Wiener Geschichtsblätter über "Rathaus-Beamte" auf Sommerfrische   

erstellt am
07. 01. 09

Wien (rk) - Die zivile Nachnutzung militärischer Arsenale ist keine Erfindung der Gegenwart. Bereits nach Ende des Ersten Weltkrieges bestand die Notwendigkeit, Areale von Kriegsgefangenen, aber auch militärische Hospitäler neu zu nutzen. Der Architekt Othmar Birkner beschreibt in der jüngsten Ausgabe der "Wiener Geschichtsblätter" (4/08) eine solche Nutzung für die 1920er Jahre am Beispiel der Sommerfrische-Siedlung "Föhrenhain" bei Purgstall durch besser gestellte Wiener Beamtenfamilien. Die Siedlung, auf deren Grund sich ursprünglich ein Teil eines Kriegsgefangenenlagers befand, diente ab etwa 1925 diversen mittelständischen Familien als jährliche Sommerfrische. Politisch, so Birkner, fand sich dort eher das christlich-soziale Wien ein, das sich auch in den Ferien mit formellen Anreden, von der "Majorsgattin" über die "Baronesse" bis zum "Speziallehrer", begegnete. War der Süden Wiens, etwa von Baden bis zum Semmering, eher großbürgerlichen Familien für Ferienaufenthalte vorbehalten, musste der Mittelstand eine vierstündige Anreise in Kauf nehmen. Auch architektonisch hob sich die Wiener Mittelstandsenklave bei Purgstall ganz bewusst von der Kleingärtnerei ab. Die einzelnen Häuser verzichteten auf äußere Dekoration, der gemeinsame Wirtschaftsgarten wurde zugunsten eines zentralen Tennis- und Croquetplatzes genutzt, bis in die 1960er soll der Zusammenhalt dieser Sommerfrische-Gesellschaft der mittleren bis höheren Dienstklasse funktioniert haben.

Weitere Aufsätze beschäftigen sich mit neuen Forschungsergebnissen zum Theater auf der Wieden (Michael Lorenz) bzw. mit "Handlungsmöglichkeiten in der Großstadt - Wien um 1900" (Wladimir Fischer).

Die Wiener Geschichtsblätter kosten pro Ausgabe 7 Euro im Buchhandel. Mitglieder des Vereins für Geschichte der Stadt Wien erhalten das Periodikum neben anderen Publikationen gegen einen Jahresbeitrag von 35 Euro kostenlos. Verlegt wird die renommierte Zeitschrift, die vierteljährlich erscheint, im LIT Verlag.
     
Informationen: http://www.lit-verlag.at    
     
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