Bischofsernennungen: Österreichs Bischöfe drängen auf Sorgfalt  

erstellt am
17. 02. 09

Schönborn betont nach außerordentlicher Bischofskonferenz Sorge der österreichischen Bischöfe um Verfahren der Bischofsauswahl - Spannungen in der Diözese Linz: Im ehrlichen Gespräch gemeinsam Lösungen suchen
Wien (kap) - Österreichs Bischöfe drängen auf eine Sicherstellung der Qualität des Verfahrens bei der Bestellung von neuen Bischöfen. Man nehme den Rücktritt des designierten Linzer Weihbischofs Gerhard Wagner mit "Zustimmung und Anerkennung" zur Kenntnis, sagte Kardinal Christoph Schönborn im Anschluss an die außerordentliche Konsultation der Diözesanbischöfe am 16.02. in Wien. Zugleich räumte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz bei einer Pressekonferenz ein, dass bei der Ernennung von Pfarrer Wagner durch ein "verkürztes" Verfahren der Bischofsauswahl Fehler passiert seien. In der Regel sei das Verfahren einer Bischofsernennung "sehr umfangreich und bewährt", so Schönborn.

Der Wiener Erzbischof zitierte aus dem Hirtenbrief, den die Bischöfe bei ihrer Versammlung gemeinsam beschlossen, und wies darauf hin, dass in Österreich in den nächsten Jahren eine Reihe von Bischöfen zu ernennen seien. Die Gläubigen würden mit Recht erwarten, "dass das Verfahren der Kandidatensuche, die Prüfung der Vorschläge und die letzte Entscheidung sorgfältig und mit pastoralem Gespür vorgenommen werden". Dadurch könne sicher gestellt werden, dass Bischöfe nicht "gegen", sondern "für" eine Ortskirche ernannt werden.

Schönborn bekräftigte den Willen der österreichischen Bischöfe, alles ihnen Mögliche zu unternehmen, um "die bevorstehenden Bischofsernennungen im Sinn dieser Verfahrensregeln zu begleiten, in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen vatikanischen Stellen".

Es sei ein höchst wünschenswertes Zeichen für die Einheit in der Kirche, wenn die Ernennung eines Bischofs für die Gläubigen Freude und Ermutigung bedeutet. Trotz möglicher Vorbehalte gehöre es zu einem "guten menschlichen und christlichen Klima", einem neu ernannten Bischof mit Wohlwollen zu begegnen. Es sei aber auch zu erwarten, "dass ein Bischof den Gläubigen mit Sensibilität begegnet und so ihr Vertrauen gewinnt", zitierte der Kardinal aus dem Hirtenwort der Bischöfe.

Offene Probleme in der Diözese Linz
Die Situation in der Diözese Linz bereite den Bischöfen auch nach dem Rücktritt von Pfarrer Wagner große Sorgen, so Schönborn weiter. Es sei die Überzeugung aller Bischöfe, dass das Gleichgewicht zwischen dem allgemeinen Priestertum aller getauften Katholiken und dem besonderen Priestertum durch das Sakrament der Weihe für Priester und Diakone neu gefunden werden müsse.

Es gebe in der Kirche von Oberösterreich "viel Erfreuliches", ein dichtes Netz aktiver Pfarrgemeinden und Seelsorgezentren und ein "ausgeprägtes Gespür für die soziale Dimension des Christseins", hielt der Kardinal fest, wobei vor allem auch die katholischen Laienorganisationen besonders aktiv seien. Zugleich seien aber seit Jahren Spannung spürbar, die mit der jüngsten Ernennung von Pfarrer Wagner zum Weihbischof wieder akut geworden sei. Nun gelte es, so Schönborn, dass alle Gruppen in der Diözese Linz das ehrliche Gespräch miteinander suchen und gemeinsam anstehende Fragen zu lösen suchen. Das müsse auf der Grundlage des Zweiten Vatikanischen Konzils erfolgen.
   

Antworten auf die Krise geben
Kardinal Schönborn bekräftigte den Dank der Bischöfe an die Gläubigen, "die mit den Bischöfen in die Bedrängnis einer Krise geraten sind und doch voll Vertrauen ausgeharrt haben". Die Antwort auf die gegenwärtige Krise liege vor allem im bewussten Hinschauen auf die Kirche in Österreich, "wo jeden Tag der Glaube intensiv gelebt wird". So seien etwa gerade in der Zeit der Wirtschaftskrise die Tausenden Pfarrgemeinden ein enormes "Netzwerk der Solidarität". Unzählige haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter der Kirche würden sich für junge Menschen, für Leidende, für Kranke und für Menschen in jeglicher Not einsetzen, hob der Wiener Erzbischof hervor.

