Zur Lage der Kunst, zur Lage der Künstler   

erstellt am
25. 03. 09

Kulturausschuss befasst sich mit Kunst- und Kulturfragen
Wien (pk) - Kunstbericht und Kulturbericht standen auf der Tagesordnung der Sitzung des Kulturausschusses des Nationalrates am 24.03. Zudem gab es eine allgemeine Aussprache, in welcher eine breite Themenpalette von der Museumslandschaft über die Jugendkultur bis zu den Musikschulen abgedeckt wurde.

Eingangs der aktuellen Aussprache wurde von zwei Experten (Petra Wetzel und Gerhard Wohlfahrt) eine Studie "Zur sozialen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich" präsentiert und erläutert. Auf Basis einer Untersuchung, an der sich 1.850 Kunstschaffende aller Sparten beteiligten (darunter 46 % Frauen), wurden der Lebensstandard und die Einkommensverhältnisse der heimischen Kunstszene durchleuchtet.

Bemerkenswert ist das hohe Bildungsniveau heimischer Künstler. 78 % verfügen über eine einschlägige Ausbildung, fast jeder zweite weist einen akademischen Grad auf. Etwa zwei Drittel der Künstler kommen aus wohlhabenden Familien, ein Drittel aus einfachsten Verhältnissen. Die Studie zeigt, dass Kinder aus Künstlerfamilien meist wieder Künstler werden, da sich die künstlerische Tätigkeit im Elternhaus positiv auf die Kinder auswirkt.

Die Studie zeigt weiters, dass nur ein geringer Teil der Künstler von seiner künstlerischen Arbeit leben kann. Durchschnittlich verdienen Künstler 1.000 Euro im Monat mit ihrer Kunst, doch die Hälfte aller Kunstschaffenden muss mit weniger als 5.000 Euro im Jahr auskommen. Erwartungsgemäß sind die Literaten die Stiefkinder der Kunst, die im Schnitt kaum mehr als 300 Euro pro Monat mit ihrem Schaffen verdienen. Dementsprechend groß ist die Notwendigkeit von Zuverdiensten, wobei diese entweder im kunstnahen oder zumeist im kunstfernen Bereich erfolgen.

In der diesbezüglichen Debatte zeigte sich Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) über die Ergebnisse der Studie erschüttert. Angesichts der erschreckenden Zahlen erweise sich der Bericht als besonders wichtig, denn der Umstand, dass die Künstler kaum über ein nennenswertes Einkommen verfügten, unterstreiche deutlich den Handlungsbedarf, der auf diesem Gebiet bestehe. Angesichts dieser Resultate stelle sich die Frage, ob sich Österreich überhaupt noch Kulturnation nennen dürfe. Konkret erhob Zinggl die Forderung nach einer Mindestsicherung für Künstlerinnen und Künstler.

Detailfragen zur Studie stellten die F-Mandatare Walter Rosenkranz, Gerhard Kurzmann und Heidemarie Unterreiner sowie die V-Abgeordneten Wilhelm Molterer und Katharina Cortolezis-Schlager.

Bundesministerin Claudia Schmied erklärte, im Schnitt würden 5.000 Künstlerinnen und Künstler im Jahr gefördert. In dieser Hinsicht erweise sich der Künstlersozialversicherungsfonds als Erfolgsstory, über den zuletzt 7.400 Künstler gefördert worden seien. Die Einkommenssituation sei bedauerlich, doch lasse die budgetäre Lage augenblicklich keine unmittelbaren Schritte in diese Richtung zu. Man werde die Frage aber im Auge behalten, so die Ministerin, die auf eine interministerielle Arbeitsgruppe verwies, die sich des gesamten Themenkomplexes annehme und die bis Jahresende konkrete Ergebnisse und Handlungsanleitungen liefern werde. Dem Thema Mindestsicherung, das breit und offen diskutiert werden solle, stehe sie sehr positiv gegenüber, sie halte aber nichts davon, diese nur für eine einzige Berufsgruppe in Betracht zu ziehen, schloss Schmied.

Im Anschluss an dieses Spezialthema behandelte der Ausschuss allgemeine Fragen aus dem Kulturbereich. Abgeordnete Christine Muttonen (S) zeigte sich mit der allgemeinen Entwicklung der heimischen Kulturpolitik zufrieden und würdigte insbesondere die Initiativen der Ministerin punkto Kunstvermittlung. Angesichts der Wirtschaftskrise wollte Muttonen wissen, ob es Konzepte gebe, um deren Auswirkungen hinsichtlich des Kulturkonsums abzufedern. Sie verwies dabei auf regionale Initiativen wie Familientickets.

