Wiener Votivkirche feiert 130-Jahr-Jubiläum   

erstellt am
15. 05. 09

Der "Ringstraßendom" wurde 1879 nach 23-jähriger Bauzeit am Tag der Silberhochzeit des Kaiserpaares geweiht - Kirtag ab Christi Himmelfahrt
Wien (pew) - In Anlehnung an den Wiener Steffl-Kirtag auf dem Stephansplatz findet heuer am Wiener Rooseveltplatz erstmals ein "Votivkirchen-Jubiläumskirtag" statt. Eröffnet wird er zu Christi Himmelfahrt (21. Mai), er dauert bis Sonntag, 24. Mai.

Anlass ist das Jubiläum "130 Jahre Votivkirche". Der Festgottesdienst zum Jubiläum - musikalisch gestaltet mit Orgelwerken von Felix Mendelssohn-Bartholdy - wird am 24. Mai um 10 Uhr gefeiert. Die Votivkirche, die u.a. das österreichweit einzige Franz-Jägerstätter-Glasfenster beherbergt, gilt als eines der bedeutendsten neogotischen Sakralbauwerke der Welt und als eines der erstrangigen Wahrzeichen Wiens.

Der "Ringstraßendom" wurde nach 23-jähriger Bauzeit am 24. April 1879, dem Tag der Silberhochzeit des Kaiserpaares Franz Joseph I. und Elisabeth, geweiht. Weil aber jährlich um den 23. April immer die Domfestwoche mit dem Weihefest des Stephansdoms und dem Steffl-Kirtag stattfindet, wurde für die Votivkirchen-Jubiläumsfeiern das vorletzte Mai-Wochenende gewählt.

Wegen des immensen Reparaturbedarfs, für den viel zu wenig Mittel vorhanden sind, wird die Votivkirche auch als "größtes bauliches Sorgenkind der Erzdiözese Wien" bezeichnet. Die aktuelle Wirtschaftskrise bedingt leider auch, dass die Restaurierungsarbeiten langsamer vorangehen werden, als die Verantwortlichen ursprünglich geplant hatten.

Im Stil der französischen Gotik von Heinrich von Ferstel geplant, hätten in der Votivkirche alle Nationen der Donaumonarchie ihre geistige und politische "Heimat" finden sollen. Als Bauwerk konnte die Votivkirche zwar abgeschlossen werden, ein "Dom der Völker" wurde sie aber nicht.

Jägerstätter-Fenster in der Kreuzkapelle
Die Kirche birgt auch im Inneren viele Schätze, etwa das Jägerstätter-Fenster in der Kreuzkapelle. Das Fenster aus den sechziger Jahren ist das erste Sakralkunstwerk überhaupt, das das Martyrium des oberösterreichischen Bauern und Kriegsdienstverweigerers aufgegriffen hat. Das Fenster ist in der neu restaurierten Kreuzkapelle - der Werktagskapelle - jetzt wieder zu besichtigen. Die gesamterneuerte Kapelle bildet dazu einen würdigen Rahmen. Im Zweiten Weltkrieg waren alle Fenster der Votivkirche zerstört worden. Nach dem Krieg wurden die Fenster provisorisch verglast. Im Zuge einer umfangreichen Kirchenrestaurierung 1960-73 wurde eines der neuen Fenster, die von den akademischen Malern Hans Schweiger und Christine Räntz-Feldmann stammen, mit dem Thema Widerstand und Franz Jägerstätter gestaltet.

Initiator war der damalige Propst Anton Maria Pichler. Er stand mit namhaften katholischen Persönlichkeiten wie dem Pionier der Judaistik (und Präsidenten des Katholischen Bibelwerks) Kurt Schubert (1923-2007) in Kontakt. In vielen Gesprächen entwickelte er selbst das Fensterprogramm mit Persönlichkeiten aus der österreichischen Kirchengeschichte, vor allem des 20. Jahrhunderts. So findet sich u.a. auch ein Fenster über Hildegard Burjan (1883-1933), die Gründerin der Schwesterngemeinschaft "Caritas Socialis"; sie soll demnächst selig gesprochen werden.

Weiteres "Highlight" im Kircheninneren ist das Museum. Seit Herbst 2000 befindet es sich im vorher unbenutzten ehemaligen Hoforatorium. Im Mittelpunkt des Museums steht das Werk des wieder entdeckten Brüderpaares Karl Jobst (1835-1907) und Franz Jobst (1840-1890), die künstlerisch an der Schwelle vom Historismus zum Jugendstil stehen. Zahlreiche Kirchen und Schlösser in der gesamten Monarchie waren von den Brüdern mit Wandmalereien versehen worden, darunter der Dom von Esztergom und die Universität von Czernowitz. Die Jobst-Brüder malten auch die Votivkirche aus; aus Geldmangel wurden aber nicht alle Vorhaben verwirklicht. In der Votivkirche ist eine außergewöhnlich große Anzahl an Kartons für die Wandmalereien und die verloren gegangenen Glasmalereien erhalten geblieben, die im Museum zu sehen sind.

Ihre "weltkirchliche" Bedeutung hat die Votivkirche behalten, auch wenn die zuvor dort beheimatete englischsprachige Gemeinde in den 2. Bezirk übersiedelt ist. Weiterhin gibt es um 11.15 Uhr eine internationale Messe, die großen Zuspruch findet.
     
Informationen: http://stephanscom.at    
     
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