Exil – Glaube und Kultur. 1933-1945    

erstellt am
08. 04. 09

"Der Tag wird kommen" (Lion Feuchtwanger)
Wien (universität wien) - Im Mittelpunkt der viertägigen öffentlichen Konferenz und Veranstaltungsreihe stehen das WIENER KÜNSTLERISCHE EXIL und die Kunst – bildende Kunst, Film, Literatur und Musik. Lion Feuchtwangers Geburtstag jährt sich heuer zum 125. Mal. Um die Erinnerung an Leben und Werk des Schriftstellers und die Exilsituation der von den Nationalsozialisten vertriebenen KünstlerInnen zu bewahren, organisiert die Internationale Feuchtwanger Gesellschaft mit Sitz in Los Angeles seit 2001 zweijährlich interdisziplinäre Konferenzen. Durch eine Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien konnte erstmals die 4. Konferenz der IFS für 2009 nach Wien geholt werden.

Zu erwarten sind aktuelle Ansätze der Exilforschung im Kontext neuen Quellenmaterials. Unter anderem werden neue Untersuchungen zu Lion und Marta Feuchtwanger, Louise und Hanns Eisler, Soma Morgenstern, Stella Kadmon, Bertolt Brecht, Eric Zeisl und zu weitestgehend unbekannten vertriebenen Frauen und Männern des künstlerischen Exils in den Ländern Frankreich, Schweiz, Irland, Israel, Brasilien, Mexiko, Shanghai und USA an verschiedenen Orten in Wien diskutiert. An der Konferenz beteiligt sind mehr als 60 WissenschafterInnen aus den USA, Israel, Frankreich, Deutschland, England, Irland und der Schweiz, sowie Wiener und internationale Institutionen, die sich mit dem kulturellen Exil beschäftigen.

Ziel der an ein Fachpublikum wie an eine breite Öffentlichkeit gerichteten interdisziplinären Tagung ist es, Ansätze und Zugänge der unterschiedlichen Wiener und internationalen Institutionen, wie beispielsweise die Feuchtwanger Memorial Library/University of Southern California Libraries oder das Center for Austrian Studies, European Forum at the Hebrew University, Jerusalem, in einen kulturellen und wissenschaftlichen Dialog zusammenzuführen und dabei neue Forschungsbereiche zu erschließen und zu vermitteln.

Begleitet werden die Vorträge und Diskussionen von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm mit Lesungen, Konzerten, Filmvorführungen und Ausstellungen in Kooperation mit dem Arnold Schönberg Center Wien, dem Filmarchiv Austria, dem Jüdischen Museum Wien, dem Literaturhaus Wien und den Wiener Vorlesungen.

Die Schwerpunkte der Konferenz beziehen sich beginnend mit dem deutschen Exil in Österreich auf Themen des Kulturtransfers, der künstlerischen Tätigkeit im Exil, sowie der Interpretation und des Wirkens in den neuen kulturellen Milieus:

  • Kulturkrise und Sinngebung: Zwischen Glaube, Ideologien und Pragmatismus.
  • Neubestimmungen der Geschlechterbeziehungen: „starke“ Frauen, „schwache“ Männer.
  • Stationen, Netzwerke, Unterstützung und künstlerisches Wirken zwischen Neuanfang, Integration und Scheitern.
  • Die Sprachen der Künste: Literatur, bildende Kunst, Musik, Theater, Tanz, Oper, Kabarett, Film und Filmmusik. Exilgeschichte von Kunstwerken.
  • Die wenig oder unbekannten Kunstschaffenden.
  • Generationen im Exil: Kinder und Jugendliche im künstlerischen Kontext.
  • Die Situation der KünstlerInnen nach 1945: Wodurch wurden Exilländer zur neuen Heimstatt, und wie standen Österreich, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik zu den vertriebenen KünstlerInnen und zum Problem der Restitution und Remigration?