Die Bischöfe seien überzeugt, dass die gegenwärtige Krise auch eine Chance für die Kirche sei und überwunden werden könne. Dazu gelte es aber, "aus den jüngsten Ereignissen und Fehlern zu lernen, und die richtigen Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen". Vor allem müsse man sich wieder deutlich der Mitte des Glaubens nähern und "auf Christus schauen, der seine Kirche nicht verlässt und dessen Wort und Tat Maß für unser Wort und unsere Tat sind".
   

Verbundenheit mit dem Papst
Kardinal Schönborn unterstrich bei der Pressekonferenz auch die Treue und Verbundenheit der Bischöfe mit Papst Benedikt XVI., gerade auch "in schweren und auch für ihn belastenden Situationen". In diesem Zusammenhang wolle man deshalb auch ein klärendes Wort zur "Aufhebung der Exkommunikation" für die vier im Jahre 1988 unrechtmäßig geweihten Lefebvrianerbischöfe sagen.

Benedikt XVI. habe unmissverständlich klargestellt, zitierte Schönborn aus dem Hirtenbrief der Bischöfe, "dass sich der lefebvrianische Bischof Richard Williamson durch die Leugnung der Shoah selbst disqualifiziert hat und dass er diese unhaltbare Verneinung des Massenmordes am jüdischen Volk öffentlich und eindeutig widerrufen muss".

Die Maßnahme der "Aufhebung der Exkommunikation" von Seiten des Papstes bedeute nur eine dargebotene Hand gegenüber jenen, die sich von der Kirche getrennt haben. Daraus folge aber keinesfalls, "dass diese vier Bischöfe in der katholischen Kirche automatisch irgendein Amt innehaben dürfen". Vielmehr müsse die lefebvrianische Gemeinschaft jetzt ihrerseits klare Zeichen setzen, dass sie diese ausgestreckte Hand ergreift und damit tatsächlich Versöhnung sucht. Voraussetzung dafür sei selbstverständlich die vorbehaltlose Annahme des Zweiten Vatikanischen Konzils, hielt Schönborn fest.

Er verwies auch auf die Hoffnung der Bischöfe, dass es im Vatikan künftig gelingen werde, die "unzureichenden" Kommunikationsabläufe zu verbessern, "damit der weltweite Dienst des Papstes nicht Schaden erleidet".
   

Aufbauen statt Abhauen"
Nach der Pressekonferenz überreichten Vertreter der Katholischen Jugend (KJ) Kardinal Schönborn ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Aufbauen statt Abhauen". Hintergrund ist eine Aktion der Katholischen Jugend: Unter der Adresse "www.aufbauen-statt-abhauen.at" können Jugendliche Sprüche im Internet posten, mit denen sie ihrem Ärger über die Ereignisse in der Kirche Luft machen, aber gleichzeitig deponieren können, warum sie trotzdem der Kirche treu bleiben wollen.

Bei der Aktion gehe es um ein doppeltes Zeichen der Solidarität, erklärte Nina Sevelda, Geschäftsführerin der Katholischen Jugend der Erzdiözese Wien. "Wir wollen den Menschen, die sich angesichts der derzeitigen Situation ohnmächtig und verzweifelt fühlen, zeigen, dass wir ihren Ärger ernst nehmen". Die Solidarität gelte selbstverständlich aber auch der Kirche: "Wir sind überzeugt, dass die Kirche unglaublich viel Gutes bewirkt und dass unser Einsatz dringend gebraucht wird."

Mittlerweile seien bereits mehrere hundert Statements gepostet worden. So schreibt etwa ein 26-Jähriger: "Ich war echt kurz davor auszutreten. Mit der Initiative wurde mir aber klar, dass sich ganz viele in der Kirche darüber ärgern und nicht damit abfinden. Das hat mir Mut gemacht! Ich bleibe!".

Die Aktion war ursprünglich unter der Internetdomain "www.trotz-speiben-bleiben.at" gestartet worden. Nach Kritik an dem Tonfall dieser Domain sowie den aktuellen Entwicklungen und dem Rückzug von Gerhard Wagner wurde die Seite überarbeitet. "Wagner gebührt großer Respekt für die Entscheidung", unterstrich Sevelda. "Größte Hochachtung gebührt aber Kardinal Schönborn und den anderen österreichischen Bischöfen, die in den vergangenen Tagen nichts unversucht gelassen haben, um einen Ausweg aus der Krise zu finden".

