Direktinvestitionen durchbrechen die 100-Mrd-Euro-Schallmauer   

erstellt am
17. 07. 09

Ergebnisse der Direktinvestitionsbefragung der OeNB 2007
Wien (oenb) - Wie schon die Zahlungsbilanz des Jahres 2007 gezeigt hatte, war das Jahr, in dem die Subprime-Krise zum Ausbruch kam, gleichzeitig auch das Jahr mit den höchsten Direktinvestitionen. Die jüngste Erhebung der Oesterreichischen Nationalbank zum Stand der Direktinvestitionen zum Jahreswechsel 2007/08 bestätigt dieses Ergebnis: 1.069 österreichische Investoren hielten zum Stichtag 31.12.2007 knapp 3.700 strategische Firmenbeteiligungen im Ausland im Wert von 102½ Mrd Euro. Gegenüber dem Vorjahr war dies eine wertmäßige Steigerung um mehr als ein Viertel. Eine noch nie da gewesene Zunahme verzeichnet die OeNB-Statistik auch bei der Anzahl der Arbeitsplätze in den ausländischen Tochterfirmen: Sie stieg um nahezu 100.000 (+20%) auf mittlerweile 573.000. Rekordniveau erreichte mit 9,7 Mrd Euro auch der bilanzielle Jahresgewinn, den die österreichischen Investoren 2007 erzielen konnten.

Aktive Direktinvestitionen
Im Zentrum der Expansion stand weiterhin die Region Zentral-, Ost- und Südosteuropa, einschließlich der neuen EU-Mitgliedsländer: Zwei Drittel der Ausweitung der aktiven Direktinvestitionen entfielen auf diese Region. Die größte Ausweitung des österreichischen Direktinvestitionsbestandes verzeichneten 2007 Deutschland (+3,6 Mrd Euro) und Kroatien (+3,4 Mrd Euro), vor der Türkei (+2,3 Mrd Euro) und Russland (+1,9 Mrd Euro). Um mehr als 1 Mrd Euro stiegen die Investitionen darüber hinaus in Ungarn, Kasachstan, der Tschechischen Republik, der Ukraine, in Bulgarien und in der Slowakei. Unter Branchengesichtspunkten entfiel die Hälfte des Zuwachses auf Banken und Versicherungen. Deutliche Ausweitungen gab es weiters bei Holdings und im Immobiliensektor, bei der Mineralölgewinnung, in der Papierindustrie und im Maschinenbau.

Die meisten Arbeitsplätze bei österreichischen Auslandstöchtern gab es 2007 in der Tschechischen Republik (73.000), in Ungarn (68.000) und in Rumänien (61.000). Auf Platz vier liegt - als einziges westeuropäisches Land unter den ersten zehn - Deutschland mit 50.000 Beschäftigten. Es folgen die Slowakei und Russland mit 35.000 und 30.000 Beschäftigten, sowie in absteigender Folge die Ukraine, Polen, Serbien und Kroatien mit jeweils mehr als 20.000 Beschäftigten.

Sehr gut war 2007 auch die Ertragslage der Auslandsbeteiligungen: Der bilanzielle Jahresgewinn stieg um mehr als 2 Mrd Euro auf 9,7 Mrd Euro, was einer Eigenkapitalrendite von mehr als 10 Prozent entspricht. Mit Ausnahme eines Jahres erwirtschaften die österreichischen Auslandsbeteiligungen seit dem Berichtsjahr 2003 stets höhere Erträge als die unter Auslandseinfluss stehenden Beteiligungen im Inland.


Passive Direktinvestitionen
Noch stärker als der Wert der aktiven Direktinvestitionen hat 2007 der Wert der strategischen Unternehmensbeteiligungen des Auslandes in Österreich zugenommen. Er betrug zum Jahreswechsel 2007/08 108 Mrd Euro, das waren um 24 Mrd Euro mehr als im Berichtsjahr davor. Dabei hat jedoch die Anzahl der ausländischen Investoren leicht abgenommen (auf 2.890), während die Zahl der österreichischen Unternehmen unter direktem Auslandseinsfluss geringfügig auf 2.486 angestiegen ist. Ebenfalls leicht rückläufig war die Anzahl der Beschäftigten unter direktem Auslandseinfluss, die sich 2007 auf 235.000 belief. Die unterschiedliche Entwicklung von Wert und Beschäftigung bei aktiven bzw. passiven Direktinvestitionen wird verständlich, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die mit Abstand bedeutendste Transaktion des Jahres 2007 die Übertragung der osteuropäischen Beteiligungen der italienischen UniCredit an die Bank Austria war. Die Statistik erfasst aktivseitig alle Beschäftigten der osteuropäischen Bankfilialen, in Österreich hingegen nur jene, die sich in den zahlenmäßig beschränkten Managementfunktionen befinden.

Am stärksten zugenommen haben 2007 die Direktinvestitionen unter US-amerikanischem Einfluss, dank der Aktivitäten diverser Private Equity Funds (+5,1 Mrd Euro), vor jenen Italiens (+4,1 Mrd Euro). Die Ausweitung des japanischen Eigentums (+3,3 Mrd Euro) ist in erster Linie eine Folge der Übernahme von British Tobacco, wodurch die Austria Tabak einem neuen Stammhaus zuzurechnen war, ohne dass eine Transaktion mit Österreichbezug stattgefunden hätte. Die prominente Rolle Deutschlands (+3,0 Mrd Euro) entspricht seiner traditionellen Rolle als wichtigstem ausländischen Kapitalgeber der österreichischen Wirtschaft. Relativ neu ist das verstärkte Engagement russischer Investoren (+2,5 Mrd Euro), die damit auf Platz neun unter den ausländischen Geldgebern vorrücken konnten. Nahezu die Hälfte der passiven Direktinvestitionen wird mittlerweile über Holdinggesellschaften abgewickelt, was die Aussagekraft einer Branchengliederung zunehmend in Frage stellt. Zusätzliches Auslandskapital floss 2007 jedoch auch in Banken (+4½ Mrd Euro) und Handelsunternehmen (+3,2 Mrd Euro).
Auch die passiven Direktinvestitionen erwirtschafteten 2007 Rekordgewinne in der Höhe von 9,1 Mrd Euro, was gegenüber 2006 eine Zunahme von mehr als 2 Mrd Euro bedeutet.

Fortschreibung 2008
Obwohl die vorläufige Zahlungsbilanz des Jahres 2008 weiterhin sehr rege Direktinvestitionsaktivitäten ausweist (aktiv 19,3 Mrd Euro; passiv 9,3 Mrd Euro), dürfte das Wachstum der Bestände deutlich an Dynamik verloren haben. Durch die Bewertung von börsennotierten Aktiengesellschaften zu Marktpreisen schlägt sich der Börse-Crash des Jahres 2008 auch bei den Direktinvestitionen nieder. Angesichts der Abwertung der Währungen einiger wichtiger Zielländer österreichischer Direktinvestitionen rechnet die OeNB damit, dass zum Jahreswechsel 2008/09 der Stand aktiver Direktinvestitionen etwa 112 Mrd Euro und der Bestand passiver Direktinvestitionen 116 Mrd Euro betragen haben dürfte.
     
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