Die mehr als 40 Vorträge eröffnen unterschiedlichste wissenschaftliche Kontexte von Kunst und Exil. So etwa beschäftigt sich der Vortrag von Christoph Schmitt-Maaß mit Migration und Diaspora im Werk jüdischer Autorinnen (1933-1970) während Primavera Driessen Gruber zu Kindern und Jugendlichen im französischen Exil und die Rolle der Musik referiert. Monika Meister spricht zu Bertolt Brecht im Exil und der „(Un)Möglichkeit des Theaters“, Karin Wagner zu Eric Zeisls „Hiob“ und Birgit Peter zu Stalla Kadmons Kabarett- und Theaterschaffen im Exil in Israel/Palästina 1940-1946. Mit Kulturtransfer in der Zwischenkriegszeit in Frankreich befasst sich der Vortrag von Michel Cullin. Im selben Panel erörtert Regina Göckede Fragen von Krisen, Brüchen und Überschreitungen der deutschsprachigen Architekturmoderne im Exil. Mit Marta und Lion Feuchtwanger beschäftigen sich mehrere Vortragende, u.a. Wulf Köpke, Wolfgang Müller-Funk, Marcus Patka und Christiane Zehl Romero. Dimitri Vezyroglous Besprechung von Max Ophuls Werther ist einer jener Beiträge, die sich mit Film und Exil beschäftigen. Das Metrokino zeigt in diesem Zusammenhang Ophuls Film Werther ( F 1938).

Die internationale Konferenz wird am Mittwoch, 6. Mai mit dem Festvortrag von Georg Stefan Troller „Sprache in der Emigration: Sprachänderung, Sprachverlust“ als Wiener Vorlesung eröffnet.

GEORG STEFAN TROLLER emigrierte 1938 nach Frankreich, später in die USA und lebt seit 1949 in Paris. 1975 schrieb Troller das Drehbuch für den von Axel Corti realisierten Fernsehfilm Ein junger Mann aus dem Innviertel- Adolf Hitler. 1978 folgte Der junge Freund und in den 80er Jahren schließlich die TV-Trilogie Wohin und zurück (Regie: Axel Corti).

INTERNATIONAL FEUCHTWANGER SOCIETY (IFS), Los Angeles
Seit ihrer Gründung im Jahr 2001 organisiert die IFS jeweils im Abstand von zwei Jahren und abwechselnd in Europa und den USA öffentliche Konferenzen. Auf der 2. internationalen Konferenz 2005 in Sanary-sur-Mer ging es primär um das deutschsprachige Exil in Frankreich. Im Jahre 2007 fand in Los Angeles an der University of Southern California (USC), an welcher sich die Feuchtwanger Memorial Library, der Nachlass Lion Feuchtwangers, befindet, und der Villa Aurora, dem einstigen Wohnort der Feuchtwangers, die 3. Konferenz zum Thema „Feuchtwanger und Film“ statt.

LION FEUCHTWANGER zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. In historischen Romanen wie „Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz“ (1930), „Die Geschwister Oppermann“ (1933) und „Exil“ (1940) thematisierte Feuchtwanger den „Wiedereinbruch der Barbarei in Deutschland und ihren zeitweiligen Sieg über die Vernunft“ (aus: Exil, Nachwort).

In Kooperation mit: Arnold Schönberg Center Wien, Aufbau-Verlag Berlin, Bildarchiv der österreichischen Nationalbibliothek, Center for Austrian Studies, European Forum at the Hebrew University, Jerusalem, Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW), Félix Kreissler Arbeitsstelle für österreichisch-französische Beziehungen an der Diplomatischen Akademie Wien, Filmarchiv Austria, Institut für Judaistik, Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät, Universität Wien, Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften, Historisch-Philologische Fakultät, Universität Wien, Israelitische Kultusgemeinde Wien, Jüdisches Museum Wien, Literaturhaus Wien, orpheus.news, Österreichische Gesellschaft für Exilforschung Österreichische Gesellschaft für Zeitgeschichte, Zentrum polis Aktionstage für politische Bildung 2009, Mairie de Sanary-sur-Mer, Theodor Kramer Gesellschaft, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Wiener Vorlesungen, Dialogforum der Stadt Wien

     
Informationen: http://www.univie.ac.at/zeitgeschichte    
     
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