Regierungsklausur in Osttirol / Krankenkassen  

erstellt am
10. 02. 09

 Faymann: Einigung zur Sanierung der Krankenkassen
"Sicherung der Kassen nicht auf Kosten der Patienten"
Sillian (sk) - "Wir sind zu mehr Liquidität bereit, wenn auf der anderen Seite die Einsparung passiert", so lautet das Signal an die Krankenkassen, wie Bundeskanzler Werner Faymann im Rahmen der Regierungsklausur am 10.02. erklärte. Zur Sicherung der Krankenkassen einigte sich die Regierung, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, auf die Teilentschuldung der Krankenkassen mit drei mal 150 Millionen Euro in den nächsten Jahren. Zur Absicherung der Liquidität der Krankenkassen ist eine Überbrückungshilfe in der Höhe von 30 bis 50 Millionen Euro noch heuer geplant, wobei über die tatsächliche Höhe noch zwischen Gesundheitsminister und Finanzminister verhandelt wird. Weiters soll ein Fonds eingerichtet und mit 100 Millionen Euro im Jahr ausgestattet werden. "Es ist für uns unverzichtbar, dass die Liquidität der Kassen erhalten bleibt, da muss sich jeder Patient auf uns verlassen können", unterstrich der Bundeskanzler.

Der Fonds soll zwischen Gesundheits- und Finanzministerium so eingerichtet werden, dass Sparpotenziale "Zug um Zug, wie in einem Zahnrad, gehoben werden können". Die Auszahlung an die Krankenkassen erfolgt daher nur, wenn seitens der Krankenkassen Sparmaßnahmen wirksam werden. Ausgearbeitet soll der Fonds bis Juni sein, wirksam mit 1.1.2010.

"Unser Ziel war es, die Sicherung der Krankenkassen so zu garantieren, dass sie nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen wird", hob der Bundeskanzler deutlich hervor.

Er betonte jedoch auch, dass es sich dabei nicht um eine langfristige Gesundheitsfinanzierung handle, denn in drei Monaten könne man diese nicht auf die Beine stellen, dafür werde in naher Zukunft eine Arbeitsgruppe eingesetzt. "Aber eine Vorgangsweise, wie wir die Sanierung der Krankenkassen in Angriff nehmen können", sei damit gegeben, unterstrich Faymann. Die Absicherung des Gesundheitssystems werde jedenfalls in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern erfolgen.

 

 Pröll: Kein Steuergeld ohne nachhaltige Reformen
Patienten stehen im Mittelpunkt - Überbrückungs- Liquiditätshilfe für 2009 - Kassenstrukturfonds wird eingerichtet
Sillian (övp-pd) - "Für die Krankenkassen wird es kein Steuergeld ohne nachhaltige Reformen geben. Nur so können wir die Krise meistern und den Menschen helfen", so Finanzminister Josef Pröll in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Werner Faymann. Neben der Einigung auf die Steuerreform, die am Nachmittag in den Ministerrat kommt, steht am zweiten Tag der Regierungsklausur die nachhaltige Finanzierung des Gesundheitssystems im Mittelpunkt. Josef Pröll betonte: "Die Patienten stehen im Mittelpunkt - es darf keine Qualitätsverringerung für die Menschen in Österreich geben." Der Finanzminister kündigte an, mit Gesundheitsminister Stöger in den Budgetverhandlungen eine Überbrückungs-Liquiditätshilfe für 2009 auszuverhandeln. Weiters berichtete Pröll darüber, dass ab dem 1. Jänner 2010 ein Kassenstrukturfonds mit 100 Millionen Euro eingerichtet wird.

Zum Kassenstrukturfonds hielt der Finanzminister fest: "Das Geld kann nicht abgeholt werden ohne die Zustimmung des Finanz- und des Gesundheitsministers - beide werden darüber wachen, dass Reformen gesetzt werden. Es gelten klare Kriterien, die wir erarbeiten. Es ist ein Anreizsystem zum Sparen und zur Selbstverbesserung der Struktur, das wir anbieten, aber das klare Vorleistungen erzwingen wird." Von den Krankenkassen fordert Pröll kostendämpfende Strukturmaßnahmen ein. Mit diesem Kompromiss könne er als Finanzminister auch "in einer angespannten Situation durchaus leben, weil es ein neues Instrument ist, das uns deutlich mehr Steuerung als in der Vergangenheit in diesem sehr herausfordernden Bereich der Gesundheitsfinanzierung gibt".

In der nun getroffenen Einigung sieht Pröll einen "weiteren Baustein" der Gesundheitsreform. "Mit dem Kassenstrukturfonds wollen wir die Frage der Steuerung erstmals präzise regeln - das ist aber kein Ersatz für die Gesundheitsreform. Hier haben wir noch einen Weg zu gehen", so der Finanzminister abschließend.

