Ausstieg aus der Ilisu-Finanzierung  

erstellt am
07. 07. 09

Schieder: Ilisu-Entscheidung richtig und zu erwarten
Prozesse haben gegriffen und logische Entscheidung nach Nicht-Einhaltung internationaler Standards
Wien (sk) - "Die Entscheidung im Bezug auf den Ilisu-Staudamm ist richtig und war in dieser Form auch zu erwarten", erklärte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder am 07.07. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Nachdem internationale Standards und Auflagen vor allem bezüglich Menschenrechte und Umweltschutz von türkischer Seite nicht eingehalten wurden, sei das Ende der Exportgarantien die logische Folge gewesen. Schieder: "Das ist einerseits aus ökologischer, kultureller und ökonomischer Sicht gut, andererseits zeigt es aber auch, dass hier die Prozesse gegriffen und zu dem richtigen Ergebnis geführt haben."

Die Vorgangsweise der Exportkreditagenturen in Zusammenspiel mit der Weltbank sei ein positives Beispiel dafür, wie internationale Projekte dieser Größenordnung ablaufen sollten. "Hier wurden Kontrollmechanismen eingebaut, die jetzt zum Tragen gekommen sind und die die nötigen Konsequenzen mit sich gebracht haben", so Schieder.

 

Hofer: FPÖ hoch erfreut über Ausstieg aus Ilisu-Staudamm-Projekt
Wien (fpd) - Höchst erfreut über den endgültigen Rückzug Österreichs aus der Finanzierung des umstrittenen Ilisu-Staudamm-Projekts in der Türkei zeigt sich FPÖ-Energie- und Umweltsprecher NAbg Norbert Hofer. "Aus unterschiedlichsten umwelt-, kultur- und geopolitischen Gründen war dieser Schritt, der Rücktritt Österreichs aus dem Haftungsszenario mit Steuergeldern, unumgänglich. Damit können wir diesen Schatten über unserer Investitionstätigkeit abhaken."

 

  Kogler: Erfolg der Umweltbewegung
Österreich in letzter Minute zur Vernunft gekommen – Grüne beantragen Novellierung des Ausfuhrfördergesetzes
Wien (grüne) - "Das ist ein Sieg der Vernunft in letzter Minute und ein riesiger Erfolg der Umweltbewegung, die das Skandalprojekt Ilisu gemeinsam mit den Grünen seit Jahren bekämpft hat", zeigt sich Werner Kogler, stv. Klubobmann der Grünen, erfreut über die Absage der staatlichen Garantien für das Ilisu-Staudammprojekt. "UmweltschützerInnen und Grüne warnen seit Monaten, dass die Türkei die Auflagen im Umwelt- und Menschenrechtsbereich nicht erfüllen wird. Dies hat nun spät aber gerade noch rechtzeitig auch die österreichische Kontrollbank zugestanden. Ohne den wachsenden öffentlichen Druck hätte es weder strenge Auflagen noch einen Ausstieg aus dem Projekt gegeben," ist Kogler überzeugt. "Schließlich musste sich die österreichische Kontrollbank dem Druck beugen und nach Deutschland und der Schweiz, die schon früher Bedenken gegen das Projekt angemeldet hatten, den Ausstieg bekannt geben."

Erstmals werde damit eine Exportkreditgarantie auf Grund von Nicht-Erfüllung von Auflagen in den Bereichen Umwelt, Menschenrechte und Kultur zurückgezogen. Die Diskussion um Ilisu habe auch in der unter strengster Geheimhaltung operierenden österreichischen Ausfuhrförderung einiges durcheinander gewirbelt. So sei Ilisu das erste Projekt gewesen, das bereits vom für die Vergabe der Staatsgarantien zuständigen Beirat nicht einstimmig positiv begutachtet wurde. "Die Causa Ilisu ist richtungsweisend", ist Kogler überzeugt. "In Zukunft sollten vergleichbare Projekte aufgrund strenger Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards erst gar keine Staatsgarantien mehr erhalten", fordert Kogler.

Die Grünen fordern daher eine Novelle des Ausfuhrfördergesetzes und kündigen noch für diese Woche einen entsprechenden Entschließungsantrag im Nationalrat an. Die Einhaltung höchster internationaler Umwelt- und Menschenrechtsstandards soll gesetzlich verbindlich festgeschrieben werden und das Parlament bei ökologisch sensiblen Projekten bereits vor Beschluss einer Staatshaftung umfassend informiert werden.

 

ÖKB: Exportgarantien enden
Trotz Verbesserungen konnten Auflagen nicht fristgerecht erfüllt werden
Hamburg/Wien/Zürich (ökb) - Die Exportgarantien von Deutschland, Österreich und der Schweiz für das Ilisu-Projekt sind beendet. Die an diese Absicherungen geknüpften Auflagen im Bereich der Umwelt, Kulturgüter und Umsiedlung konnten trotz teilweise erheblicher Verbesserungen innerhalb der vertraglich festgelegten Frist nicht erfüllt werden.

