Was Autofahrer und Fußgänger aneinander stört   

erstellt am
16. 03. 09

Die einen fühlen sich am Vorwärtskommen gehindert, die anderen fürchten um ihr Leben
Wien (kfv) - Im Straßenverkehr bleibt man sich gegenseitig nichts schuldig. Nicht einmal die Hälfte der Autofahrer hält vor ungeregelten Schutzwegen in Bereichen mit 50km/h-Beschränkung. Andererseits läuft auch jeder dritte Fußgänger bei Rot über den Zebrastreifen. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit hat sich in 60 Tiefeninterviews genauer angesehen, was Autofahrer und Fußgänger so besonders aneinander nervt und welches Bild die zwei Gruppen im Straßenverkehr von einander haben.

Der typische Fußgänger, der Autofahrer aggressiv macht
Bei den Interviews wurden die Teilnehmer gebeten, aus ihrer Sicht den typischen „Kontrahenten“ aus dem Lager der Fußgänger zu beschreiben, der in der Lage wäre, sie auf die Palme zu bringen. Ein typischer Fußgänger, der Autofahrer aggressiv macht, wurde als eher älter und männlich skizziert. Er hat es meist eilig oder ist hektisch, reagiert dabei aber unbedacht und kann die Gefahr im Straßenverkehr nicht richtig einschätzen. Trotz ihrer falschen Verhaltensweise sind diese Personen ignorant und aggressiv. Als konkrete Verhaltensweisen, die Konflikte zwischen Fußgängern und Autofahrern heraufbeschwören wurde genannt, dass Fußgänger unerwartet und ohne zu schauen plötzlich auf die Straße laufen. Auch das Ignorieren der roten Fußgängerampel birgt Konfliktpotenzial, genau so wie langsames, den Verkehr behinderndes Queren der Straße. Die Ursache für ihr eigenes aggressives Verhalten sehen die Autofahrer aber auch im Abbremsen-Müssen, das für sie im Widerspruch zum Selbstbild der physischen Überlegenheit und des Vorwärtskommens steht. Auch wenn Autofahrer nicht direkt physisch gefährdet sind, so fühlen sie sich durch das Verhalten der Fußgänger dennoch gefährdet: Man hat Angst, bei einem Unfall auf jeden Fall schuld zu sein.

Der typische Autofahrer, der Fußgänger aggressiv macht
Jung, männlich, egoistisch, rücksichtslos, gestresst und mit einem PS-starken, womöglich aufgemotzten Auto – so sieht für Fußgänger das idealtypische Autofahrer-Feindbild aus. Die befragten Fußgänger spiegelten in ihren Antworten das wider, was auch Erhebungen im Straßenverkehr bestätigen: Autofahrer ignorieren Fußgänger am Zebrastreifen und bleiben nicht stehen. Weitere Aufreger sind das Missachten der roten Ampel und ein zu hohes Tempo. Besonders emotional reagieren Fußgänger auf diese Verhaltensweisen, weil mitunter ihr Leben davon abhängt. Sie sehen sich von den Autofahrern mit ihrer „Waffe“ respektlos behandelt, weil sie sich wegen der physischen Überlegenheit den Vorrang erzwingen können.

Beide Gruppen sehen die Auslöser von Aggressionen aber auch in einer sehr stressigen und egozentrischen Grundstimmung im Straßenverkehr. „Ein prinzipielles Problem ist, dass die Schuld immer beim Gegenüber gesucht wird“, sagt Dr. Othmar Thann, Direktor des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV). „Das eigene Fehlverhalten wird gerne relativiert oder mit Ausreden gerechtfertigt. Einander mit etwas mehr Freundlichkeit und Nachsicht zu begegnen, würde viel Spannung aus dem täglichen Verkehrsgeschehen nehmen.“
     
Informationen: http://www.kfv.at    
     
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