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) befasste sich mit der Förderung zeitgenössischer Kunst und mit dem Verhältnis von Förderung des heimischen Films und die diesbezügliche Einbindung des ORF. Zudem wollte sie wissen, wie es mit der Idee eines freien Museumseintritts für alle unter 19 aussehe. Abgeordnete Sonja Ablinger (S) thematisierte die Nachwuchsförderung, die Interkulturalität und die Förderung von Programmkinos.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) ortete einen Stillstand in der heimischen Kulturpolitik. Seit eineinhalb Jahren habe sich überhaupt nichts getan, brennende Themen wie die Museumsreform harrten immer dringender einer Lösung, und immer wieder werde man vertröstet. Die budgetäre Entwicklung sei keineswegs erfreulich, sodass sich die Frage stelle, wie man in diesem Bereich überhaupt irgendetwas Positives sehen könne.

Abgeordnete Heidemarie Unterreiner (F) sprach den Kulturauftrag des ORF an, dem ihres Erachtens zu wenig entsprochen werde. Zudem machte sie mit Hinweis auf den aktuellen Filmwirtschaftsbericht geltend, dass die Lage des österreichischen Films trotz zahlreicher gegenteiliger Beteuerungen trist sei. Der österreichische Film stecke, so Unterreiner, in einer Dauerkrise und sei noch dazu mit sinkenden Besucherzahlen konfrontiert. Ihr zufolge wurde, rechnet man die Filmförderung auf die Besucherzahl der betreffenden Filme um, jeder Kinobesucher mit 133 € subventioniert.

Abgeordneter Harald Walser (G) fragte nach dem "Haus der Geschichte". Abgeordneter Gerhard Kurzmann (F) forderte eine adäquate Pflege der deutschen Sprache ein und erkundigte sich nach diesbezüglich geplanten Maßnahmen.

Abgeordneter Ewald Sacher (S) beleuchtete das österreichische Filminstitut und die Filmförderung, Abgeordneter Josef Jury (B) die regionale Kunstförderung.

Abgeordnete Christine Lapp (S) verwies auf den Tag der offenen Tür im KHM und nannte diesen ein nachahmenswertes Beispiel für andere Museen. Die weitere Optimierung der heimischen Museumslandschaft sei auch tourismuspolitisch wichtig, betonte Lapp.

Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) wollte wissen, ob die Unabhängigkeit der heimischen Museen auch in Hinkunft gesichert sei.

Abgeordneter Tanja Windbüchler-Souschill (G) war es um die Förderung der alternativen Jugendkultur zu tun, während Abgeordneter Werner Neubauer (F) die finanziellen Aspekte von "Linz 09" ansprach.

Weiters thematisierten in dieser Runde der Abgeordnete Walter Rosenkranz (F) die Kunst- und Kulturvermittlung, die Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) das öffentliche Bibliothekswesen, der Abgeordnete Johann Höfinger (V) die Musikschulen und der Abgeordnete Jochen Pack (V) den Themenbereich Museen aus tourismuspolitischer Sicht.

Kulturministerin Claudia Schmied bekräftigte, ihr sei Kunst- und Kulturvermittlung ein besonders großes Anliegen. In diesem Zusammenhang verwies sie unter anderem auf ein Projekt im Rahmen von "Linz 09", bei dem 2.000 oberösterreichische Schulklassen mit Kunstschaffenden – z.B. Dramaturgen - zusammenarbeiten. Auch im Rahmen des Bildungsbudgets werde mehr Geld für kulturelle Schulprojekte zur Verfügung gestellt.

Was den freien Eintritt in Bundesmuseen für unter 19-Jährige betrifft, hofft Schmied auf einen Start des Projekts im September 2009. Ihr sei es allerdings wichtig, dass nicht nur der Eintritt kostenlos sei, sondern auch entsprechende Vermittlungsprogramme angeboten würden, erklärte sie. Sie ist in dieser Frage mit den Museen in Kontakt.

Die Rahmenzielvereinbarung mit den Bundesmuseen soll nach Auskunft Schmieds bis Ende Juni stehen. Derzeit werde an neuen Museumsordnungen gearbeitet, die die Basis für die Rahmenzielvereinbarung bilden. Schmied bekräftigte, jedes Museum sei in höchstem Maß eigenverantwortlich, gleichzeitig gelte es aber, in der Rahmenzielvereinbarung kulturpolitische Schwerpunkte zu verankern. So spricht sie sich etwa für eine Forcierung der Forschungs- und der Vermittlungsaktivitäten aus, überdies sollen mehr ÖsterreicherInnen in die Museen gelockt und mehr Raum für Gegenwartskunst bereitgestellt werden. Außerdem strebt Schmied im Sinne eines deutlicheren Profils der Häuser Schwerpunktsetzungen der Kunstmuseen an, was die Ausstellungs- und Sammlungstätigkeiten betrifft.

Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Kulturbetrieb sind Schmied zufolge derzeit in Österreich noch nicht zu beobachten. Sie rechnet aber auch bei einem Wegbrechen von Sponsoren mit weniger dramatischen Auswirkungen auf den Kulturbetrieb als etwa im angelsächsischen Raum, da der Sponsoring-Anteil an der Finanzierung von Museen und Theatern in der Regel unter 10 % liege. Auch ein Rückgang der Besucherzahlen ist Schmied zufolge noch nicht erkennbar, wobei Museen mit einem hohen Touristenanteil unter den BesucherInnen, wie etwa das KHM, ein höheres Bedrohungspotential zu gewärtigen hätten.

Die Förderung des Österreichischen Filminstituts (ÖFI) sei, so Schmied, zuletzt von 9,8 Mio. € auf 15 Mio. € erhöht worden, was angesichts der jüngsten Erfolge des österreichischen Films auch gerechtfertigt sei. In der laufenden Legislaturperiode will sie die Förderung auf 20 Mio. € anheben, wobei die Entscheidung zwischen einer einmaligen Anhebung und einem Stufenplan noch nicht gefallen ist.

Schmied erachtet es allerdings, wie sie ausführte, für wesentlich, nicht nur die Filmproduktion stärker zu fördern, sondern auch Maßnahmen zu setzen, damit die geförderten Filme auch zum Publikum kommen. Eine zentrale Rolle spielen dabei ihrer Meinung nach der ORF und die Programmkinos. Der österreichische Film werde derzeit im ORF unter seinem Wert gehandelt, klagte Schmied. Die Besucherzahlen für österreichische Filme haben sich 2008 ihr zufolge verdreifacht, allerdings ausgehend von einem niedrigen Stand.

Das Kunstrückgabegesetz möchte die Ministerin noch vor dem Sommer novellieren. Der Entwurf der Gesetzesnovelle sei fertig gestellt, jetzt erfolge noch "die politische Feinabstimmung" mit dem Regierungspartner, informierte sie den Ausschuss. Konkret wartet Schmied auf eine Reaktion des Finanzministeriums.

Gleichfalls in den nächsten Monaten soll laut Schmied das Anti-Korruptionsgesetz adaptiert werden. Sie sei, so die Ministerin, sehr froh, dass unter der Federführung des Justizministeriums an einer Gesetzesnovelle gearbeitet werde. Es gelte, Begriffe zu klären und zu vermeiden, dass Einladungen, die aufgrund von Dienst- und Repräsentationspflichten ausgesprochen werden, kriminalisiert würden. Es sei sowohl für Kunsteinrichtungen als auch für Sportveranstalter wichtig, hier Klarheit zu schaffen, unterstrich Schmied.

Als zentrales Instrument zur Förderung junger zeitgenössischer Kunst nannte Schmied diverse Stipendienprogramme. So stehen etwa in verschiedenen Ländern Ateliers zur Verfügung, in denen österreichische KünstlerInnen drei bis sechs Monate arbeiten könnten. Auch für ArchitektInnen gebe es ein eigenes Stipendienprogramm. Der Förderpreis für Bildende Kunst werde, so Schmied, nunmehr jährlich vergeben.

Insgesamt sind die Budgetmittel für die Nachwuchsförderung laut Schmied vom Jahr 2006 auf das Jahr 2008 um 18 % gestiegen. Im vergangenen Jahr seien 6,1 Mio. € für diesen Bereich zur Verfügung gestanden. Die Ministerin will den "Aufwärtstrend", wie sie sagte, fortsetzen.

Als Folge des Baukulturreports ist Schmied zufolge der Band "Best of Austria" herausgegeben worden, der in sehr attraktiver Form über Leistungen österreichischer ArchitektInnen informiert. Entsprechende Aktivitäten sollen fortgeführt werden.

Besonders bemüht sich Schmied, wie sie erklärte, auch darum, Frauen im Kunstbetrieb zu forcieren. So ist sie etwa bestrebt, den Gender-Aspekt bei der Besetzung von Kuratorien, Beiräten und Leitungsfunktionen zu berücksichtigen.

