Atemlos in Europa   

erstellt am
05. 03. 09

Lungenkrankheiten frühzeitigst erkennen - Tagung in Innsbruck
Wien / Innsbruck (scinews) - Geht es nach aktuellen Daten der WHO, wird Europa immer atemloser: Insbesondere an schleichenden Lungenerkrankungen wie "Chronic Obstructive Pulmonary Disease" (COPD) und Emphysem leiden zwischen vier und zehn Prozent der Erwachsenen. Diese Lungenerkrankungen gehen mit einem Umbau des Lungengewebes einher, dessen zelluläre und molekulare Mechanismen in einer Woche erstmals Thema eines hochkarätigen Kongresses in Innsbruck (Tirol) sind.

Beim "International Congress Cellular and molecular biology of the pulmonary alveolar epithelium in health and disease" treffen sich von 12. bis 15. März in der Tiroler Landeshauptstadt weltweit führende Experten der Lungenforschung. Der Kongress ist eine wissenschaftliche Premiere, da nach Angaben der Organisatoren erstmals die Lungenbläschen (Alveolen) im Zentrum stehen. "Lungenerkrankungen haben eine steigende Tendenz und werden weltweit bald als dritthäufigste Todesursache eingestuft werden. Beispielsweise wird Husten bei COPD als normaler Raucherhusten hingenommen. Nikotinabhängige empfinden diesen sogar als Erleichterung, weil Schleim abgehustet wird. Was wirklich schon passiert ist, dass das Lungengewebe bereits abgebaut wurde, und das betrifft vor allem die Lungenbläschen", betont Prof. Paul Dietl, Leiter der EU-Projektes Pulmo-Net. Dietl ist einer der Organisatoren der internationalen Tagung.

"Unsere Lunge ist der Umwelt stark exponiert, flächenmäßig wesentlich mehr als unsere Hautoberfläche, schließlich hat sie eine Fläche von rund hundert Quadratmetern. Der empfindlichste Teil unserer Lunge sind die 500 Millionen Alveolen. Die Lungenbläschen haben einen Durchmesser von ein bis zwei zehntel Millimetern. Das entspricht der ´Dicke` eines Blattes Papier. Diese empfindlichen Gebilde sorgen für den lebenswichtigen Austausch der Atemgase", erklärt Dietl. Nach Angaben des Wissenschaftlers spielt das Epithel, also jene Zellschicht, die eine Barriere zwischen Luft und Gewebe bildet, eine Schlüsselrolle bei der Abwehr von schädigenden Einflüssen aus der Luft. Diese Zellen sind sozusagen die "Eintrittspforte", damit schädigende Substanzen wie Zigarettenrauch ihre zerstörende Wirkung entfalten können. Dabei verliert die Lunge auch an Stabilität, kleine Atemwege können leichter kollabieren, und es entsteht das Gefühl von Asthma. "Eine Gefahr, die von vielen Nikotinabhängigen leider immer noch unterschätzt wird", betont Dietl.

Einblicke in den Mikrokosmos unserer Lunge
Schädigungen der Lungenbläschen werden mit einer ganzen Reihe akuter und chronischer Erkrankungen in Verbindung gebracht. Ein Tagungsschwerpunkt sind daher Reaktionen der Alveolarzellen auf Umweltstoffe und Nanopartikel sowie auf mechanische Schädigungen (künstliche Beatmung), bestimmte Formen des Lungenödems (Atemnotsyndrom) und Lungenfibrose. Beim Kongress werden neueste physikalische, chemische und molekularbiologische Ergebnisse präsentiert. Gemeinsames Ziel der Experten aus Europa und den USA ist, zu zeigen, was in einzelnen Zellen oder Molekülen, die sich im Lungenbläschen befinden, bei der Entstehung von Krankheiten genau passiert. "Das wichtigste Medikament gegen Lungenerkrankungen wie zum Beispiel COPD ist es, einfach nicht zu rauchen. Durch ein präzises Verständnis der Vorgänge im Mikrokosmos unserer Lungen, den Alveolen, können wir als Experten zur Entwicklung neuer diagnostischer Parameter für die Früherkennung als auch spezifischer Pharmaka beitragen, die den Verlauf chronischer Lungenerkrankungen positiv beeinflussen können", erklärt der Wissenschaftler.

Die Innsbrucker Tagung ist nach Angaben der Organisatoren der weltweit erste Kongress, der sich voll und ganz auf die strukturelle Einheit des Lungenbläschens konzentriert. Veranstaltet wird die Tagung vom seit 2005 laufenden EU-Projekt Pulmo-Net und dessen Initiatoren, den Physiologen Prof. Dr. Paul Dietl (Institut für Allgemeine Physiologie, Universitätsklinikum Ulm) und Univ.-Prof. Dr. Walter Pfaller (Abteilung für Physiologie und Medizinische Physik, Medizinische Universität Innsbruck). Auf dem Programm stehen 23 Vorträge weltweit bekanntester Lungenforscher. Erwartet werden hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 15 Ländern. Den Festvortrag hält bei der Tagung der weltbekannte Pionier der Lungenforschung, der Schweizer Anatom Dr. Dr. h.c. mult. Ewald Weibel.
     
Informationen: http://www.pulmonet-congress.de    
     
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