke besteht darin, dass Vermögen in Österreich so gut wie unbesteuert sind, die Belastung von selbstständiger und unselbständiger Arbeit aber traurige Weltspitze erlangt. Das Gefasel von sozialer Wärme bei der Sozialdemokratie ist daher so lange unglaubwürdig, so lange die Umverteilungsmöglichkeiten im Steuersystem von Vermögen zugunsten von Arbeitseinkommen verweigert werden", so Kogler.
 
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