Schon als Kleinkind außer Haus?   

erstellt am
11. 03. 09

Erste Professur für Entwicklungspsychologie in Österreich mit einer Orientierung auf die Frühe Kindheit
Wien (univie) - In Österreich wächst nach wie vor die Nachfrage nach Kinderbetreuungsplätzen. Wie gut eignen sie sich jedoch für Kleinkinder? Diese Frage untersucht Lieselotte Ahnert, neu berufene Professorin für Entwicklungspsychologie an der Universität Wien mit Hilfe innovativer Untersuchungsmethoden. Am 19.03., 18 Uhr, hält sie ihre Antrittsvorlesung im Großen Festsaal der Universität Wien.

Die Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert verglich im Rahmen eines Forschungsprojektes in Deutschland den Tagesablauf von Kleinkindern, die entweder nur zuhause von ihren Müttern oder zusätzlich in einer Krippe betreut wurden. Damit wurde das Zusammenwirken beider Betreuungssituationen untersucht. Lieselotte Ahnert kam zu dem Schluss, dass eine Außer-Haus-Betreuung der Bindung zwischen Mutter und Kind nicht notwendigerweise schadet: Denn Mütter, die ihre Kinder nur zuhause aufzogen, kümmerten sich zwar intensiver als es den Pädagoginnen in den Krippen möglich war. Umso mehr bemühten sich jedoch die berufstätigen Mütter, wenn sie die Kinder abholten.

Anfängliche Trennung bedeutet Stress für Kleinkinder
Kleinkinder sind bei einer Außer-Haus-Betreuung vor allem anfangs durch die tägliche Trennung einer hohen Stressbelastung ausgesetzt. Die Entwicklungspsychologin konnte dies mit ihrem Team bereits in mehreren Forschungsstudien nachweisen, indem sie das Stresshormon Cortisol aus dem Speichel der Kinder analysieren ließ. In der Trennungsphase steigt der Cortisol-Pegel bei den Kindern deutlich an. Die Situation kann teilweise verbessert werden, wenn die Eingewöhnungsphase durch die Eltern begleitet wird.

Wie hingegen Pädagoginnen ihre kleinen Schützlinge in ihren anfänglichen Bewältigungstechniken unterstützen können, untersucht Entwicklungspsychologin Ahnert im Rahmen einer Forschungskooperation mit Wilfried Datler, Bildungswissenschafter der Universität Wien. Gearbeitet wird mit innovativen Methoden, da sich Kleinkinder noch nicht ausreichend selbst mitteilen können. Unmittelbar nach dem Weggehen der Mütter werden Speichel-Proben gesammelt. Darüber hinaus werden Video-Aufnahmen der Kleinkinder ausgewertet. Diese geben darüber Aufschluss, ob die Kinder in eine negative Stimmung abrutschen oder die neue Situation positiv annehmen. Auch wird aufgezeichnet, ob sie sich dabei den PädagogInnen anvertrauen oder sich lieber einem Kind
zuwenden oder sich gänzlich mit dem eigenen Lieblingsspielzeug ablenken.

Kurzbiografie von Lieselotte Ahnert

Lieselotte Ahnert, kam in jungen Jahren aus Thüringen nach Berlin und studierte Psychologie an der Humboldt-Universität, an der sie auch promovierte. Sie leitete über viele Jahre das "Interdisziplinäres Zentrum für Angewandte Sozialisationsforschung" in Berlin, wo sie sich mit Eltern-Kind-Bindung und frühen Bildungsprozessen befasste. Ab 1996 führten sie mehrere Forschungsaufenthalte in die USA nach Washington, Maryland und Minnesota. Lieselotte Ahnert erhielt 2004 die Professur für Entwicklungspsychologie der Hochschule Magdeburg-Stendal, von 2006 bis 2008 war sie Professorin für Entwicklungsförderung und Diagnostik der Universität zu Köln.

Seit Oktober 2008 leitet Lieselotte Ahnert den Arbeitsbereich Entwicklungspsychologie der Fakultät für Psychologie der Universität Wien. In dieser Funktion hat die Entwicklungspsychologin bereits Kontakte mit dem Institut für Familienforschung, dem
Charlotte-Bühler-Institut für praxisorientierte Kleinkindforschung und dem Niederösterreichischen Hilfswerk aufgenommen.
     
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