Ein schöner Johann Strauss-Nachmittag   

erstellt am
09. 03. 09

Eine Veranstaltung des Vereins der Mitteleuropäer
Tel Aviv (gewitsch) - Am 04.03. fand im Auditorium des Goethe-Institutes in Tel Aviv ein sehr interessantes Ereignis statt: Der Verein der Mitteleuropäer zeigte einen Film über Johann Strauß (Sohn), der vom ORF (Österreichischer Rundfunk/Fernsehen) im Jahre 1992 produziert wurde. Die Veranstaltung wurde von Usi Werner, dem Vorsitzenden des Kulturausschusses des Vereins der Mitteleuropäer, eröffnet - in deutscher Sprache, wie er hervorhob - da es sich um ein deutschsprachiges Publikum handelte. Er begrüßte Chana Uriel, Vorsitzende der Ortsgruppe Tel Aviv des Vereins, Dr. Arad Benkö, den Direktor des Kulturforums der Republik Österreich in Tel Aviv und Martin Schröter, den Kultur- und Presseattaché der deutschen Bundesrepublik.

Der Film befasste sich mit dem Werk - aber auch mit den zahlreichen menschlichen Schwächen - des Musikers: Er war, z.B. Hypochonder, hatte ständig, ohne Grund, Amgst vor dem Erblinden, sowie, ebenfalls ohne Grund (da seine Honorare und Tantiemen sehr hoch waren - damals war das Verletzen der Urheberrechte noch nicht so verbreitet wie heute!) vor dem Verarmen und seine Angst beim Reisen. Trotzdem war er auf sehr erfolgreichen Tournén sowohl in Rußland, per Zug, (wenn der Zug durch einen Tunnel fuhr, versteckte er sich unter der Sitzbank!), als auch in England und den Vereinigten Staaten, per Schiff. Hatte er gespürt, als er den "Donauwalzer" schrieb, daß diese Melodie, ganz abgesehen von den anderen Walzern, den Operetten "Die Fledermaus" und "Der Zigeunerbaron" etwas sei, daß ihn unsterblich machen würde?

Der zweite Teil war einer Vorlesung gewidmet: Gisela Dachs, bekannre Journalistin und Literaturwissenschaftlerin, die in Israel seit Jahren für die prominente Wochenzeitschrift "Die Zeit" schreibt, las Auszüge aus dem Buch "Was geh ich mich an?" ihres Bruders, des Historikers und Biographen Robert Dachs (der in Wien lebt), über die jüdischen Wurzeln von Johann Strauß, vor. Manche von uns wussten zwar, daß die Nazis 1938 das Taufregister der Stefanskirche in Wien fälschten, um den jüdischen Großvater zu verbergen, aber daß seine dritte Frau, Adele, nach den berüchtigten Nürnberger Gesetzen Volljüdin war - wissen nicht so viele. Wäre diese Ehe, wie seine beiden vorigen, nicht kinderlos geblieben, hätten die Kinder aus derselben, unter den Nazis ein trauriges Schicksal erlebt. Dass er, in der Leopoldstadt (der 2.Wiener Gemeindebezirk, mit einem grossen Anteil an jüdischer Bevölkerung, daher auch "Mazzesinsel" genannt) aufgewachsen, gerne und gut jiddisch sprach, wussten auch nicht viele. Daher nimmt es auch nicht wunder, daß er der, von Bertha von Suttner (erste Frau die den Friedensnobelpreis erhielt - 1905) gegründeeten "Liga gegen Antisemitismus" beitrat. Weitere, mögliche Beziehungen zu jüdischen Verwandten sind heute nicht mehr nachweisbar, da alle diesbezüglichen Belege, die sich damals finden ließen, von den Nazis vernichtet wurden.

Lächeln löste die Erwähnung von Johannes Brahms aus: Obwohl er ihn als "kalten Norddeutschen" bezeichnete, war er mit ihm gut befreundet. Als Brahms einmal bei ihm in einer größeren Abendbrotgesellschaft war, verabschiedte er sich: "Sollte ich heute abend jemanden nicht (sic) beleidigt haben, bitte ich dafür um Entschuldigung".

Am Ende dankte Usi Werner Dr.Benkö für den ORF Film und Gisela Dachs für die gute Vorlesung. Es war ein gelungener Nachmittag, für den die Anwesenden Usi Werner und dem Verein der Mitteleuropäer dankbar sein können.

Peter F.Michael Gewitsch

     
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