Der Türkei und dem Lieferkonsortium wurde am 7. Juli 2009, mitgeteilt, dass die seit Dezember 2008 bestehende Suspendierung der Bauverträge nicht innerhalb der vorgesehenen Frist aufgehoben werden konnte. Die vertraglich vereinbarten Auflagen im Bereich der Umwelt, Kulturgüter und Umsiedlung sind nicht genügend erfüllt. Daher sind die Grundlagen für eine Fortführung des Projekts mit staatlicher Absicherung aus den drei Ländern nicht mehr gegeben. Als Folge davon enden die Exportgarantien.


Frist zur Umsetzung der Standards ist am 6. Juli 2009 abgelaufen
Die Exportkreditagenturen haben seit Beginn des Verfahrens strenge Anforderungen an die Übernahme der Exportgarantien gestellt. Wichtigstes Ziel war, die der Auswirkungen des Kraftwerksprojektes auf die in der Region lebenden Menschen sowie auf Umwelt und Kulturgüter zu minimieren und die dafür geltenden Standards der Weltbank zu erfüllen. Um diesem Anliegen vor dem Hintergrund der wiederholten Verzögerungen bei der Umsetzung der Maßnahmen Nachdruck zu verleihen, haben die Exportkreditagenturen im Dezember letzten Jahres die Konsortien angewiesen, die Bau- und Lieferverträge zu suspendieren und die vertraglich vorgesehene letzte Frist von 180 Tagen zur Umsetzung dieser Standards eingeleitet. Diese Frist ist am 6. Juli 2009 abgelaufen.

Überprüfung der Auflagen durch unabhängige Experten
Unabhängige Experten haben seit Übernahme der Exportgarantien die Umsetzung der Vereinbarungen überwacht und die türkischen Bauherren bei der Projektrealisierung unterstützt. Trotz deutlicher Fortschritte haben mehrmalige Besuche im Projektgebiet und der Austausch mit der vom Bauherren eingesetzten Projektleitung immer wieder Defizite in der Umsetzung der während der bisherigen Projektphasen zu erfüllenden Auflagen aufgezeigt.

Internationale Standards als Bedingung für staatliche Absicherung
Die Einhaltung internationaler Standards ist ein wesentliches Element für die Übernahme von Exportgarantien. Sie sind in den OECD-Umweltleitlinien ("Common Approaches") festgehalten und waren von Anfang an eine wichtige Bedingung für die Umsetzung des Projekts. Deshalb wurden vor Übernahme der Exportgarantien zwischen Projektbetreibern und Exportkreditagenturen umfangreiche Vereinbarungen getroffen, die zahlreiche Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben beinhalteten. Dies wurde in rund 150 Auflagen ("Terms of Reference") festgehalten, die sowohl die Weltbankstandards als auch die Empfehlungen der Weltstaudammkommission berücksichtigten.

Kurzporträt OeKB
Die Oesterreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft (OeKB) ist Österreichs zentraler Finanz- und Informationsdienstleister für die Exportwirtschaft und den Kapitalmarkt. Ihre speziellen Services stärken den Standort Österreich und unterstützen die Wirtschaft im globalen Wettbewerb. Die vielfältigen Dienstleistungen stehen Unternehmen und Finanzinstitutionen sowie Einrichtungen der Republik Österreich zur Verfügung. Das 1946 gegründete Spezialinstitut steht im Eigentum österreichischer Banken.
Die von der OeKB in ihrer Rolle als Exportkreditagentur des Landes betreuten Exporthaftungen des Bundes minimieren politische und wirtschaftliche Risiken von Exportgeschäften. Wer im Ausland investiert, schützt sich damit vor politischen Schadensfällen.

Zum Projekt Ilisu
Mit dem Ilisu-Projekt will die türkische Regierung die Energieversorgung der Bevölkerung sicherstellen und zugleich die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern. Der Plan sieht den Bau eines 135 m hohen, 1 820 m langen Staudamms und eines Wasserkraftwerks am Tigris rund 65 km flussaufwärts der syrisch-türkischen Grenze vor. Mit Klima schonender Wasserkraft sollen sechs Turbinen und Generatoren (Ge-samtkapazität 1.200 MW) jährlich über 3.800 GWh Strom erzeugen.

Anfang Oktober 2008 haben die Exportkreditagenturen eine Umweltstörungsanzeige ausgelöst, da die Erfüllung von Auflagen im Hinblick auf Weltbankstandards nicht genügte. Nach Ablauf dieser Umweltstö-rungsanzeige wurde als zweiter Schritt im Dezember 2008 eine Suspendierung der Lieferverträge während 180 Tagen angeordnet. Die Frist dieser 180 Tage ist am 6. Juli 2009 abgelaufen.
 

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