 

Wie werden Bischöfe bestellt?
Das Kirchenrecht sieht präzise Regelungen vor
Wien (kap) - Wie wird in der katholischen Kirche ein Bischof bestellt? Der Rechtsreferent der Österreichischen Bischofskonferenz, Walter Hagel, hat im Gespräch mit "Kathpress" die Vorgangsweise dargelegt.

Die Bestellung von Bischöfen erfolgt allein durch den Papst, "entweder durch freie Ernennung oder durch die Bestätigung von rechtmäßig gewählten Kandidaten".

In Österreich gilt für alle Erzdiözesen und Diözesen - bis auf die Erzdiözese Salzburg - die freie Ernennung durch den Papst, bei der Erzdiözese Salzburg hat das Metropolitankapitel von Salzburg das Recht, aus einem Dreiervorschlag des Heiligen Stuhles in freier, geheimer Abstimmung den Erzbischof zu wählen. Dieses Recht besteht auf Grund des Konkordates von 1933 (Artikel IV, Paragraf 1).

Laut Artikel IV, Paragraf 2 des Konkordats gilt in Österreich die sogenannte "politische Klausel": Auf Grund dieser Klausel hat sich der Heilige Stuhl verpflichtet, vor Ernennung eines residierenden Erzbischofs oder Bischofs bzw. Bischof-Koadjutors der österreichischen Bundesregierung den Namen der in Aussicht genommenen Person (oder im Fall Salzburg des gewählten Kandidaten) mitzuteilen. Die Bundesregierung kann gegen die Ernennung "Gründe allgemein politischer Natur" geltend machen. Wird ein solcher Einwand erhoben, ist zu versuchen, zu einem Einvernehmen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Bundesregierung zu kommen. Bei Erfolglosigkeit dieses Versuches ist aber der Papst in seiner Ernennung (trotz Erhebung von Einwänden "allgemein politischer Natur") frei. Die "politische Klausel" gilt nicht für die Ernennung von Weihbischöfen.

Für das Verfahren zur Ermittlung von Bischofskandidaten sieht das Kirchenrecht vor, dass (unabhängig von einem konkreten Bestellungsvorgang) die Bischöfe einer Kirchenprovinz bzw. (wie in Österreich) die Bischofskonferenz wenigstens alle drei Jahre nach gemeinsamer Beratung eine Liste von für das Bischofsamt geeigneten Priestern (auch aus dem Ordensklerus) erstellt und an den Heiligen Stuhl übermittelt. Dieser Vorgang ist geheim.

Hievon unabhängig ist aber jeder einzelne Bischof berechtigt, dem Heiligen Stuhl Namen von Priestern mitzuteilen, die er "für das Bischofsamt für würdig und geeignet hält".

Steht die Ernennung eines Bischofs bevor, so kommt für die Ermittlung von Kandidaten dem jeweiligen Apostolischen Nuntius eine zentrale Rolle zu: Der Nuntius hat dem Heiligen Stuhl einen Dreiervorschlag vorzulegen. Zusammen mit seinem eigenem Votum hat er dem Heiligen Stuhl mitzuteilen, was der Metropolit und die einzelnen Diözesanbischöfe der Kirchenprovinz (zu der die zu besetzende Diözese gehört) vorschlagen, ebenso hat er das Votum des Vorsitzenden der Bischofskonferenz einzuholen. Darüber hinaus werden auch die Meinungen der Mitglieder des jeweiligen Domkapitels und - nach Auswahl durch den Apostolischen Nuntius - auch die von Welt- und Ordenspriestern sowie von Laien einzeln und geheim eingeholt. Bei der Ernennung eines Weihbischofs ist der Diözesanbischof berechtigt, dem Heiligen Stuhl eine Liste von mindestens drei für dieses Amt besonders geeigneten Priestern vorzulegen.

Die Ernennung eines für geeignet befundenen Kandidaten erfolgt frei durch den Papst, ebenso im Falle der Erzdiözese Salzburg die Erstellung des Dreiervorschlags für die Wahl eines neuen Erzbischofs durch das Metropolitankapitel.

Nach der Ernennung hat der Kandidat innerhalb von drei Monaten nach Erhalt die Bischofsweihe zu empfangen. Erst nach der Weihe darf er von seinem Amt als Erzbischof, Bischof oder Weihbischof Besitz ergreifen.
     
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