 

 Kickl: Krankenkassen: Dauerhafter Erfolg nur durch echte Strukturreform
SPÖ und ÖVP sollen endlich Bereitschaft zu Schnitt ins eigene Fleisch zeigen
Wien (fpd) - "Der jüngste Vorschlag von SPÖ-Gesundheitsminister Stöger ist wichtig, aber nur die halbe Wahrheit, weil er nur eine kurze Verschnaufpause für die maroden Krankenkassen garantiert, aber keine Lösung des Finanzierungsproblems darstellt", erklärte FPÖ- Generalsekretär und Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl. Die FPÖ sei nämlich klar dafür, die Kassen zu sanieren, um die Versorgungssicherheit für die Patienten in Österreich zu garantieren. Aber: Längerfristig dürfe eine Einsparung der Kosten nicht bei den Behandlungskosten der Patientinnen und Patienten erfolgen, wie etwa Kdolsky und Co. den Weg in Richtung einer 2-Klassen-Medizin eingeschlagen hatten, sondern es müsse vielmehr eine echte Reform der Struktur und eine nachhaltige Bekämpfung des Missbrauchs im Gesundheitssystem in Angriff genommen werden. Dies sei bei einem nun kolportierten Krankenkassen-Schuldenberg von 1,2 Mrd. Euro dringendst notwendig. "Das Abziehen von Geld aus Steuermitteln zum Stopfen von Finanzlöchern im Gesundheitsbereich kann ja nicht in alle Ewigkeit so weitergehen", fuhr Kickl fort.

Das einzige, was angesichts der angespannten Finanzlage der Kassen helfe, sei ein massiver Griff in die Struktur selbst, was in weiterer Folge nur durch Abspecken und Redimensionieren zu erreichen sei. Das fehle in den Plänen bisher leider völlig. Es sei nämlich völlig widersinnig, ein komplexes und kostenintensives System von unzähligen Versicherungen im Gesundheitsbereich und auch im Bereich der Sozialversicherung allgemein aufrechtzuerhalten. In Wahrheit scheitere eine Reform in der Praxis nur daran, dass die roten und schwarzen Machtsphären möglichst nicht angetastet werden sollten. Zusätzlich sollten die Bereiche Gesundheit und Pflege endlich aus einem Topf finanziert werden, um die Kosten zu senken und Überschneidungen zu vermeiden, betonte der freiheitliche Sozialsprecher.

Erhöhte Aufmerksamkeit müsse auch dem Missbrauch im Gesundheitsbereich gewidmet werden. Die enormen Kosten alleine durch Missbrauchsfälle bei der e-card müssten endlich zur Chefsache gemacht werden. "Entscheidend für eine Sanierung der Kassen ist die Bereitschaft von SPÖ und ÖVP, sich auch einmal ins eigene Fleisch zu schneiden. Wenn das nicht gewährleistet ist, dann stehen wir in kürzester Zeit wieder vor den gleichen Problemen. Daher kann das derzeitige Maßnahmenpaket der Regierung nur die Verschnaufpause für eine echte Reform sein", schloss Kickl.

 

 Scheibner: Regierungsmaßnahmen nur halbherzig, Steuerreform zu gering
Halbe AK-Umlage zur Sanierung des Gesundheitssystems zweckwidmen
Wien (bzö) - "Die Regierung feiert auf ihrer Klausur ein Fest ohne Inhalte. Bei Faymann und Pröll findet die Krise nicht statt, ganz zu schweigen von Antworten auf die großen Probleme. Mit Lächeln löst man keine Probleme, aber die Bevölkerung verlangt zu Recht Reformen und Lösungen, denn sonst erwischt uns die Wirtschaftskrise mit voller Wucht", betonte der geschäftsführende BZÖ-Obmann Herbert Scheibner in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ursula Haubner und Martin Strutz. Gerade im Gesundheitsbereich gehe es darum, nicht einfach Steuergeld ohne Auflagen in ein Fass ohne Boden zu pumpen. Scheibner forderte hier eine Strukturreform und ein echtes Sanierungskonzept ein. Als neuen Vorschlag zur Sanierung der Krankenkassen brachte Scheibner vor, dass ein Teil der Arbeiterkammerumlage für das Gesundheitssystem verwendet werden solle. "Das BZÖ schlägt vor, die halbe Arbeiterkammerumlage zur Rettung des Gesundheitssystems zweckzuwidmen, aber den Kassen gleichzeitig eine Verpflichtung zur Strukturreform vorzuschreiben", so Scheibner. Der BZÖ-Chef verlangt hier insbesondere die Zusammenlegung der Sozialversicherungen, wo das Beispiel der steirischen Gebietskrankenkassen mit 50 Millionen Personalkosten und über 70 Dienstwagen die herrschende Verschwendung deutlich zeige. Ebenfalls müsse endlich in die Prävention investiert werden, denn gerade hier gebe es das größte Einsparungspotential ohne Nachteile für die Patienten. "Die Kassen und die Bundesregierung sind bei der Gesundheit nur kreativ sich immer mehr Steuergeld zuzuschießen, anstatt kreative Lösungen im Interesse der Patienten und Steuerzahler zu finden".

