"Der Berg im Zimmer. Alpine Museen und das kulturgeschichtliche Ausstellen"   

erstellt am
23. 02. 09

Ergebnisse der internationalen Fachtagung
Innsbruck (alpenverein) - Mit einer sehr erfolgreichen Bilanz kann die internationale Fachtagung "Der Berg im Zimmer. Alpine Museen und das kulturgeschichtliche Ausstellen" (17.-18. Februar, Innsbruck), welche in Kooperation von: Oesterreichischer Alpenverein, Alpenverein-Museum, Museumsakademie Joanneum und Hofburg Innsbruck abgehalten wurde, abschließen. Zahlreiche TeilnehmerInnen aus Deutschland, der Schweiz, Slowenien, Italien und Österreich ebneten den Weg zu einer differenzierten Debatte mit großer Beteiligung von AusstellungsmacherInnen, Museumsverantwortlichen, KulturvermittlerInnen, Museologinnen und Museologen sowie ForscherInnen. Das gewählte Thema stellte sich als als hochaktuell heraus und gab Anlass zu differenzierter, durchwegs positiver Resonanz.


Spannungsverhältnis zwischen Naturwissenschaften und Praxis
Nach einem sinnlich anspruchsvollen Rundgang durch die aktuelle Ausstellung "Berge, eine unverständliche Leidenschaft" begann die eigentliche Tagung mit dem historisch angelegten Beitrag des Ethnologen Prof. em. Dr. Martin Scharfe. Sein Vortrag widmete sich dem Unternehmen, das sich wandelnde Spannungsverhältnis zwischen Naturwissenschaft und Praxis des Bergsteigens zeitlich konkreter zu fassen und zu beschreiben. Der Innsbrucker Schriftsteller und Maler Walter Klier schloss daran unmittelbar mit einem persönlichen Text und Ausführungen zur Problematik der Personalunion von Wissenschaftler und Bergsteiger an. Psychoanalytisch hinterfragte danach Dr. Martin Schwiersch mithilfe eines "normopathischen" Rahmens die aktuelle gesellschaftliche Notwendigkeit, das Klettern und Bergsteigen permanent mit Deutungen zu versehen.


Das Museum als Ort von Reflexions- und Identitätswissens
Mit dem anschließenden Plenum wurde dann bereits der museumspraktische Schwerpunkt des Nachmittags aufgespannt, der zu einer lebhaften und aufschlussreichen Diskussion führte. Friederike Kaiser sparte in ihrem Beitrag anhand ihres Münchner Alpinen Museums des DAV nicht mit kritischen Bemerkungen bezüglich Zielformulierung, Zielgruppendefinition, Konkurrenz, Attraktivitätsanalysen, medialer Präsenz und Finanzierung von Museen. Aus der Perspektive des Ausstellungsgestalters sprach hernach Otto Steiner und veranschaulichte am Beispiel des Projekts Zermatlantis wie Irritation und Rätselhaftigkeit zum Verweilen im und sich Einlassen auf ein Museum führen können. Die bald realisierte Wanderausstellung und daher als Baukastensystem konzipierte Schau "Hast du meine Alpen gesehen? - eine jüdische Beziehungsgeschichte" wurde von Hanno Loewy, dem Leiter des Jüdischen Museums in Hohenems, vorgestellt und gab erste Ausblicke auf Naturkonstruktionen, Mythen und Sehnsüchte im Zusammenhang mit Alpinismus frei. Dr. Urs Kneubühl vom Schweizer Alpinen Museum präsentierte schließlich das ausgearbeitete, neue Konzept seines Hauses, das nun u.a. verstärkt auf ein dynamisches Ausstellungsgeschehen und die Hinwendung zu BesucherInnensegmenten setzen möchte.

Im Plenum wurde somit eine ganze Reihe von pragmatischen Fragen aufgeworfen und besprochen. Die Debatte wurde aber schrittweise vertieft bis sich die grundlegende Frage nach der Identität des Museums, nach dessen Funktion, stellte. Dabei kristallisierte sich das Museum als Ort von Reflexions- und Identitätswissens heraus - eine weit reichende Erkenntnis.

Ein starker Impuls für die Zukunft wurde gegeben
Mit der Initiierung des Fachaustausches ist dem Alpenverein-Museum ein starker Impuls für die Zukunft gelungen. Wünschenswert ist auch, die gemeinsamen Gespräche zu intensivieren und verstärkt Kooperationen zu suchen. Die beiden designierten Ziele der Tagung sind erreicht worden. Die Evaluierung der temporären Ausstellung durch einen Vergleich mit anderen einschlägigen Museen lieferte neben vielen Untersuchungsergebnissen und Denkanstößen bezüglich der Schau wichtige Erkenntnisse über zeitgemäße Strategien der Visualisierung sowie die Praxis des kulturhistorischen Ausstellens, wodurch sich vielfältige Anknüpfungspunkte für Modelle eines künftigen "alpinen" Museums ergaben.
     
Informationen: http://www.alpenverein.at    
     
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