Maria Berger als Richterin am EuGH nominiert   

erstellt am
22. 04. 09

Kontroversielle Diskussion im Hauptausschuss
Wien (pk) - Maria Berger, EU-Abgeordnete und ehemalige Justizministerin, wird als österreichische Richterin beim EuGH nominiert. Sie folgt damit Peter Jann, der dieses Amt seit dem Jahr 1995 innehat und mit Wirkung vom 6. Oktober zurücktreten wird. Nachdem die Bundesregierung die Nominierung im Ministerrat am 21.04. beschlossen hatte, erfolgte am 22.04. das Einvernehmen im Hauptausschuss mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich.

Die Opposition sah darin eine parteipolitische Bestellung nach traditionellem Proporz und übte entsprechend Kritik an der Vorgangsweise. Während die Grünen trotz ihrer Vorbehalte der Nominierung zustimmten, da sie die Qualifikationen Bergers, insbesondere hinsichtlich ihrer Kenntnisse des EU-Rechts, hoch einschätzen, kam von FPÖ und BZÖ keine Unterstützung.

Die Klubobleute Josef Cap (S) und Karlheinz Kopf (V) unterstrichen die hohe Qualifikation Bergers. Sie verfüge nicht nur über Fachkenntnis, sondern bringe auch politische Erfahrung mit, was notwendig, sei, zumal der EuGH an politischer Bedeutung gewonnen habe. Der Gerichtshof bewege sich in Sphären mit Recht setzendem Charakter und seine Spruchpraxis habe damit Auswirkungen auf die nachhaltige Rechtsgestaltung in der EU, sagte Cap, weshalb es sinnvoll sei, jemanden zu nominieren, der auch ein politisches Grundverständnis mitbringt. Kopf hob zusätzlich die Integrität Bergers hervor.

An die Bemerkungen Caps zur Bedeutung des EuGH knüpfte Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) an, der harte Kritik an dieser Institution übte. Der EuGH entwickelt sich seiner Auffassung nach in eine problematische Richtung, da er zunehmend nicht nur die Verträge auslegt, sondern durch seine Spruchpraxis diese auch ergänzt und ändert. Das sei durch die Vertragslage nicht gedeckt, sagte er, außerdem sei der EuGH auch nicht frei von Beeinflussung durch Lobbyisten. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf sowie Abgeordneter Walter Rosenkranz (beide F) bekräftigten ihre Meinung, dass eine parteipolitisch motivierte Nominierung für das Amt eines Richters bzw. einer Richterin am EuGH strikt abzulehnen sei.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) gab zu bedenken, dass angesichts der Bedeutung der zu besetzenden Position am EuGH eine offensichtliche parteipolitische Bestellung nicht dazu beitragen werde, das Ansehen und Vertrauen der Bevölkerung in EU-Institutionen zu stärken, bzw. zu verbessern.

Seitens des BZÖ stellte Abgeordneter Ewald Stadler fest, dass Maria Berger nicht über die erforderlichen, gesetzlich festgelegten Qualifikationen verfüge, was Staatssekretär Josef Ostermayer zurückwies. Sie habe sowohl einen umfassenden juristischen als auch politischen Background, betonte er. Außerdem gebe es am EuGH zahlreiche Richterinnen und Richter, die vorher ein politisches Amt in ihrem Heimatland ausgeübt haben. Insgesamt habe es drei Bewerbungen für dieses Amt gegeben, informierte er.

Der BZÖ-Antrag auf Ausschussfeststellung, der von Abgeordnetem Stadler eingebracht wurde, und in dem als Voraussetzung für das Richteramt am EuGH eine Richteramtsprüfung, Rechtsanwaltsprüfung, Habilitation oder Notariatsprüfung dezidiert gefordert wird, wurde von SPÖ, ÖVP und den Grünen mehrheitlich abgelehnt.

Nachdem Abgeordnete Ulrike Lunacek (G), wie schon bei ähnlichen Bestellungen vorher, ein Hearing der Bewerberinnen und Bewerber im Hauptausschuss gefordert hatte und sowohl Abgeordneter Ewald Stadler (B) als auch Präsident Martin Graf und Abgeordneter Peter Fichtenbauer (beide F) Näheres über die Qualifikationen der beiden anderen KandidatInnen wissen wollten, hielt die Vorsitzende des Hauptausschusses, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer fest, sie habe ein Gutachten des Rechts- und Legislativdienstes in Auftrag gegeben. Auf Grund dessen werde man in der Präsidiale über die zukünftige parlamentarische Vorgangsweise bei derartigen Bestellungsvorgängen diskutieren, um eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen. Fichtenbauer und Graf argumentierten, wer sich für ein öffentliches Amt bewerbe, könne sich nicht hinter den Datenschutz verstecken, außerdem könne man entsprechende Informationen auch in anonymisierter Form weitergeben.
     
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