Die geplante Steuerreform beurteilte Scheibner als "wichtig, aber zuwenig". Es werde nur die kalte Progression der letzten Jahre ausgeglichen, aber nicht die Kaufkraft gestärkt. "Reine Schönwetterpolitik von Faymann und Pröll, aber es herrscht Sturm am Wirtschaftshimmel. Jetzt muss es mutige und echte Entlastungen geben, beispielsweise die Fair Tax des BZÖ. Ebenfalls müssen die Unternehmer und Privaten endlich wieder Kredite erhalten. Auch die Haftungszusagen an die Banken sind nicht in Stein gemeiselt", so Scheibner an die Adresse der Banken. Auch sei eine Staatsbank zu überlegen, die direkt Kredite an die Unternehmen vergeben könne. Ebenfalls verlangt Scheibner die zumindest temporäre Aufhebung von Basel II. "Das werden auch wichtige Punkte für unsere Sondersitzung sein. Die Regierung muss endlich die Maske des Lächelns ablegen und konkrete, wirkungsvolle Maßnahmen beschließen. Das BZÖ ist bereit, hier gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Österreich braucht endlich eine aktive Regierung, mit mutigen unkonventionellen Lösungen, um Österreich vor der Krise zu schützen", so Scheibner abschließend.

 

 Grünewald: Prölls Drohgebärden inakzeptabel
Kassen in der Doppelmühle
Wien (grüne) - "Die Drohgebärden von Vizekanzler Pröll sind inakzeptabel", reagiert der Gesundheitssprecher der Grünen, Kurt Grünewald auf die Aussage Prölls, wonach die Behebung der Kassendefizite von Vorleistungen der Kassen abhängig gemacht wird.

Es kann nicht sein, dass die Regierung die Kassen verpflichtet, Diagnosen und Therapien nach dem Stand der Wissenschaft für alle zu finanzieren und gleichzeitig die Kassen mit hunderten Millionen sachfremder Leistungen belastet und eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage kategorisch ablehnt", kritisiert Grünewald. Ohne politische Entscheidungen werden die Kassen dieser regierungsverschuldeten Doppelmühle nicht entkommen und den PatientInnen drohen zunehmend Ungleichheit und finanzielle Belastungen. Millionen an Zinsen zahlen die Kassen bereits für notwendige Kredite, ohne diese sie viele Leistungen gar nicht mehr bezahlen könnten.

"Dass schlechte Lohn- und Beschäftigungsquoten die Einnahmen der Kassen weiter reduzieren werden verschweigt Pröll ebenso hartnäckig wie die Versorgungslücken in vielen Teilbereichen des Gesundheitssystems. Die PatientInnen werden ihrem Schicksal überlassen und befinde sich wie die Kassen seit Jahren in der Rolle von BittstellerInnen", so Grünewald abschließend.

 

Leitl: Regierungskonzept zur Gesundheitsreform ist ein Schritt in die richtige Richtung
Nur einnahmenorientierte Ausgabenpolitik sichert nachhaltig Gesundheitssystem - Vor Zuschuss von Steuermitteln alle Möglichkeiten zur Kostendämpfung realisieren
Wien (pwk) - Das Reformkonzept der Bundesregierung für die Krankenkassen sieht vor, dass bis Ende Juni 2009 zwischen der Sozialversicherung und den Systempartnern ein ausgabenseitiges Sanierungskonzept erarbeitet wird. Werden entsprechende Kostendämpfungen erzielt, wird auch der Bund seinen Beitrag zur Entschuldung leisten. Dafür soll ein Fonds eingerichtet werden, der jährlich ab 2010 mit 100 Millionen Euro gefüllt wird. Zusätzlich wird es heuer eine einmalige kurzfristige Überbrückungshilfe von 30 bis 50 Millionen Euro geben. Ab 2010 werden die Krankenkassen in drei Tranchen mit insgesamt 450 Millionen Euro entschuldet.

Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, begrüßte die Regierungseinigung: "Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Entscheidend für das Gelingen der Krankenkassenreform ist der Wille zur Kooperation aller Beteiligten. Alle Systempartner und damit auch die Spitäler und die niedergelassenen Ärzte müssen jetzt wie die Pharmawirtschaft ihren Beitrag zur nachhaltigen Sicherung unseres Gesundheitssystems leisten". Bereits im Herbst 2008 wurde zwischen Pharmawirtschaft und Sozialversicherung vereinbart, dass die Pharmabetriebe und Apotheken der Krankenversicherung knapp 200 Millionen Euro bis 2010 zur Verfügung stellen.

Das ausgabenseitige Sanierungskonzept, dass mittelfristig eine ausgeglichene Gebarung der sozialen Krankenversicherung ermöglich soll, beinhaltet Maßnahmen zur Qualitätssicherung, Abbau von Doppelgleisigkeiten bei Untersuchungen und insbesondere eine Modernisierung des Vertragspartnerrechts. Durch Zielvereinbarungen mit den niedergelassenen Ärzten soll gemeinsam mit der Sozialversicherung eine nachhaltige Kostendämpfung für die nächsten Jahre erreicht werden. Präsident Leitl hält fest: "Wenn sich alle Beteiligten im österreichischen Gesundheitssystem zum Grundsatz einer einnahmenorientierten Ausgabenpolitik bekennen, haben die Patienten die Sicherheit, auch weiterhin mit bester Qualität behandelt zu werden."
 
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