Was das "Haus der Geschichte" anbelangt, ist laut Schmied ein externes Unternehmen beauftragt worden, ein Konzept zu erstellen. Mit diesem Konzept wird sich ein Lenkungsausschuss unter der Leitung des Bundeskanzleramtes auseinandersetzen. Einen Maßnahmenplan gebe es noch nicht.

Als Maßnahmen zur Förderung der deutschen Sprache nannte Schmied u.a. die Literaturförderung und die Förderung von Übersetzungen. Von einem Gesetz zum Schutz der deutschen Sprache halte sie, so die Ministerin, "eher wenig". Bei Musikschulen ortet sie ein gewisses Manko, was das Angebot in Wien betrifft.

Die Abwicklung von "Linz 09" läuft nach Darstellung der Ministerin über eine Projektgesellschaft, das Ministerium sei im Aufsichtsrat vertreten. Bis jetzt habe sie positive Rückmeldungen erhalten, was die Gebarung und die Qualität der von der Gesellschaft vorgelegten Unterlagen betreffe.

Bedauern äußerte Schmied darüber, dass es, wie es derzeit aussehe, kein Bundesgesetz zur Förderung des öffentlichen Büchereiwesens geben werde. Das sei schade, weil öffentliche Bibliotheken wichtige Bildungs- und Kulturarbeit leisten, meinte sie. Allerdings sei geplant, Bundesförderungen künftig an ein Ko-Finanzierungsmodell und an Qualitätsstandards zu knüpfen.

Mehrjährige Förderverträge seien im Bereich der Kunstsektion in Umsetzung. Bisher wurden laut Schmied mit 82 Institutionen mehrjährige Förderverträge abgeschlossen.

Verteidigt wurde von Schmied ihre Entscheidung, die Transferierung des Riesenrundgemäldes von der Rotunde bei der Hungerburgbahn in das Berg-Isel-Museum zu genehmigen. Sie erhofft sich am neuen Standplatz einen stärkeren Publikumszuspruch, zudem sei das Gemälde am neuen Standort konservatorisch besser aufgehoben.

Der geplanten Verlängerung der Schutzfristen für Musikwerke steht Schmied positiv gegenüber.

Beratungen über Kunstbericht und Kulturbericht vertagt
Aus Zeitmangel vertagt wurden vom Kulturausschuss die Beratungen über den Kunstbericht 2007 und den Kulturbericht 2007. Zuvor hatte sich Abgeordnete Sonja Ablinger (S) nach den Kulturpartnerschaften zwischen Schulen und Kultureinrichtungen erkundigt und die nach Geschlechtern getrennte Aufstellung von Ankäufen, Stipendien und anderen Künstlerförderungen gelobt. Besonders im Bereich der Musik ortet sie eine große Geschlechterdifferenz.

Abgeordnete Heidemarie Unterreiner (F) sprach sich für eine Forcierung musischer und anderer künstlerischer Fächer in den Schulen aus. Ihr Fraktionskollege Walter Rosenkranz regte an, geförderte Kompositionen an öffentlichen Orten wie im Parlament aufzuführen, um sie dem Publikum zugänglich zu machen.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) fragte generell, warum Kunst und Kultur nicht mehr Geld bekämen. Auch in guten Konjunkturzeiten seien die Kunst- und Kulturbudgets nicht erhöht worden, kritisierte er. Ebenso habe sich nichts an der Verteilung der Fördermittel geändert. Ein guter Teil des Kulturbudgets werde, so Zinggl, nach wie vor von einigen wenigen Institutionen "verbraten". Konkret hinterfragte er etwa die Subventionen für die Wiener Philharmoniker und den gewichtigen Anteil darstellender Kunst am Kulturbudget. Kein Verständnis zeigte er überdies dafür, dass der ehemalige KHM-Direktor Wilfried Seipel für eine Studie 50.000 € von der Kunstsektion erhalten habe.

Abgeordneter Ewald Sacher (S) machte darauf aufmerksam, dass die Verwaltungskosten für die Artothek nach deren Ausgliederung gestiegen seien, und wollte wissen, ob der Vertrag mit der privaten Gesellschaft verlängert werde.

Nach dieser ersten Fragerunde wurden die Beratungen über den Kunstbericht 2007 auf Antrag der FPÖ vertagt. Auch die Beratungen über den Kulturbericht 2007 sollen bei der nächsten Sitzung des Kulturausschusses wieder aufgenommen werden. Der Kulturbericht wird auf Wunsch der FPÖ nicht im Kulturausschuss "enderledigt", sondern in weiterer Folge auch im Plenum des Nationalrats diskutiert.
     
Informationen: http://www.parlinkom.gv.at    
     
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